Lawrow »verspricht« sich?
von LePenseurManchmal fragt man sich schon, ob Journaillisten ihren Kopf nicht bloß deshalb haben, damit es ihnen beim Kragen nicht hineinregnet ...
Die Nachrichtenagentur APA berichtet doch tatsächlich übers erste Treffen zwischen Sergej Lawrow und Dame Kobold wie folgt:Lawrow-Lapsus: Ein kleiner Versprecher mit großer Symbolik!Der russische Außenminister begrüßte die neue deutsche Kollegin Annalena Baerbock in Moskau mit einem Wunsch nach besseren "russisch-amerikanischen Beziehungen“.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat sich zu Beginn seiner ersten Begegnung mit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock über den Zustand der "russisch-amerikanischen Beziehungen" beklagt. Lawrows weitere Rede, die am Dienstag live im Internet über-tragen wurde, legt nahe, dass es sich dabei um einen Versprecher gehandelt haben dürfte. Baerbock selbst dürfte davon zunächst nichts mitbekommen haben — die Dolmetscherin unterließ eine korrekte Übersetzung der Passage.
"Wir würden gerne einen konstruktiveren Zustand der russisch-amerikanischen Beziehungen sehen und haben vor, gemeinsam mit allen Mitgliedern der neuen Re-gierung angehäufte Probleme zu überwinden", sagte Lawrow in einer traditionellen Begrüßungsrede am Verhandlungstisch mit Baerbock und ihrer Delegation. Man sei unverändert weiter an guten Beziehungen mit Deutschland interessiert, führte er fort, ohne jedoch "russisch-amerikanisch" zu korrigieren.(
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Auch nur ein bisserl Hirnsubstanz müßte einem Auslandskorrespondenten doch einflüstern: »Das war mit Sicherheit kein "Versprecher", sondern die süffisante Zurechtstutzung dieser kleinen Elfi Wichtig, die immer bloß das willige Sprachrohr der Transatlantiker gewesen ist und es wohl auch bleiben wird.« Das kann man als Berichterstatter nun gut oder schlecht, raffiniert oder hinterhältig finden (das ist dann im Kommentar zu bringen und hat im Bericht einer Nachrichtenagentur grundsätzlich nichts zu suchen) — aber es als »Versprecher« zu werten, verrät höchstens, daß man keine Ahnung hat.
Außerdem ergibt der Beginn der Rede gerade durch den angeblichen Versprecher erst seinen Sinn. Da die Deutschen als bloße Vasallen der U.S.A. keine eigenständige Außenpolitik führen dürfen (und unterdessen vermutlich so »verhausschweint« sind, daß sie es nicht einmal wollen), sind natürlich die besseren Beziehungen zu den U.S.A. das, was Rußland vornehmlich interessiert. Wenn Deutschland in dem Zusammenhang dann auch freundlichere Miene macht, ist das sicher schön und gut, aber eben die Folge, nicht die Ursache einer Klimaverbesserung mit Washington. Immerhin räumt die APA ein:
In zentralen Diskussionen mit dem Westen, zuletzt etwa in Bezug auf eine europäische Sicherheitsarchitektur, erachtet Russland die USA als einzig wirklich relevanten An-sprechpartner: "Wenn die USA diesen Prozess anführt, beschäftigt uns im Großen und Ganzen nicht allzu sehr, wer konkret (über Sicherheitsfragen, Anm.) verhandelt", hatte Lawrow etwa vergangene Woche bei einer Pressekonferenz erklärt.Warum dann also das Herumeiern über einen angeblichen »Lapsus« des russischen Außenministers? Zumal dieser vermutlich mehr diplomatisches Handwerk in einer Fingerspitze hat, als seine Berliner Kollegin im kompletten Lebendgewicht, und daher (hoffentlich, für die Erhaltung des Weltfriedens!) in Moskau noch etwas zu sagen hat, wenn Dame Kobold längst wieder Geschichte (oder sollte man nicht besser sagen: vergessen?) ist ...