Koalition einigt sich bei Betreuungsgeld und Praxisgebühr
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Der Streit um das als «Herdprämie» verspottete Betreuungsgeld hatte sich in den vergangenen Monaten zu einer massiven Belastung für die Koalition entwickelt. Beobachter werten die Einigung bei der Familienleistung jetzt als Sieg der CSU, die im kommenden Herbst vor Landtagswahlen in Bayern steht. Im Gegenzug konnte die FDP bei der Praxisgebühr punkten, deren Abschaffung sie seit langem fordert. Für die Versicherten bedeutet das eine Entlastung von zwei Milliarden Euro pro Jahr.
Keinen Fortschritt gab es dagegen bei der besseren Anrechnung der Kindererziehungszeiten von Müttern in der Rente; dieses Vorhaben - soll weiter geprüft werden. Die Koalition einigte sich aber darauf, die Rente von Geringverdienern aus Steuermitteln aufzustocken. Das soll jenen zugutekommen, die auch nach 40 Beitragsjahren und privater Zusatzvorsorge noch unterhalb der Grundsicherung von 688 Euro liegen. Vermutlich wird ihre Rente am Ende dann aber lediglich
10 bis 15 Euro über der Grundsicherung von 688 Euro liegen.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) erklärte vor Journalisten in Berlin, die Koalition habe mit den Beschlüssen für Familien und Geringverdiener viel erreicht. Mit Blick auf das Betreuungsgeld sagte sie, sie freue sich, dass es nach einer einjährigen Diskussion jetzt ein Ergebnis gebe.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sprach im ARD-Morgenmagazin mit Blick auf die Rente von einem Sieg der Geringverdiener.
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel nannte die Zustimmung der FDP zum Betreuungsgeld dagegen eine «Katastrophe». Andere Oppositionspolitiker sprachen von Kuhhandel und teuren Wahlgeschenken. Auf NDR Info sagte Gabriel, das Betreuungsgeld sei «gegen den Rat der Experten, gegen den Willen der Wirtschaft, gegen die Interessen der Menschen» beschlossen worden. SPD und Grüne hatten im Vorfeld angekündigt, gegen das Betreuungsgeld zu klagen.
Der Deutsche Caritasverband (DCV) begrüßte die Entscheidung der Koalition, die Praxisgebühr abzuschaffen. Für Bedürftige bedeute die Abschaffung der Gebühr eine finanzielle Entlastung, so Caritas-Präsident Peter Neher. Zugleich kritisierte er die geplante Einführung des Betreuungsgelds in der vorliegenden Form. Es benachteilige Familien, die auf Plätze in einer Kindertagesstätte angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der Familienbund der Katholiken bezeichnete die Ergebnisse für Familien als «enttäuschend». «Wenn das Betreuungsgeld als Anerkennung der Erziehungsleistung gedacht ist, muss es allen Eltern gezahlt werden», erklärte die Präsidentin des Familienbundes, Elisabeth Bußmann.