Oenipontanus
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Mār Qūrillōnā (Cyrillonas) - Mēmrā über die Kreuzigung

Zum Gründonnerstag ein Auszug aus einem Mēmrā des Mār Qūrillōnā, der vielleicht identisch ist mit einem namensgleichen Neffen des hl. Ephräm. In der deutschen Übersetzung, die ich der "Bibliothek der Kirchenväter" entnommen habe, wo sie Hw. Gustav Bickell, der Entdecker der Werke des Cyrillonas, veröffentlicht hat, schimmert noch viel von der Sprachgewalt des syro-aramäischen Originals durch.

"Das wahre Osterlamm redet voll Freude zu seinen Verzehrern und der Erstgeborene kündigte seinen Jüngern das Pascha im Speisesaale an. Unser Erlöser lud sich selbst zu seiner Aufopferung und Blutspendung ein. Sein lebenspendendes Brot war nahrhaft und wohl zubereitet und seine Ährengarbe kam in Fülle heim. Der Stoff seines Leibes war durchdrungen von dem Sauerteig seiner Gottheit. Seine Barmherzigkeit sprudelte hervor und seine Liebe wallte über, auf dass er den Seinigen zur Speise werde. Er nahm den Weizenhaufen von Zion hinweg und gab ihn der Kirche in Heiligkeit. Ein neues Gastmahl hatte er bereitet und nun lud er seine Hausgenossen zu demselben ein und rief sie herbei. Ein Festgelage bereitete er seiner Braut, um ihren Hunger zu stillen. Unser Herr opferte seinen Leib zuerst selbst und erst nachher opferten ihn die Menschen. Er presste ihn aus in den Becher der Erlösung und nachher erst presste ihn auch das Volk am Kreuze aus. Vorher opferte er als Priester sich selbst, damit jene Fremdlinge nicht das Priesteramt an ihnen ausüben sollten! Er verband die Geheimnisse wie zu einer Perlenschnur und hing sie sich um den Hals; er legte die Gleichnisse auf seine Brust wie kostbare Berylle; mit den Chalcedonen der Vorbilder schmückte er seine Menschheit und trat herzu zum Opfer. Auf das Haupt setzte er sich die Krone der glorreichen Weissagung. Er wetzte das Schlachtmesser des Gesetzes, um damit seinen eigenen Leib als Osterlamm zu schlachten. Er brachte die Völker zu seinem Gastmahl und berief die Nationen zu seinem Gelage. Die Verkünder des Evangeliums zogen hinaus, um einzuladen, laut rufend: "Seht, der König teilt seinen Leib aus, kommt, esst das Brot der Gnade! Ihr Blinden, kommt, schaut das Licht, ihr Sklaven, empfangt die Freiheit! Ihr Durstigen, kommt, trinkt das Feuer; ihr Toten, kommt, lasst euch das Leben wieder geben!" Auf Grund des Brotes, welches umsonst verteilt wird, kann kein Mensch mehr Hungers sterben. Jesaja rief gewaltig im prophetischen Eifer: "Ohne Geld und ohne Zahlung esst Brot und trinkt Wein!" Er selbst ist das Brot, welches vom Himmel herabgekommen ist, und, obgleich es nicht gesät wurde, doch auf Erden Wurzeln geschlagen hat. Er ist jenes Weizenmehl voll Reinheit, weil die Sünde keine Herrschaft über ihn besaß. In Tüchern nahm einst das Volk den ungesäuerten Teig aus Ägypten mit sich; leichenkalt war er und ohne Sauerteig. Die Synagoge nahm in Tüchern das Ungesäuerte zur Zeit Deines Paschas; aber die Kirche empfing in einem neuen Tuch den Sauerteig Gottes. Maria ist dieses Tuch und unser Herr der wahre Sauerteig. Die Wärme bezeichnet seine Unsterblichkeit, denn die Gottheit ist unsterblich. Das jüdische Volk war aber tot gleich seinem Vorbild, denn tot war ja auch sein Ungesäuertes. Das Tote ward von Toten getragen, das Ungesäuerte von seinen Zubereitern. Diesem Volke stand aber auch bevor, dass ihm um seines Ungesäuerten willen sein Erbe entzogen werden sollte. Unterdessen war der Sauerteig eingewickelt und verwahrt in dem Tuch des Schoßes Mariens; dieses Tuch war durch die Jungfräulichkeit wie mit einem Siegel verschlossen. Er kam hervor aus dem Tuch, ohne dessen Verschluss und Siegel zu lösen. Im Speisesaale verweilte er als Osterlamm, um den Teig unseres Leibes zu durchsäuern. Mit dem Sauerteig durchknetete er unseren Leib, damit wir durch ihn der Unsterblichkeit teilhaftig würden und damit das Gift der Schlange durch das Salz seiner Gottheit wirkungslos gemacht werde. Geht also, bereitet uns das Pascha auf dem Obergemach, nicht im Erdgeschoss! Denn der Erstgeborene wollte ja seine Kirche aufwärts in den Himmel führen. Das Erdgeschoss bezeichnet nämlich die Erde, und das Obergemach ist das Bild des Himmels. Deshalb verließ er das Erdgeschoss und stieg mit seinen Jüngern zum Söller hinauf, gleichwie er die Erde verließ und in unserer menschlichen Natur zu seinem Vater auffuhr.
Geordnet und zubereitet fand er das obere Gemach; denn auf ihn hatte es geharrt und war deshalb bereit. So fuhr auch Adam zum Himmel auf, wo er Thron und Glorie für sich bereit fand; denn auf ihn hatte der Himmel geharrt. Moses stieg herab und bereitete in der Tiefe ein Pascha für die Irdischen, nämlich in Ägypten, diesem Grabe der Hebräer. Unser Herr aber stieg auf zur klaren und luftigen Höhe und bereitete da sein Pascha, um uns in sein Reich zu erheben. Das Lamm wurde in Ägypten geopfert und unser Herr im Obergemach, das Lamm in der Tiefe und der Erstgeborene in der Höhe. Unser Herr führte seine Schar und ließ sich im Speisesaale nieder. Er stieg hinauf und legte sich zuerst und seine Jünger nach ihm. Da lagen sie mit ihm zu Tische und schauten ihm zu, wie er aß und verwandelt wurde. Das Lamm aß das Lamm, das Pascha verzehrte das Pascha. Er beendigte die Stiftung seines Vaters und begann seine eigene, er schloss das Gesetz ab und eröffnete den neuen Bund der Versöhnung. Wer sah je ein so wunderbares Gastmahl, zu welchem sich die Menschen niederließen mit ihrem Schöpfer? Wer sah je ein so erhabenes Gastmahl, an welchem einfache Fischer mit dem Ozean Anteil nahmen? Wer sah je ein so staunenswertes Gastmahl, an welchem die Schlange und ihr Vernichter zusammen bei Tische lagen? Wer sah je ein so unerhörtes Gastmahl, bei dem der Habicht mit den elf Tauben speiste? Wer sah je ein so wunderbares Gastmahl, wo der Maulwurf, der Sohn der Finsternis, zugleich mit dem Adler teilnahm?
O Wunder und Staunen! Merke auf, o Zuhörer, Fischer und Zöllner liegen mit ihm zu Tische, während Engel und Erzengel zitternd vor ihm stehen! Die Menschen sind Tischgenossen Gottes geworden; glückselige Apostel, welch hoher Ehre seid ihr gewürdigt worden!"

Hier findet sich der vollständige Text:
Bibliothek der Kirchenväter

Bildnachweis:
dss-syriacpatriarchate.org/syriac-arts/syriac-icons/38-the-last-supper/
Oenipontanus
@Jan Kanty Lipski
Ach ja, ich bin weder ein Novus Ordo- noch ein sonstiger Priester und habe auch nicht vor, es zu werden. Pech gehabt!
Oenipontanus
@Jan Kanty Lipski
Bei meinen Artikeln, die Übersetzungen orientalischer Texte enthalten, ist immer ein Hinweis darauf zu finden, ob ich selbst übersetzt habe oder - wenn ich keine Zeit dafür finde - wie im vorliegenden Fall eine bereits vorliegende Übersetzung übernommen habe. Letzteres war noch nie ehrenrührig, solange man seine Quelle angibt.
Ich habe übrigens Ihre früheren wissenschaftlichen …Mehr
@Jan Kanty Lipski
Bei meinen Artikeln, die Übersetzungen orientalischer Texte enthalten, ist immer ein Hinweis darauf zu finden, ob ich selbst übersetzt habe oder - wenn ich keine Zeit dafür finde - wie im vorliegenden Fall eine bereits vorliegende Übersetzung übernommen habe. Letzteres war noch nie ehrenrührig, solange man seine Quelle angibt.
Ich habe übrigens Ihre früheren wissenschaftlichen Aufsätze gelesen, soweit sie mir zugänglich sind. Schade, dass aus einem einst seriösen Theologen ein solches Wrack geworden ist, das sich immer mehr in fixe Ideen hineinsteigert und jeglichen Diskurs verweigert!
Jan Kanty Lipski
Sie sind ein Trittbrettfahrer ohne Ahnung. Sie können nur fremde Artikel posten. Dabei sind Sie ein Novus Ordo Priester mit viel Zeit, nicht wahr?