Heilung eines Krüppels auf die Fürbitte des hl. Aloysius

Benedikt XIV. schreibt in De beatificat. IV, 1. c. XI, nr. 14: Die Ärzte Vinzentius Temonius und Jacobus Minutulus antworteten den Auditoren der Rota als Gutachter, als es sich um die Wunder des hl. Aloysius von Gonzaga handelte, und zwar um eines, das an einem von Geburt an gekrümmten Manne geschah, der achtzehn Jahre auf Händen und Füßen in der Art eines Frosches auf dem Boden gekrochen war und nach einem Gelübde der Mutter zu Ehren des Seligen auf seinen Füßen sich aufrichtete und wie andere Menschen zu gehen anfing, dies sei als Wunder anzusehen. Denn wenn dies Gebrechen vielleicht auch ärztlich im kindlichen Alter hätte behoben werden können, so sei das aber auf natürliche Weise unmöglich, wenn die Sehnen von Geburt an achtzehn Jahre zusammengezogen und verhärtet gewesen seien, und dies um so weniger, als die Heilung in einem Augenblick geschah und ohne Anwendung von Medikamenten. – Ich suchte dann nach diesem Wunder und fand die Stellungnahme der beiden Ärzte (die des dritten ist S. 46 schon angegeben) und eine Darstellung des Falles in 27 Zeilen in dem Summarium R. P. D. Fidei Promotori et Postulatoribus commune (Causa Canonizationis B. Aloysii Gonzagae S. J., Romae 1721, S. 241 f.). Hier waren auch die Seitenzahlen für die Zeugenaussagen in den ungedruckten Prozeßakten angegeben (Blatt 81–84), die dann nach dem Archivexemplar der Generalpostulation der Jesuiten fotokopiert werden konnten. P. Arturo da Carmignano, Archivar O.F.M.Cap. in Venedig und Verfasser einer mehrbändigen Biographie des hl. Laurentius von Brindisi, hatte dann die Güte, mir die Fotokopien abzuschreiben. –

Der Text ist entnommen dem im Veltlin (Alpental der Adda) geführten Prozeß, die anderen Prozesse sind in Rom, Florenz und Castiglione geführt.


Verhandelt am 8. September 1613 in dem Orte Buffetto, im Kaminzimmer des Pfarrhofes dieses Ortes, vor dem obenbezeichneten Herrn Delegierten, Erzpriester Peranda, sowie vor dem edlen Herrn Nikolaus, Sohn des verstorbenen edlen Herrn Johannes Paulus Platius von Ponte, der in diesem Bezirk Stellvertreter ist des erlauchten Herrn Obersten Magistraten des Veltlin, delegiert usw., wie aus seiner durch den Herrn Notar Johannes Andreas Ligurius erbetenen Bestellung hervorgeht usw. Die Genannten, die den Verhandlungsraum als geeignet usw. ausgewählt usw. hatten, führten den Vorsitz.

Es erschien Dominika, Tochter des verstorbenen Matthäus della Pasina in Buffetto, Frau des verstorbenen Gregor von Valbona, 50 Jahre alt oder ungefähr so alt. Die Zeugin ist benannt und bestellt durch den öffentlichen Boten Michael Bertino, wie der Bote selbst mir, dem Notar, berichtet hat. Sie wurde vereidigt usw., nachdem ihr vorher die Schwere eines Meineides erklärt worden war.

Frage: Für was haltet Ihr den sel. Aloysius?

Antwort: Ich halte ihn für einen großen Fürsprecher bei Gott.

Auf die Frage, aus welchem Grunde sie so denke und woher sie das habe, antwortete sie: Wegen einer großen Gnade, die ich auf seine Fürbitte hin empfangen habe. Ich habe nämlich einen Sohn mit Namen Lorenz, der ist von kleinauf verkrüppelt gewesen. Er war niemals in seinem Leben gegangen, wie die anderen Menschen, sondern immer nur wie die Tiere auf allen Vieren. Er kroch nämlich mit den Armen und Füßen auf dem Boden, er konnte niemals auf seinen Füßen stehen, noch sich auf ihnen halten. Und das war so bei ihm bis zum Alter von 18 Jahren. Damals entschloß ich mich, weil ich so viele Wunder des genannten Seligen sah, zu seiner Fürbitte meine Zuflucht zu nehmen. So betete ich zu ihm und besuchte seine Kirche in Sazzo. Vier Tage nach meinem Gelöbnis erfuhr ich, daß mein genannter Sohn sich aufgerichtet habe und auf seinen Füßen mit zwei Stöcken gehe, wie es auch andere tun. Ich fand, daß dies völlig wahr sei, und bis heute geht er in solcher Weise. Und das werden bis heute drei Jahre sein.

Frage: Wer hat Euch diese Neuigkeit gebracht?

Antwort: Herr Marco degli Alessandro, Gastwirt in Buffetto, bei dem ich auf einem Felde arbeitete, brachte mir die Neuigkeit auf das Feld, da ich während dieser vier Tage nicht in meinem Hause gewesen war, sondern in dem des genannten Herrn Marco.

Frage: Glaubt Ihr, daß dies durch keine andere Ursache usw. geschehen ist?

Antwort: Dies kann durch nichts anderes als durch die Fürbitte dieses Seligen geschehen sein, denn ich habe niemals irgendein Heilmittel angewandt, und die Krankheit war unheilbar.

Auf die Frage nach weiteren Zeugen antwortete sie: Die ganze Gegend weiß es, und insbesondere der hochwürdige Herr Priester Antonio de Bonfandini, Pfarrer von Buffetto. Dieser wunderte sich über das Geschehnis und suchte bei mir den Grund zu erfahren. Ich sagte ihm, daß ich dem Seligen etwas versprochen hatte und die Gnade empfangen habe.

Gefragt, ob sich die Sache so verhalte, wie sie behauptet habe, antwortete sie: Ja, mein Herr, niemals werde ich in einer solchen Sache als Lügnerin befunden werden.

Was den Leumund usw. angeht, so ist die Zeugin in Ordnung, sie hat noch vor zwei Wochen gebeichtet und kommuniziert, sie ist nicht aufgeregt, hat von niemand Instruktionen für ihre Aussage bekommen, und hat sich von nichts anderem als von der Wahrheit selbst in ihrer Aussage leiten lassen. Ich, der unterzeichnete Notar, habe auf Wunsch der Zeugin, die nicht schreiben kann, zur Beglaubigung unterschrieben.

Ich, der Richter Prosper, habe zur Beglaubigung unterschrieben. Und auf Wunsch der Vorgenannten habe ich, der untengenannte Notar, unterschrieben. – –

8. Februar 1613. Am gleichen Ort erschien anschließend vor demselben usw. wie oben

der hochwürdige Herr Priester Petrus Antonius de Bonfadinis, Pfarrer des genannten Ortes Buffetto, als benannter Zeuge und bestellt durch den obengenannten Boten, wie der Bote selbst es mir, dem Notar, berichtet hat. Der Zeuge, 45 Jahre alt, schwur in der Weise der Priester usw.

Frage: Was denken Ew. Hochwürden über den sel. Aloysius?

Antwort: Ich halte ihn für einen großen Heiligen im Himmel.

Auf die Frage, aus welchem Grunde er so denke und woher er darüber wisse, antwortete er: Wegen der großen Gnadenerweise, die sowohl meine Gläubigen wie auch andere unaufhörlich durch die Fürbitte dieses Seligen empfangen, und vor allem wegen eines ausgesprochenen Wunders, das ich bei dem stummen[1] Sohne der Dominika della Pasina gesehen habe. Diesen habe ich bis zu seinen 18 Jahren immer nur auf dem Boden auf allen Vieren gehen gesehen wie eine Kröte. Niemals habe ich ihn gesehen, daß er aufrecht auf seinen Füßen ging wie die anderen. Er konnte sich vielmehr auf ihnen in keiner Weise halten, bis vor drei Jahren. Seit dieser Zeit habe ich ihn allein gehen gesehen mit zwei Stöcken in der Hand, wie ihn jeder sehen kann. Voll Staunen darüber fragte ich seine Mutter, wie es käme, daß ihr Sohn mit einem Male auf seinen Füßen gehen könne. Sie antwortete mir, sie habe dem sel. Aloysius ein Gelübde gemacht und ihm verdanke sie diese große Wohltat.

Gefragt, ob es sich in Wahrheit so verhalte, antwortete er: Es ist so, wie ich gesagt habe, und die Gemeinde kann es bezeugen.

Gefragt, ob das nicht auch durch irgendein Heilmittel usw. gekommen sein könne, so daß der Fall dann kein Wunder sei, antwortete er: Ich halte ihn für ein Wunder.

Was den Leumund usw. angeht, so ist der Zeuge in Ordnung, und er hat heute morgen zelebriert. Er hat auch von niemand Instruktionen bekommen, er ist nur von der Wahrheit geleitet usw., nicht aufgeregt usw.

Ich, Priester Pietr’Antonio, bestätige Obengesagtes usw. mit meiner Unterschrift.

Ich, Richter Prosper Peranda, wie oben, habe zur Beglaubigung unterschrieben. – –

Und auf Wunsch der Vorgenannten habe ich, der untengenannte Notar, unterschrieben.

Verhandelt am 9. Februar 1613 vor den Obengenannten im Hause des Herrn Johannes Jakobus Quadrius von Ponte, Gastwirt von Clurium.

Es erschien der genannte Markus, Sohn des verstorbenen Meisters Martin Bonfandini de Alexandris in Buffetto, als Zeuge vorgeführt und bestellt durch den obengenannten Diener von Buffetto, wie der Bote selbst mir, dem Notar, berichtet hat. Er wurde vereidigt usw. und zuvor ermahnt bezüglich der Schwere eines Meineids.

Frage: Für was haltet Ihr den sel. Aloysius?

Antwort: Ich halte ihn für einen großen Seligen, und wer ihn verehrt und bittet, der erhält sehr große Gnaden.

Gefragt, woher er das wisse und warum, antwortete er: Wegen der großen Gnaden, welche seine Verehrer unaufhörlich auf die Fürbitte dieses Seligen empfangen. Aber insbesondere wegen eines Wunders, das ich bei einem gewissen Lorenz gefunden habe, dem Sohne Dominikas della Pesina in Buffetto. Es handelt sich um folgendes: Diese arme Frau beklagte sich über den elenden Zustand dieses ihres Sohnes. Der war nämlich völlig verkrüppelt und ging, wie die Frösche tun. Niemals habe ich ihn sich auf seinen Füßen halten gesehen. Ich sagte ihr, sie müsse ihre Zuflucht zu dem Seligen nehmen, von dem so viele große Hilfe erfahren hätten. Diese tat, wie ich ihr sagte, und ging, wie sie mir nachher sagte, zur Kirche, betete dort ein wenig und gab ein Almosen, so gut sie konnte. Und zwei oder drei Tage, nachdem sie ihr Versprechen gemacht hatte, wie sie mir sagte, sah ich selbst den Jungen auf seinen Füßen gehen, wie die anderen gehen, jedoch mit zwei Stöcken, während er vorher auf dem Boden gekrochen war von Kindheit an, oder richtiger, von der Geburt an, bis hin zu seinen 18 Jahren. Ich selbst brachte ihr die Neuigkeit auf ein Feld, auf dem sie für mich arbeitete. Und sie fing an, Gott und den Seligen zu preisen, von dem sie eine so beachtliche Gnade erlangt hatte. Und hiervon kann der ganze Ort Buffetto Zeugnis ablegen.

Frage: Kann es nicht sein, daß diese Wirkung durch eine andere Ursache geschehen ist, ein Heilmittel, durch eine natürliche Ursache oder eine zufällige, so daß dies Geschehen kein Wunder ist?

Antwort: Wie kann so etwas durch ein menschliches Mittel geschehen, wenn er so geboren ist? Dieses geschah allein durch göttliche Hilfe, man kann es nichts anderem zuschreiben.

Auf die Frage nach weiteren Zeugen antwortete er: Die ganze Bevölkerung weiß es.

Gefragt, ob er noch etwas hinzuzufügen habe, sagte er aus: Ich bin Gastwirt, und meine Wirtschaft ist so gelegen, daß fast alle, die diese Wallfahrt machen, bei mir vorbeikommen, und fast jeder sagt, er habe große Gnaden empfangen.

Gefragt, ob die Sache sich so verhalte, antwortete er: Es ist so, wie ich gesagt habe, und alle wissen das.

Gefragt nach der Zeit des Wunders, antwortete er: Es werden etwa drei Jahre her sein.

Was den Leumund usw. angeht, so ist alles in Ordnung, er ist etwa 40 Jahre alt, hat letzte Ostern gebeichtet und kommuniziert, er ist nicht aufgeregt usw., von keiner Seite instruiert usw., einzig bewegt usw.

Ich, der unterzeichnete Notar, habe für den oben bezeichneten Zeugen, der nicht schreiben kann, auf dessen Verlangen zur Beglaubigung unterschrieben.

Ich, Richter Prosper, wie oben, habe zur Beglaubigung unterschrieben.

[1] Spastisch Gelähmte, die gewöhnlich vorgeburtlich geschädigt sind, können nicht selten wohl Laute ausstoßen, aber keine Worte hervorbringen.

Aus: Wilhelm Schamoni, Wunder sind Tatsachen. Eine Dokumentation aus Heiligsprechungsakten, 2. Auflage, Würzburg/Stein am Rhein/Linz 1976, S. 51-55. Abdruck je einzelner Dokumentationen bei Quellenangabe gestattet.
pater pauperum teilt das
189