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Wie das Gnadenbild Mariatrost (Graz) gläubige Männer zur Bestattung der Pestkranken ermutigte und sie gesund blieben (i.J. 1680) MARIA TROST BEI GRAZ Hans von Wilfersdorf hatte sich auf jener Anhöhe,…Mehr
Wie das Gnadenbild Mariatrost (Graz) gläubige Männer zur Bestattung der Pestkranken ermutigte und sie gesund blieben (i.J. 1680)

MARIA TROST BEI GRAZ

Hans von Wilfersdorf hatte sich auf jener Anhöhe, auf der heute die Wallfahrtskirche steht, 1676 ein Schlösschen erbaut. Als er einmal seinen Bruder, einen Zisterziensermönch, besuchte, sah er in dessen Zelle eine Marienstatue, die ihm außerordentlich gefiel. Er erbat sie sich vom Abt zum Geschenk und nahm sie mit in sein Schlösschen. Seine kranke Tochter versprach, der Statue ein schönes Kleid anzufertigen, wenn sie die Gesundheit erlange. Im Augenblick des Gelübdes war sie gesund.
So begann die Verehrung des Gnadenbildes von Maria Trost. Die Kapelle, die Hans von Wilfersdorf für das Bild erbauen ließ, zog in kurzer Zeit viele Leute an. Auffallende Gebetserhörungen und Gnadenerweise trugen sich zu.
Die Paulaner, denen 1708 das Heiligtum von Maria Trost übertragen worden war, schritten zum Bau einer großen Kirche, die 1714 grundgelegt und 1746 eingeweiht wurde. Das Gnadenbild wurde in die neue Kirche übertragen und kam auf dem Hochaltar zu stehen. Das holzgeschnitzte Gnadenbild ist etwa lebensgroß. Von einem Kranz goldener Strahlen umgeben schwebt die Muttergottes auf einer lichten Wolke. Sie trägt ihr Kindlein auf dem Arm und ist mir einem silbernen Unterkleid geziert, über das ein goldener Prunkmantel in reichsten Falten niederwallt.
Joseph II. hob 1786 das Kloster auf, und die Paulaner wurden vertrieben. Ein Weltpriester trat an ihre Stelle. Ihm wurde für sein Vieh nur die Sakristei überlassen, so dass man die Kühe in unmittelbarer Nähe des Altars brüllen hörte und dass zeitweise die Jauche des Stalles am Hochaltar vorüberfloss. Der unwürdige Zustand wurde beseitigt und die Wallfahrt wieder zu neuem Leben erweckt, als 1846 die Franziskaner in Maria Trost einzogen.

GRAZER MÄNNER GELOBEN EINE WALLFAHRT

In dem Büchlein: Geschichte und Beschreibung des Wallfahrtsortes Maria Trost von J. Stolz wird erzählt: eine Schar von sechzig Taglöhnern aus Graz stand 1680 vor dem Tor der Kirche zu Maria Trost. Ihr Anführer, Paul Menitzer, hielt eine Anrede an seine Kameraden. Er schilderte die damals in Graz alles verheerende Pest. „Jeder Atemzug in dieser verpesteten Stadt kann uns das Leben kosten. Mitten im Gebete, an den Kirchentüren, an den Altären sind manche tot hingesunken. Wir können nicht wissen, ob wir diesen Abend oder den nächsten Morgen noch sehen. Darum habe ich euch zu dieser Wallfahrt eingeladen, um unseren Heiland durch seine liebe Mutter um einen seligen Tod zu bitten. Werden wir aber Barmherzigkeit im Himmel zu erhoffen haben, wenn wir sie auf Erden nicht üben? Wie viele Leichen liegen unbegraben in den Häusern, auf den Straßen und Graz! Die Toten begraben – das verhilft uns zu einem seligen Ende. Gott lässt es uns nicht unbelohnt. Die Stadt stirbt aus. Denn alle fürchten, die Pestleichen anzufassen, und niemand ist zu haben, selbst um schweres Geld nicht, sie in die geweihte Erde zu legen. So häufen sich die Leichen und das Übel wächst. Fassen wir um der Barmherzigkeit Gottes willen Mut! Erweisen wir den verstorbenen Brüdern die letzte Ehre und den Überlebenden diese Wohltat! Gott kann uns auch da erhalten – und ruft er uns dabei heim, so werden auch uns christliche Hände in geweihte Erde legen, und unsere Seele erlangt ein christliches Ende. So verloben wir uns jetzt zu diesem Dienste. Von der nächsten Stunde an gehört jeder Gott allein und Maria Trost!“
„Ja, Paul, das tun wir!“ riefen die anderen Taglöhner. „Wir wollen die Toten begraben und die Stadt retten.“
„Wohlan denn“, fuhr Meitzer fort, „nun wollen wir uns durch die hl. Sakramente zu der Arbeit, die wir gelobt haben, vorbereiten, als ob die nächste Stunde unsere letzte sei.“
Während des folgenden Gottesdienstes opferte jeder sein Leben Gott dem Herrn auf, und gestärkt durch das Brot des Lebens zog die edle Schar unter lautem Gebet nach der Stadt zum Werk der Liebe. Einen warmen Händedruck wechselten die todesmutigen Männer und sich jeder zur schrecklichen, grauenvollen Arbeit. An. Die einen trugen die Leichen aus den Häusern und auf den Straßen zusammen, die anderen zogen Pferde aus den Stallungen, aus denen die Knechte entflohen waren, und beluden die bereitstehenden Wagen mit den verwesenden Resten der Verstorbenen. Wieder andere schleppten die verpesteten Betten und Wäschestücke zusammen und beluden damit andere Wagen. Dann ging es eilends hinaus zur Stadt, um die Opfer der Seuche in gemeinsamer Ruhestätte geweihter Erde zu bestatten.
Spät abends schieden alle mit den Worten: „Morgen früh sind wir wieder zur Stelle.“ Mancher fürchtete, dass ihre Zahl am Morgen nicht mehr vollständig sein würde. Allein der Gedanke an ihr Gelübde gab ihnen Mut und Hoffnung. Am frühen Morgen fanden sie sich wieder ein – kein einziger fehlte! Und nun begann dieselbe Arbeit wie am Tag zuvor, die Beerdigung der Leichen, die Verbrennung der verpesteten Betten und Wäschen und die Reinigung der Stadt. So setzte die wackere Schar die gefährliche Arbeit fort, bis sich die Gewalt der Seuche brach. Täglich schieden sie mit dem Versprechen: „Morgen kommen wir wieder zusammen“, und täglich hatten sie Ursache Gott zu danken und zu preisen: es blieben alle wunderbar verschont.
Da führte Menitzer seine wackere Zunft zu einem Jubelfest nach Maria Trost. Zur Danksagung für das glückliche Gelingen des gewagten Unternehmens verlobte sich die Zunft der Taglöhner, alljährlich nach Maria Trost in Prozession zu ziehen. Über zweihundert Jahre zieht nun diese Zunft hinauf zu Wallfahrtskirche.
Paul Menitzer und seine Kameraden sind längst in Staub und Asche zerfallen, aber ihr Andenken lebt fort in den Herzen ihrer Nachkommen, und ihr Name steht glanzvoll im Buch des Lebens.

Quelle: Alphons Maria Rathgeber: Maria wir rufen zu dir. Ein Buch von Unserer Lieben Frau und ihren Gnadenstätten, Verlag Alber Pröpster Kempten-Allgäu, Imprimatur 27. Mai 1960, Nachdruck, S. 289-291.
Theresia Katharina
Sehr schön und tröstlich!
Bibiana
Welch schönes wie tapferes Glaubenszeugnis aus einer Pestzeit. "Wir wollen die Toten begraben und die Stadt retten".
Sieglinde
Vielen Dank für diese Erklärung, das wusste ich gar nicht.
Joannes Baptista
Gerne. Ich habe den Text auch am vergangenen Samstag zum ersten Mal gelesen.
Zweihundert
der Logos
@Joannes Baptista Alphons Maria Rathgeber: Maria wir rufen zu dir. Ein Buch von Unserer Lieben Frau und ihren Gnadenstätten, Verlag Alber Pröpster Kempten-Allgäu, Imprimatur 27. Mai 1960, Nachdruck, S. 289-291. Der Verlag ist mir persönlich bekannt. 😊
Joannes Baptista
Ein schönes Video dazu findet man hier: www.graztourismus.at/…/basilika-mariat…