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Macht die Kirche nicht schon lange, was die Welt will? Interview mit Prof. Dr. Manfred Hauke, Lugano. Juni 2015 Familiensynode Macht die Kirche nicht schon lange, was die Welt will? In vielen Diözesen …Mehr
Macht die Kirche nicht schon lange, was die Welt will?

Interview mit Prof. Dr. Manfred Hauke,

Lugano. Juni 2015

Familiensynode

Macht die Kirche nicht schon lange, was die Welt will?

In vielen Diözesen werden Zweitehen Geschiedener sowie homosexuelle Verbindungen de facto akzeptiert. Wer sich dem widersetzt, fliegt raus. Heißt das nicht, dass die Würfel schon längst gefallen sind?

Ich denke, wir dürfen uns hier nicht einfach abhängig machen von bestimmten Zeitströmungen. So hat es in der Geschichte der Kirche ganz ähnliche Situationen gegeben. Ein Beispiel:

Kardinal Newman, vor über hundert Jahren, hat bereits daran erinnert, dass es im vierten Jahrhundert eine ganz große Krise gegeben hat in der Kirche, zwischen den Konzilien von Nicäa und Konstantinopel, also zwischen den Jahren 325 und 381, sagt er, war das Lehramt der Kirche fast sechzig Jahre lang gleichsam außer Funktion gesetzt, gleichsam gelähmt, gleichsam von einer Wolke überschattet. Was war passiert?

Nach dem Konzil von Nicäa, das geklärt hatte, dass Jesus Christus wahrer Gott ist, haben die politischen Autoritäten, das heißt der Kaiser, die Arianer gefördert, welche die Gottheit Jesu geleugnet haben. Das heißt: Damals wurden die Bischöfe verfolgt, die dem Konzil treu bleiben wollten, dem Konzil von Nicäa, und es wurden die Bischöfe gefördert, die dem Kaiser entsprechend sich fügten. Da gab es eine ganze Reihe von Synoden. Eine Synode jagte die andere, mit Hunderten von Bischöfen, aber eine schlimmer als die andere.

Newman sagt auch, dass selbst die Päpste damals Fehler gemacht haben. Papst Liberius etwa hatte Athanasius exkommuniziert und eine häretische Verfolgung unterschrieben. Das ging da drunter und drüber, und da schreibt Kardinal Newman, dass der heilige Hieronymus einmal betonte, der Erdkreis habe geseufzt, das heißt, er arianisch geworden sei.

Oder der heilige Hilarius, der zu der Zeit auch ins Exil gehen musste, schrieb damals: "Die Ohren der Gläubigen sind heiliger als die Herzen der Bischöfe“. Das heißt, es gab eine schlimme Situation über Jahrzehnte hinweg, aber die Kirche hat`s überstanden. Wenn wir daran glauben, dass der Heilige Geist die Kirche leitet und auch der Felsen Petri sich von den Pforten der Hölle nicht überwinden lässt, daran glaube ich ganz fest, werden wir unter Umständen weiterhin ein Chaos erleben, das festzustellen, nicht verschwinden wird, aber die Kirche wird nicht untergehen.

Ein anderes Beispiel ist im Mittelalter. Es gab damals hier den Konkubinat vieler Priester, die so einfach in wilden Ehen lebten, aber Papst Gregor VII. hat sich davon nicht beirren lassen, hat die Kirche auch wirklich reformiert und hat in vielen Bereichen aufgeräumt.

Auch heute haben wir viele dekadente Ortskirchen in der westlichen Himmelsphäre, aber wir dürfen diese dekadenten Kirchen, die vielleicht über viel Geld verfügen, nicht verwechseln mit dem Glaubenssinn der ganzen Kirche. Der Glaubenssinn der ganzen Kirche betrifft die ganze Kirche aller Jahrhunderte, auch früherer Jahrhunderte, und auch anderer Kontinente. Wir haben sicherlich den Gott in Afrika einen lebendigeren Glaubenssinn als in manchen Ländern Europas. Newman betont eben schon diese Erfahrung von damals, die Kirche wird die Situation sicher überwinden.

Freilich werden die, die dem Glauben treu sein wollen, eben auch mit Verfolgungen, mit Prüfungen rechnen müssen. Das war auch damals der Fall. Die dem Konzil von Nicäa treu bleiben wollten, mussten zum Teil sogar in die Wälder fliehen, um zu überleben gegen Verfolgung der Arianer und der politischen Mächte. Das war fast wie im Kommunismus damals. Aber die Kirche hat`s überlebt.

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Es scheint, daß die Kirche die Vorgaben der Welt mit einer zehn- bis zwanzigjährigen Verspätung übernimmt. Braucht es da doch in dieser Situation noch Theologie und Bischofssynoden?

Nun ja, wenn man davon ausgeht, wie ein deutscher Bischof, das die neue Glaubensquelle jetzt die konkrete Wirklichkeit sei, das man sich also der Welt anpassen müsse, dann würde das stimmen. Dann bräuchte man nur das zu machen, was alle anderen auch machen. Aber das ist nicht die Haltung des Wortes Gottes.

Wenn das Neue Testament von der „Welt“ spricht, handelt es sich hier um einen zwiespältigen Begriff. "Welt" ist auf der einen Seite die gute Schöpfung Gottes, die auch gut bleibt. Auf der anderen Seite ist "Welt" aber auch ein Kennwort für die Kräfte, die die konkrete Welt heute beeinflussen nach der ersten Sünde Adams. Nach der Sünde des Menschen hat die menschliche Schwäche eine viel größere Kraft, viel größere Rolle und auch der Einfluss des Teufels. Darum kann etwa der heilige Jakobus sagen (Jakobusbrief): "Wer sich zum Freund der Welt sein will, der macht sich zum Feind Gottes."

Man darf hier nicht vergessen den Einfluss der Erbsünde, von der heute wenig die Rede ist, der eben schon den Menschen von Anfang an schwächt. Auch nach der Taufe bleibt die Folge der Erbsünde in uns erhalten, das heißt, diese Strebungen zum Bösen und auch dann allen möglichen Einflüssen nachzugeben, die müssen wir bekämpfen. Das Konzil von Trient spricht hier auch von den Kämpfen "ad agonem", das heißt also, wie ein Wettkampf, den wir jetzt hier unternehmen müssen als Christen, um das Böse zu bekämpfen, und auch das Böse in der Welt zu bekämpfen.

Natürlich gibt es immer auch eine doppelte Perspektive. Es braucht hier bei allem, was in der Welt vorgeht, einerseits eine kritisch, also eine Aufnahme aller Dinge, die gut sind. Zum Beispiel benutzen wir heute viele technische Mittel, die es früher nicht gab. Das ist notwendig, aber wir dürfen nicht Dinge übernehmen, die sich dann gegen die Ordnung Gottes richten. Das heisst, wir brauchen hier, was die Theologen eine kritische Rezession nennen oder ein einfaches Bild vom heiligen Basilius: Die heidnische Kultur ist mit Nüssen vergleichbar. Wir können die Nüsse nicht so essen, wie sie sich darstellen. Das verdirbt den Magen. Man muss sie erst knacken. Dann kann man das Gute entsprechend zu sich nehmen, das heißt, wir können nicht für alles offen sein. Wir können auch hier vielleicht dieses Wort übernehmen, das er sagt im Deutschen: Wer für alles offen sein will, ist nicht ganz dicht.
Santiago_
Prof. Hauke ist klasse. 👏 👏
elisabethvonthüringen
TuK... 😀 😀 😀 ...(Kirchen-) geschichte lesen und Gott vertrauen...TuKi...das ist es! Sonst überlebt keine Kirche und keine EvT...
Tradition und Kontinuität
Ja, die Elisabeth. Immer schön relativieren.
elisabethvonthüringen
ein richtiges Lehrstück für unseren atm ...WOW...es ging schon immer drunter & drüber... 😉 👏 😇
Eugenia-Sarto
Die Kirche übersteht alles! Auch das jetzige Chaos.Der Geist der Welt ist der Feind Gottes.
Sonia Chrisye teilt das
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Politik: Ehe, Familie, Kirche und Gesellschaft, Ethik.
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Ehe, Familie, Kirche und Gesellschaft, Ethik
Sonia Chrisye
😇 🤗 👏