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SU-24 oder „Wenn du den Halys überschreitest ...“

SU-24 oder „Wenn du den Halys überschreitest, wirst du ein großes Reich zerstören.

Erdogans Abschuss der russischen SU-24 über Syrien und die Ermordung eines der beiden Piloten sind Handlungen, die vergleichbar sind mit dem Attentat auf Sarajewo. Die Diplomatie hat damals noch Wochen lang gerungen, versucht die Fronten zu ordnen, die Guten und die Bösen zu sortieren, aber irgendwann kam die Stunde der Wahrheit, die Stunde der Barzahlung.

Die Türkei Erdogans hat ihre Hoffnungen auf den arabischen Frühling gesetzt, die überall die Muslim-Bruderschaften erstarken ließ. Libyen stürzte in vorstaatliches Chaos ab. Ägypten fiel in die Hände der Muslim-Brüder und auch Syrien würde diesem Schicksal folgen müssen. Aber irgendwann drehte der Wind des Wandels bei. Das Friedensgebet von Papst Franziskus war ein flammender Appell an die Vernunft aller Menschen guten Willens. Aber hinter diesem Aufruf steckten auch harte Fakten. Ägypten begann zum Sicherheitsrisiko für Israel zu werden, und eine „libysche Anarchie“ im Norden Israels war ebenfalls kein wünschenswertes Ziel. Hauptleidtragende des arabischen Frühlings aber waren Christen. Die Türkei schien damals für einen Moment auf dem Weg zu einem neuen osmanischen Reich, aber der Militärputsch in Ägypten setzte den Träumen Erdogans ein Ende. Die IS war dann noch einmal ein Versuch, wenigstens in Syrien die alten Träume zu verwirklichen. Nun aber hat Russland die Flamme auch dieses türkischen Traums ausgetreten. Und selbst die USA sind angesichts des Chaos im Irak und anderer globaler Probleme bereit, den Verlust ihres Schahs zu verschmerzen, und den Iran wieder als regionale Ordnungsmacht zu akzeptieren.

Die Türkei befindet sich an einem schwierigen Punkt ihrer Geschichte. Noch glaubt Erdogan sich der unbegrenzten Unterstützung durch die USA sicher sein zu dürfen, die er als Frei(beuter)brief deutet und mißbraucht. Noch hat Erdogan mit der Steuerung des Flüchtlingsstroms eine Waffe in der Hand, die Deutschland politisch in die Knie zwingen kann. Aber im Osten der Türkei und im Norden des Irak ist mit deutscher Hilfe ein kurdischer Teilstaat entstanden. Eine expandierende Türkei wäre eine mögliche Gegenantwort gewesen, aber mit den Russen in Syrien kann diese Expansion nur noch als ein provozierter NATO-Bündnisfall organisiert werden. Dem aber sind Grenzen gesetzt, Grenzen der Manipulation und auch hat niemand Interesse an einer Eskalation in den großen Krieg.

Was bedeuten diese Fakten aus christlicher Sicht? Und kann es in diesen Fragen eine christliche Sicht geben? Ich versuche meine Sicht in Worte zu bringen.

1. Die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, konkretisiert sich zu der Frage, ob die Türkei zu Europa gehören kann.

2. Der Islam kann zu Deutschland gehören, wenn er dieselben Schritte durchläuft, wie sie im Kulturkampf die katholische Kirche erfahren hat. Ausbildung der Imame an deutschen Universitäten, staatliche bzw. gesellschaftliche Kontrollen durch „Pfarrgemeinderäte“ und „Kirchenvorstände“. Konkordatsvertrag, wohl nach Schiiten und Sunniten getrennt. Kirchensteuer zur Förderung der sozialen Infrastruktur (Kindergärten, Schulen usw.). Diese Instrumente sind wirksam, auch wenn sie Zeit brauchen, vielleicht zwei oder drei Generationen.

3. Die Aufnahme der Türkei in die EU muss mit einer Politik der Regionalisierung verbunden werden. Im Osten der Türkei muss Autonomie für die Kurden durchgesetzt werden, und Menschenrechtsfragen bieten sich dafür als Argumentationsmuster an. Überhaupt ist die Stärkung der Regionen und regionaler Identitäten eine der wirksamsten politischen Instrumente zur Stärkung Europas und Schwächung der älteren nationalstaatlichen Strukturen.

4. Die Aufnahme der Türkei in die EU ist ohne Öffnung des Landes für das Christentum nicht möglich. Die Hagia Sofia muss als christliche Kirche wiedererstehen, denn Europa kann nur dann eine Zukunft haben, wenn es sich der Schmach von 1453 stellt. Ohne die Geschichte, Kultur und Spiritualität Ostroms wird auch das westliche Rom keine Kraft für die Zukunft haben. ROMA AETERNA erfordert eine Erinnerungskultur des ganzen römischen Kulturraumes. Europa aber ist dabei, in diesen einstigen Kulturraum einzutreten, oder aber zur Erinnerung anderer Kulturen herabzusinken. Europa bedarf einer Vision der Freiheit und Selbstbestimmung. Letztlich kann nur Rom diese Identität liefern.

5. Wenn Gott noch in Europa wohnt, dann möge er uns die Kraft geben, wieder an uns zu glauben, weil er uns die Kraft ist, an Ihn zu glauben. Nur dann dürfen wir hoffen: „der Herr schenkt seinem Gesalbten den Sieg; er erhört ihn von seinem heiligen Himmel her und hilft ihm mit der Macht seiner Rechten. 8 Die einen sind stark durch Wagen, die andern durch Rosse, wir aber sind stark im Namen des Herrn, unsres Gottes. 9 Sie sind gestürzt und gefallen; wir bleiben aufrecht und stehen. 10 Herr, verleihe dem König den Sieg! Erhör uns am Tag, da wir rufen!“ (Ps. 20)

Als einst der König von Lydien, Kroisos (Krösus), sich anschickte, gegen die Großmacht Persien in den Krieg zu ziehen, ließ er zuvor das Orakel von Delphi befragen. Deren Sinnspruch ist noch heute überliefert: „Wenn du den Halys überschreitest, wirst du ein großes Reich zerstören.“ Delphi behielt wieder einmal Recht. Kroisos überschritt den Halys und zerstörte ein großes Reich: sein eigenes.

Erdogan hat mit seiner Provokation eine Grenze überschritten. Seine Drohung, das Schicksal Europas in der Hand halten zu wollen, kann nicht geduldet werden.
Tina 13
"Erdogan hat mit seiner Provokation eine Grenze überschritten. Seine Drohung, das Schicksal Europas in der Hand halten zu wollen, kann nicht geduldet werden"
Tina 13
"Erdogans Abschuss der russischen SU-24 über Syrien und die Ermordung eines der beiden Piloten sind Handlungen, die vergleichbar sind mit dem Attentat auf Sarajewo. Die Diplomatie hat damals noch Wochen lang gerungen, versucht die Fronten zu ordnen, die Guten und die Bösen zu sortieren, aber irgendwann kam die Stunde der Wahrheit, die Stunde der Barzahlung."
eiss
Putschversuch des Militär in der Türkei
www.spiegel.de/…/tuerkei-militae…
eiss
Putschversuch in der Türkei
www.nzz.ch/…/tuerkei-nach-sc…
elisabethvonthüringen
Danke, lieber eiss; es ist sehr aufschlussreich!!!
"Am Vorabend großer Kriege"...huch...ja genau!!
eiss
Kain und Abel,
Romulus und Remus, von der Wölfin gesäugt.
Dann das Lamech-Lied, das hohe Lied der Gewalt (1. Mose 4):
„20 Ada gebar Jabal; er wurde der Stammvater derer, die in Zelten und beim Vieh wohnen. 21 Sein Bruder hieß Jubal; er wurde der Stammvater aller Zither- und Flötenspieler. 22 Auch Zilla gebar, und zwar Tubal-Kajin, der die Geräte aller Erz- und Eisenhandwerker schmiedete. Die …Mehr
Kain und Abel,

Romulus und Remus, von der Wölfin gesäugt.

Dann das Lamech-Lied, das hohe Lied der Gewalt (1. Mose 4):
„20 Ada gebar Jabal; er wurde der Stammvater derer, die in Zelten und beim Vieh wohnen. 21 Sein Bruder hieß Jubal; er wurde der Stammvater aller Zither- und Flötenspieler. 22 Auch Zilla gebar, und zwar Tubal-Kajin, der die Geräte aller Erz- und Eisenhandwerker schmiedete. Die Schwester Tubal-Kajins war Naama. 23 Lamech sagte zu seinen Frauen: Ada und Zilla, hört auf meine Stimme, ihr Frauen Lamechs, lauscht meiner Rede! Ja, einen Mann erschlage ich für eine Wunde und einen Knaben für eine Strieme. 24 Wird Kain siebenfach gerächt, dann Lamech siebenundsiebzigfach.“

Gegen diese Geschichte der Gewalt des Menschen gegen den Menschen steht die Geschichte der Überwindung der Gewalt durch die Offenbarung und die Ahnung, dass der Mensch nach Seinem Ebenbild erschaffen wurde, uns ein Funke Seiner Göttlichkeit innewohnt.

Die Moderne braucht das Bild vom edlen Wilden und seiner friedlichen Natur, um umso ungehemmter morden zu können. Das Ebenbild des Menschen ist nun das Tier, zu dem er aufschaut (und sei es [nur] eine Projektion auf den Petersdom), das er aus sich herauslässt, das er befreit, um umso ungehemmter er selbst, also Tier, sein zu können.

Abraham ist jener andere Anfang der Loslösung vom Menschenopfer und Kindesopfer, die Kinder nicht durchs Feuer gehen zu lassen, Moloch und Baal nicht zu bedienen, weshalb die tierische Befreiung des modernen Menschen das Recht auf Opferung (der Kinder) wieder herbeisehnt und behauptet.

Am Vorabend großer Kriege entdeckt der entfesselte Mensch, dass das Gebot des Mose doch nicht mit „du sollst nicht töten“ zu übersetzen sei, sondern vielmehr nur ein „du sollst nicht morden“ gemeint sei. So fällt es dem Krieger leichter, sein unvermeidliches Werk zu tun. Nun erhebt die totalitäre Barmherzigkeit ihr Haupt, was uns ein Zeichen sei, wie groß der kommende Krieg sein wird.

Wer Frieden will, muss gerüstet sein. Aber wahrhaft siegt, wer nicht kämpft. Ohne die Kraft der Offenbarung aber bleibt nur das Lamech-Lied.
elisabethvonthüringen
Lieber eiss...stimmt DAS so?? Sind es wirklich "nur" diese Gründe?