Guntherus de Thuringia
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Grundzüge des Jahwe-Glaubens

Von Herbert Vorgrimler (1929 - 2014)

[...] Es geht [...] um einige Grundzüge des Jahwe-Glaubens, die auf dem Weg über den Jahwe-Glauben Jesu zu unverlierbaren Bestandteilen der christlichen Gottesauffassung geworden sind.[...]

Bild: Schma Jisrael am Schaft vo dr groosse Knesset-Menora z Jerusalem ; Wikimedia commons CC BY-SA 3.0 ; Author: SuperJew

1. Der einzigartige Gott: Jahwe nimmt, verglichen mit anderen Göttern, insofern eine einzigartige Stellung ein, als er dem glaubenden Menschen mehr bedeuten möchte als irgendein anderer Wert: er will, daß Menschen ihn lieben, das heißt, ihn bejahen, sich an ihm orientieren, sich ihm anvertrauen und alle ihre Werte einschließlich der menschlichen Beziehungen in diese Gottesbeziehung einschließen. Das wird in dem bis heute gültigen jüdischen Glaubensbekenntnis, dem "Schemá Israel", das auch das Glaubensbekenntnis Jesu war, sehr stark emotional ausgedrückt: "Höre Israel: Jahwe, unser Gott, ist ein Jahwe. Darum sollst du Jahwe, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft" (Dtn 6,4f).

2. Der zuverlässige und unverfügbare Gott: Die Geschichte Israels ist eine Geschichte fortgesetzter Erfahrungen der Treue Jahwes, mit der gleichwohl Menschen nicht in eigener Souveränität kalkulieren können. Gott ist für die Menschen da, wo sie ihn brauchen, er ist jedoch von ihnen nicht abhängig. Er verlangt die Anerkennung der Gültigkeit seines Willens auch dort, wo dieser auf Widerstände von Menschen trifft.

3. Der befreiende und parteiische Gott: Jahwes Wille ist auf die Schaffung wahrhaft menschlicher Verhältnisse und auf die Entstehung von "Kontrastgesellschaften" zur üblichen hierarchisch-unterdrückenden Gesellschaftsgestaltung gerichtet. Von der individuellen menschlichen Beziehung bis hin zu den Beziehungen zwischen den Großgruppen soll das "Regelverhalten" außer Kraft gesetzt werden. Wo Jahwe nicht als dieser befreiende Gott respektiert wird, offenbart er sich als der im Zorn parteiische Gott der Schwachen und Unterdrückten. Zu diesem Aspekt, daß Gott ein befreiender Gott ist, gehört auch, daß seine religiösen Weisungen nicht belasten und verknechten, sondern zu Festen und Feiern befreien wollen.

4. Der liebende Gott: Jahwes Liebe wird in einer in der Religionsgeschichte einzigartigen Weise im Alten Testament mit sehr eindringlichen Worten beschrieben: sie bringen eine starke Emotionalität zum Ausdruck, ein Sich-eins-Fühlen mit dem Partner, Zärtlichkeit, personale Bindung, etwa in dem Wort "Verloben" in Hos 2,21f, Solidarität, Erbarmen. Diese Ausdrücke sind insgesamt viel reicher als das abgegriffene Wort "Gnade". Jahwes Liebe wird auch mit psychologisch wichtigen Bildern dargestellt: Jahwe als großer Vogel, der die Jungen beschützt (Dtn 32,10-14), als Hirt (Ps 23), als Mutter (Hos 11; Jes 49,14f; 66,13). Jahwes Herz ist mütterlich und väterlich zugleich.

Bedeutungsam für das Thema der Liebe Jahwes ist, daß das Alte Testament eine Entwicklung bezeugt, die zum Teil einen Wandel der Erfahrungen auf menschlicher Seite wiedergibt, zum Teil aber auch Konflikte, Ängste und Veränderung in Jahwe selbst nahelegt.[...] Der Gott der Vorväterreligion war ein kriegerischer Gott (Ex 15,3). Die veränderte Erfahrung besagt, daß Jahwe zwar weiterhin kämpferisch seinen Willen, insbesondere zugunsten der Rechtlosen, zur Geltung bringt, ihn aber nicht im Kriegsgeschehen offenbart; daß sein Wille vielmehr darin besteht, daß Schwerter zu Pflugscharen und Lanzen zu Winzermessern umgeschmiedet werden (Jes 2). Ein Wandel in Jahwe selber wird dort ausgesprochen, wo Jahwes Offenbarungswort besagt, daß Gott in "liebender Selbstbeherrschung" seinen eigenen Zorn besiegt hat (Hos 11,8f). Gott ist inkonsequent, er kann seinen eigenen Plan ändern, tut dies aber immer zum Guten hin: er übt Geduld und Schonung, wird aber nicht "berechenbar".

5. Der den Menschen ehrende Gott: Die Gottesoffenbarung dient nicht dazu, die Rätsel der Welt oder die Probleme menschlicher Sinnfragen aufzuhellen. Das bedeutet, daß Menschen die Verantwortung für eine positive Bewältigung der Welt haben, womit auch gesagt ist, daß sie sich nicht von Gott Hilfe versprechen dürfen – auch nicht Hilfe in Form einer Welterklärung -, wo Gott diese Hilfe nicht leisten kann. Sie werden ermutigt, von ihrem Verstand Gebrauch zu machen; sie werden nicht an einen blinden Glauben verwiesen. Aber nicht alles Mißlingen innerhalb der Schöpfung und Geschichte ist auf das Versagen der Menschen zurückzuführen. In vielem bleibt die Frage "Warum", die an niemand anderen als an Gott zu richten ist. Auch hier fordert das Alte Testament nicht demütige Unterwerfung der Menschen unter einen undurchsichtigen Willen Gottes. Es sieht Jahwe oft in der Position des Angeklagten. Jahwe ist der Adressat von Klagen, ja von Beschimpfungen. Gott gegenüber bestehen keine Frage- und Sprachverbote, es gibt keine Angst vor ewigen Nachteilen und darum Verdrängungen. Die Anklage wird zur Herausforderung an Jahwe, sich am Tag der Vollendung zu rechtfertigen. So kommt das Verhältnis zu Jahwe aus der Banalität heraus; die Menschen werden in diesem Gottesverhältnis nicht entehrt.

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Herbert Vorgrimler: Theologische Gotteslehre, (c) Patmos Verlag 1985, Düsseldorf 2002, S, 54-56.

"Herbert Vorgrimler [...] war Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Münster/Westfalen. Er ist durch zahlreiche Publikationen zu Themen der Systematischen Theologie bekannt geworden." (op. cit., Rückdeckel)
Guntherus de Thuringia
Girolamo Savonarola
Da outet sich ein Bruder (mit oder ohne Schurz ist belanglos) zu einem andere (oder ist nur naiv oder dumm). Tatsache ist, er stützt offensichtlich so wie einst Kardinal König die Parteinahme Vorgrimmlers für die Freimaurerei ( SIEHE DAZU AUCH
), Ein Werk, gespickt mit häufigen Angriffen gegen die kirchliche Position. Es trägt den Titel
„Kirche und Freimaurer im Dialog“. Als Verfasser dieses …Mehr
Da outet sich ein Bruder (mit oder ohne Schurz ist belanglos) zu einem andere (oder ist nur naiv oder dumm). Tatsache ist, er stützt offensichtlich so wie einst Kardinal König die Parteinahme Vorgrimmlers für die Freimaurerei ( SIEHE DAZU AUCH

), Ein Werk, gespickt mit häufigen Angriffen gegen die kirchliche Position. Es trägt den Titel
„Kirche und Freimaurer im Dialog“. Als Verfasser dieses Lobgesangs auf die Freimaurerei fungieren der Theologe Herbert Vorgrimler, der die Freimaurer

freundlich als „getrennte Brüder“ bezeichnet (man glaubte bislang, dieser Begriff gelte den evangelischen Christen) – sowie der Redakteur Rolf Appel, eigenen Angaben zufolge Freimaurer seit 1948, danach mit hochrangigen Funktionen bekleidet (Mitglied des Senats der Vereinigten Großlogen von Deutschland).
Guntherus de Thuringia
Dieses Buchkapitel ist keine dogmatische Darlegung. Hier werden Ergebnisse bibeltheologischer Forschung zusammengefasst. Vorgrimler stützt sich dabei nach eigenen Angaben insbesondere auf Erich Zenger, "Wie spricht das Alte Testament von Gott?" (in: Heinrich Fries u.a., "Möglichkeiten des Redens über Gott"); und Joachim Jeremias, "Die Reue Gottes, Aspekte alttestamentlicher Gottesvorstellung". …Mehr
Dieses Buchkapitel ist keine dogmatische Darlegung. Hier werden Ergebnisse bibeltheologischer Forschung zusammengefasst. Vorgrimler stützt sich dabei nach eigenen Angaben insbesondere auf Erich Zenger, "Wie spricht das Alte Testament von Gott?" (in: Heinrich Fries u.a., "Möglichkeiten des Redens über Gott"); und Joachim Jeremias, "Die Reue Gottes, Aspekte alttestamentlicher Gottesvorstellung". @Knechtsgestalt 70
Oenipontanus
@Knechtsgestalt 70
Alle theologischen Fächer sollten "einander lustvoll befehden", da andernfalls jedes einzelne davon im Fachidiotentum versinkt und keiner mehr die Verbindungslinien zwischen den Fächern sieht. Leider ist genau dies sehr häufig der Fall.