Jeder zweite Türke will keinen Christen zum Nachbarn
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Gegenüber Juden lag die Ablehnungsrate bei 54 Prozent; einen Atheisten wollten sogar 64 Prozent nicht als Nachbarn. Insgesamt zeichnete die Befragung das Bild eines konservativen muslimischen Landes. So bezeichneten es 61 Prozent als Sünde, wenn sich Frauen am Strand im Badeanzug zeigen. Allerdings wurden auch radikale islamische Vorstellungen abgelehnt: 54 Prozent der Befragten wollen keinen Anhänger des islamischen Religionsgesetzes, der Scharia, als Nachbarn.
Für die Studie «Untersuchung von Werten in der Türkei» befragte ein Team der Istanbuler Bahcesehir-Universität rund 1.600 Bürger im Land. In einigen Fragen deutete sich demnach eine wachsende Bedeutung der Religion für die Bevölkerung an. So sprachen sich 44 Prozent der Befragten dafür aus, im Fastenmonat Ramadan alle Restaurants tagsüber zu schließen; vor drei Jahren lag dieser Wert bei 39 Prozent. Die Akzeptanz der im Islam erlaubten, aber in der säkularen türkischen Republik verbotenen Vielehe stieg von 10 Prozent im Jahr 1996 auf 23 Prozent heute.
Wenig Toleranz zeigen die Türken der Umfrage zufolge gegenüber Homosexuellen, die von 84 Prozent als Nachbarn abgelehnt werden. 74 Prozent wollen keine Aids-Patienten in ihrer Nähe. Wenig Fortschritte gab es auch beim Thema Frauenrechte: 62 Prozent der Befragten äußerten die Meinung, eine Frau solle immer das tun, was ihr Mann sage; 27 Prozent fanden, dass einige Frauen hin und wieder Prügel verdient hätten. Fast drei Viertel der Befragten finden, eine Berufstätigkeit der Mutter schade den Kindern. Umfrageleiter Yilmaz Esmer sagte nach Presseberichten, es sei «demütigend», diese Ergebnisse bei internationalen Konferenzen vorzustellen.
Dennoch betonte Esmer, er habe keine Anhaltspunkte dafür, dass die türkische Bevölkerung insgesamt religiöser geworden sei. Kritiker werfen der religiös-konservativen Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vor, die Türkei islamisieren zu wollen.