Predigt von Pfarrer Maximilian Pühringer zum Hochfest der Erscheinung des Herrn

Predigt Erscheinung des Herrn, 6.1.2022
Perikopen: Jes 60,1-6 Mt 2,1-12
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Immer wieder ist die Erzählung von den Weisen, die dem Stern gefolgt sind, und das Kind in der Krippe gefunden haben, faszinierend. Es drängt einem die Frage zu stellen: Was waren das für Menschen? Was macht sie aus? Wir wollen versuchen ein wenig hineinzuschauen in das Herz der Sterndeuter. Erstens: Ich sehe die drei Sterndeuter als mutige, selbstbewusste und ihrem Gewissen verpflichtete Menschen an. Es waren Menschen einer tiefen Innerlichkeit. Es waren sicher keine oberflächlichen Leute, die sich zufrieden geben mit „dem, was alle so tun, so denken, so richtig halten.“ Wenn es alle so tun, dann muss es ja richtig sein. Die Sterndeuter sind nicht manipulierbar und instrumentalisierbar. Sie sind auf der Suche nach der Wahrheit. Und da machen sie ihre Augen und Ohren weit auf, und gebrauchen ihren ganzen Verstand. Dafür haben sie sich auf einen weiten Weg gemacht, der sicher kein Feiertagsspaziergang war. Als sie dann zu Herodes kamen, und dieser wissen wollte, wo das neugeborene Königskind sei, damit auch er es anbeten könne, folgten sie ihrem Gewissen, ihrem inneren Kompass, und „kehrten auf einem anderen Weg, heim in ihr Land.“ Ganz am Anfang des alten Katechismus stand noch die Frage: „Wozu sind wir auf Erden?“ Das war die Frage der Sterndeuter, und das sollte auch unsere Frage sein. Was ist das Warum und Wozu dieses Lebens? Was sollen wir aus diesem Leben machen? Die Sterndeuter stehen dafür, nicht allem zu trauen was man so tut und sagt. Sie appellieren an uns, der Stimme des Gewissens zu folgen und unser Leben an den Stern von Betlehem zu hängen. Sei mutig! Folge dem Stern! Folge deinem Gewissen! Wir brauchen eigenständige Christen, wirklich Persönlichkeiten, die nicht überall mittun. Zweitens: Man merkt, dass die Sterndeuter wirklich angetan waren von der Liebe Gottes. Schließlich haben die drei zum Kind gefunden. Doch das war eine große Überraschung. Nicht in einem Palast war der König, sondern in einem Stall. Vor diesem Kind sind sie niedergefallen. Da haben sie begriffen: Gott begegnet uns nicht im Außergewöhnlichen, im Spektakulären, im Abenteuerlichen. Das Göttliche liegt nicht im Wunderbaren. Es liegt im Gewöhnlichen und Alltäglichen. Gott macht keine Show, kein Theater, kein Spektakel. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum er damals, und heute so wenig Interesse und Liebe bekommt. Gott ist diskret. Er will da sein, unter uns, manchmal auch unerkannt. Er will auffindbar sein, im normalen Leben der Menschen. Das Schwergewicht der Liebe zog Gott auf die Erde. Von diesem Wunder der Liebe waren die Sterndeuter angetan. Man kann nur angetan sein von diesem Gott voller Paradoxien: Der Ewige Gott tritt ein in das Gesetz der Zeitlichkeit, der Unendliche wird endlich, der große Gott wird klein, der starke Gott gibt sich hinein in das ganze menschliche Elend, die ganze menschliche Schwäche. „Er, der reich war wurde aus Liebe arm.“ Die Sterndeuter waren angetan von dieser Liebe Gottes. Auch wir sollten angetan sein von dieser Liebe Gottes, die doch alle menschlichen Maßstäbe durchbricht, die unser ganzes Denken auf den Kopf stellt. Wir wollen angetan sein von dieser Liebe Gottes. Das haben die Sterndeuter gesehen, die Liebe des Schöpfers, der sich zum Geschöpf neigt, und davon waren sie angetan, innerlich berührt. Drittens: Die Sterndeuter knien nieder und beten an. Das stellt uns die Frage: Vor wem falle ich nieder? Vor wem gehe ich in die Knie? Vor Gott, oder vor den selbsternannten Götzen? Anbetung des Kindes in der Krippe drückt aus: Ich schenke mich dir. Ich will dein eigen sein. Ich will auf ewig dir gehören. Ein Glaubenszeuge unserer Kirche, nämlich Pater Alfred Delp, der von den Nationalsozialisten ermordet worden ist, hat es mit folgenden Worten ausgedrückt: „Brot ist wichtig, die Freiheit ist wichtiger, am wichtigsten aber ist die ungebrochene Treue und die unverratene Anbetung.“ Wenn Anbetung das Wichtigste ist, muss es zu denken geben, dass dieses Wort in der heutigen Zeit zu einem unmodernen Wort, wenn nicht gar zu einem Fremdwort geworden ist. Auf das erste Zusehen hin ist dies sogar verständlich. Denn Anbetung bedeutet, dass wir Menschen vor Gott in die Knie gehen. In die Knie zu gehen, empfindet der heutige Mensch weithin als Entwürdigung oder gar als Demütigung, gleichsam als Begrenzung seines eigenen Ich. Der heutige Mensch hat vielmehr gelernt, den aufrechten Gang zu lieben, und er hat Angst, sein Rückgrat zu verlieren. Das durchaus mit Recht, denn in der Welt muss man den Mann und die Frau stehen. In der Welt darf man in der Tat vor niemandem in die Knie gehen, und in der Welt ist nichts und niemand anzubeten. Die Anbetung Gottes aber schenkt die umgekehrte heilsame Erfahrung: Nur wer ein starkes Rückgrat hat, kann sich tief bücken, weil er dankbar erspürt, dass er seinen aufrechten Gang dem verdankt, vor dem er in die Knie geht und den er anbetet. Wir verdanken unseren aufrechten Gang nicht uns selber, sondern nur Gott. Den aufrechten Gang in der Welt lernt der glaubende Mensch nur im Kniefall vor Gott. Denn er weiß, dass, wenn wir die Größe Gottes bestaunen, der Mensch nicht klein, sondern ebenfalls groß gemacht wird. Die Anbetung Gottes führt den Menschen deshalb zu seiner wahren Größe, wie es der heilige Papst Johannes XXIII. zu sagen pflegte: „Der Mensch ist nie so groß, wie wenn er kniet.“ Weihnachten darf nicht nur eine Stimmung sein, ein gutes Gefühl. Weihnachten führt zur Anbetung, weil Gott da ist. Ein englisches Wort sagt: „A church on its knees is more powerful than an army on ist feet.“ D.h. „Eine kniende Kirche vermag mehr, als eine ganze Armee auf den Beinen.“ Liebe Brüder und Schwestern!
Die Weisen sind dem Stern gefolgt, haben das Kind gefunden, und wurden mit großer Freude erfüllt. Wir dürfen uns auf die Spuren der Sterndeuter begeben. Sie waren mutige, selbstbewusste, dem Gewissen verpflichtete Menschen. Sie waren angetan von der Liebe Gottes, vor der sie nur niederknien und anbeten konnten. Folgen wir den Spuren dieser Menschen, so finden auch wir zu Gott. Amen.
Tina 13
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