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ICH GLAUBE Predigtreihe über den Glauben: DER EINE GOTT 9. Predigt von Kaplan A. Betschart Teil 1

"Unser Glaube gleicht einer Blume, die wir Gott schenken."

Wir wollen heute mit unserer Predigtreihe über den Glauben fortfahren und kommen zum fundamentalen Satz:

“ICH GLAUBE AN GOTT.”

Um das Predigtthema deutlich zu umreissen, fügen wir hinzu:

“Ich glaube an den einen Gott.”

D
azu lehrt uns die katholische Kirche:

“Mit diesen Worten beginnt das Credo von Nizäa-Konstantinopel. Das Bekenntnis der Einzigkeit Gottes, das in der göttlichen Offenbarung des Alten Bundes wurzelt, lässt sich vom Bekenntnis des Daseins Gottes nicht trennen und ist ebenso grundlegend. Gott ist der Eine; es gibt nur einen Gott. ‘Der christliche Glaube hält fest und bekennt ... dass Gott nach Natur, Substanz und Wesen Einer ist’ [Catech. R. 1,2,2.]” (KKK Nr. 200).

Heute, im Zeitalter einer weltweit organisierten und kämpferischen Gottlosigkeit, ist es nicht mehr selbstverständlich, an Gott zu glauben. Und doch, so paradox es klingen mag, ist nicht die kämpferische Gottlosigkeit die grösste Bedrohung für den Gottesglauben. Beispiele beweisen, dass der Kommunismus durch seine idiotischen Anstrengungen, den Glauben an Gott zu zerstören, bei vielen Menschen geradezu die Sehnsucht nach einem allmächtigen und gütigen Gott geweckt oder zu neuem Leben entfacht hatte, selbst bei einer völlig gottlos erzogenen Jugend.
Eine viel subtilere und daher bedrohlichere Form der Gefährdung des Glaubens an Gott erwächst diesem Glauben aus den Reihen der Christen selbst. Es ist noch gar nicht lange her, dass eine bestimmte theologische Fachliteratur voll war von der sogenannten “Abwesenheit Gottes”. Und christliche Theologen erfanden bei uns als “ihrer Weisheit letzten Schluss die absolute Gotteslästerung”, wie I. F. Görres sagt, “von keinem Juden oder Moslem oder Heiden vollziehbar”, eine Gotteslästerung, “die man ... nur mit körperlichem Widerstreben zitieren kann: ‘Gott ist tot’.” Aber selbst katholische Buchhandlungen machten gute Geschäfte mit dieser Art von Büchern.

Von der Nähe Gottes

Es ist bekannt, dass viele Menschen das leugnen, was sie fürchten. Die Psychologie nennt diesen Vorgang “Verdrängung”. Dies kann auch Gott gegenüber geschehen, weil ER für viele Menschen, auch für Christen, zu nahe und Seine Anwesenheit zu beklemmend ist. Denn Gott ist nicht nur da: ER ist uns der Allernächste.
Im Psalm 138 wird diese Nähe Gottes zu uns geschildert, aber nicht als beängstigende Beklemmung, sondern als ein unfassbares Wunder und Geheimnis. Es heisst:

“Herr, Du erforschest und kennst mich; ob ich sitze oder stehe: Du weisst es. Du verstehst mein Sinnen von ferne; ob ich gehe oder ruhe: Du kennst es. Mit all meinen Wegen bist Du vertraut ... Von rückwärts und von vorn umschliessest Du mich und legst Deine Hand auf mich. Zu wunderbar ist mir dies Wissen, zu hoch, ich kann es nicht fassen. Wohin könnt’ ich vor Deinem Geiste gehen? Und wohin vor Deinem Antlitz fliehen? Stieg’ ich zum Himmel, so bist Du da. Nähm’ ich die Flügel der Morgenröte und liesse mich am fernsten Meere nieder: so wird auch dort Deine Hand mich führen und Deine Rechte mich fassen. Und spräch ich: Die Finsternis soll mich bedecken, die Nacht statt des Lichtes um mich sein, so wär’ auch die Finsternis vor Dir nicht finster und die Nacht wie heller Tag” (Ps 138, 1-2.4-12).

Von dieser Haltung des Staunens und der Ehrfurcht muss unser Glaube an Gott erfüllt sein, und nicht von stolzer und hochmütiger Arroganz, die Zeichen eines kranken religiösen Lebens sind.

Wer ist Gott?

Wenn wir nun im folgenden versuchen, über Gott nachzudenken und zu sprechen, so wollen wir immer vor Augen haben, was das 4. Laterankonzil (1215) über das Wesen Gottes sagte, dass es “unfassbar” und “unaussprechlich” sei (DS 800). Und der hl. Augustinus bekennt:

“Wahrer als unser Sprechen von Gott ist unser Denken über IHN, wahrer als unser Denken ist sein Sein.”

Das Alte Testament über Gott

Weniges nur hat Gott von sich Selbst geoffenbart; soviel, als nach Seinem Willen und Ermessen für uns genügend war. Aber einmal hat Er besonders deutlich von Seinem Wesen gesprochen, als Ihn der junge Moses, den Gott zur Befreiung des israelitischen Volkes berufen hatte, vor dem brennenden Dornbusch fragte:

“Wenn ich nun zu den Kindern Israels komme und zu ihnen spreche: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt, und sie mich dann fragen werden: Wie heisst er? Was soll ich ihnen dann antworten?” Gott entgegnete Moses darauf: “ICH BIN DER ICH-BIN” (Ex 3,13).

Das ist die Übersetzung des Gottesnamens “JAHWE”. Es ist der Name für Den, Der ganz aus Sich Selber lebt und existiert, Der die Ursache des Seins in Sich Selber, in Seinem eigenen Wesen besitzt. Damit überragt Er alles Geschaffene unendlich.
Weiter besagt dieser Name, dass Gott ewig ist, das heisst ohne Anfang und Ende. Gott ist auch allwissend: Er kennt, was war, was ist und was sein wird. Er weiss z. B.
um jedes fallende Blatt in den riesigen Urwäldern des Amazonasgebietes.
Weiter lehrt uns das Alte Testament, dass Gott unermesslich ist. So heisst es im Tempelweihegebet des Königs Salomon:

“Siehe, der Himmel und die Himmel der Himmel können Dich nicht fassen; um wieviel weniger dieses Haus, das ich erbaut habe” (3 Kg 8, 27).

Gott ist aber auch die unermessliche Vollkommenheit, Heiligkeit, Einfachheit und Einzigkeit. Er ist die Wahrheit, Unveränderlichkeit, Güte und Liebe. Seit Gott dem Moses geantwortet hat: “ICH BIN DER ICH-BIN”, seitdem mussten in Israel die Götzen verstummen, sie wurden zu nichts.

“Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist Herr allein!” (Dt 6,4)

So haben es sich die Söhne jenes Volkes, das Gott sich auserwählt hatte, einander zugerufen, angefangen von der ersten Verbannung bis zu den Verbannungen unserer Zeit: Gott ist Herr allein!
Wenn man das Alte Testament liest und darin Gott begegnet, drängt sich die Frage auf, was in der Geschichte des Volkes Gottes stärker war: die Furcht vor Gottes Gegenwart oder die staunende und bewundernde Anbetung Seiner Herrlichkeit und Majestät. Das Entscheidende des Alten Testamentes besteht darin, dass es ein Selbstzeugnis Gottes ist, durch das Er uns Seine absolute Einzigkeit, Sein ewiges Sein, Seine Vollkommenheit offenbart. Aber auch Seine Liebe leuchtet auf bei aller Strenge und furchterregenden Grösse. Wenn Er züchtigt, dann züchtigt Er aus Liebe. Mit ewiger Liebe liebt Er Sein Volk, und Seine Treue ist stärker als der Tod. Ja selbst wenn die Sünden des Volkes so rot sind wie Scharlach, Er wird sie weisser waschen als Schnee. Seine Liebe ist grösser als die einer Mutter. Mit einem der schönsten Worte Gottes aus dem Alten Testament wollen wir schliessen:

“Vergisst wohl eine Mutter ihres Kindes, erbarmt sie sich nicht ihres eigenen Sohnes? Und wenn sie es vergässe, Ich vergesse dich nicht! Siehe, Ich habe dich in Meine Hand geschrieben” (Is 49,15 f.).