Bischof: Angeblich keine Pogromstimmung gegen Kirche
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Meisner hatte in einem Brief an die Seelsorger seines Bistums erklärt, es gebe derzeit eine «Katholikenphobie» in der Gesellschaft. Zugleich rief er seine Mitarbeiter nach Informationen des «Kölner Stadt-Anzeigers» zu Tapferkeit im Umgang mit öffentlicher Häme und «ungerechtfertigten Vorwürfen» auf. Erst vor wenigen Tagen hatte der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, über mediale Attacken auf die Kirche und eine künstliche erzeugte Wut geklagt, die an eine «Pogromstimmung» erinnere.
Mit Blick auf den Kliniken- und Missbrauchsskandal betonte der Kardinal, die Kirche von Köln habe «in der öffentlichen Wahrnehmung einen Sturm erlebt, wie ich ihn in meinen Jahren als Bischof selten erlebt habe». Den tiefer liegenden Grund dafür sieht Meisner darin, dass «die Entschiedenheit der katholischen Positionen zum Lebensschutz, zu Ehe und Familie» sowie des Eintretens dafür durch Papst und Bischöfe «immer stärker polarisieren».
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, äußerte Verständnis für Meisners Kritik. In dessen Äußerungen sei zwar die Defensive spürbar, doch argumentiere der Kölner Erzbischof differenzierter als Müller. «Immerhin hatte der Kardinal den Mut, in einer Druck-Situation Bewegung in die Debatte über die "Pille danach" zu bringen", sagte Glück der Zeitung. «Das war überraschend und verdient Anerkennung.»
Glück fügte hinzu, in der Tat gebe es «aggressiv-antikirchliche Stimmungen": Sie rührten zum Teil aus schlechten Erfahrungen mit der Kirche her, seien zum Teil aber auch Ausdruck einer Entfremdung gegenüber der Dimension des Religiösen überhaupt. Die katholische Kirche sei mit ihren Strukturen für anti-religiöse Affekte besonders leicht greifbar.
Der Freiburger Sozialwissenschaftler und Theologe Michael N. Ebertz hält die Klage über Gehässigkeit gegenüber der Kirche für einen Ausdruck mangelnder Selbstkritik. «Moralische Arroganz und Überheblichkeit in der Kirche fallen jetzt nur auf sie selbst zurück», sagte er dem «Kölner Stadt-Anzeiger». Wenn die Kirche gerade in moralischen Fragen versage, sei es «kein Wunder, dass die Menschen hämisch reagieren».
Der Berliner Medienwissenschaftler Norbert Bolz warf den Medien eine massive Kampagne gegen die Kirche vor. Sie nutzten jede Gelegenheit, Fehler zu skandalisieren, sagte er der «Katholischen Nachrichen-Agentur» (KNA). Immer, wenn sich die Kirche gegen den Mainstream stelle und auf unzeitgemäßen Forderungen beharre, werde ein antirömischer Affekt wieder mobilisiert. «Es gibt in den vergangenen Monaten zwei Gruppen, die zum Abschuss freigegeben sind: die katholische Kirche und die FDP. Da fallen mittlerweile alle Tabus.»
Bolz empfahl den katholischen Bischöfen, Mut zu unzeitgemäßen Positionen zu haben und bereit zu sein, dafür Prügel einzustecken. Allerdings müsse die Kirche ihre Darstellung in der Öffentlichkeit überdenken.