Talk zur Europawahl: Lars Klingbeil bezeichnet AfD als "Nazis", Weidel empört

Natascha Wittmann

"Sie haben mich und die Partei gerade als Nazis bezeichnet?" AfD-Chefin Alice Weidel und SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil gerieten beim ntv-Wahl-Talk zur Europawahl aneinander. (Bild: ntv)

Bei der Europawahl wurde der Ampel-Regierung ein mächtiger Denkzettel verpasst. Am Sonntag wetterte SPD-Chef Lars Klingbeil während der ntv-"Runde der Parteichefs" gegen AfD-Chefin Alice Weidel. Dabei bezeichnete er sie und ihre Parteikollegen als "Nazis".

Am Wahlsonntag blickten bei der ntv-"Runde der Parteichefs" führende Politiker wie Friedrich Merz (CDU), Lars Klingbeil (SPD), Omid Nouripour (Grüne), Christian Lindner (FDP), Alice Weidel (AfD) und Sahra Wagenknecht (BSW) auf die aktuellen Ergebnisse der Europawahl. In der Analyse der Ergebnisse spielte vor allem der anhaltende Krieg in der Ukraine eine tragende Rolle. Die sechs Parteichefs lieferten sich eine hitzige Diskussion, weil vor allem Wagenknecht und Weidel einen völlig anderen Kurs vertraten als Nouripour, Lindner, Merz und Klingbeil.

"Ist vielen Deutschen dieser Krieg zu teuer?", wollte ntv-Moderator Nikolaus Blome in dem Zusammenhang wissen. FDP-Chef Lindner gab offen zu: "Natürlich ist das eine große finanzielle Kraftanstrengung." Der Bundesfinanzminister erklärte weiter, dass es sich mittlerweile um einen zweistelligen Milliarden-Betrag handle. Eine Summe, die Lindner jedoch verteidigte, denn: "In der Ukraine wird die Friedens- und Freiheitsordnung Europas insgesamt verteidigt."

Wagenknecht: "Man sollte schon mal die Prioritäten überdenken"

Sahra Wagenknecht sah das anders. Sie forderte streng: "Man sollte schon mal die Prioritäten überdenken." Die Chefin des "Bündnis Sahra Wagenknecht" ergänzte: "Wir sind in Beträgen von über 20 Milliarden. Und da sind die Hilfen für die Flüchtlinge noch gar nicht drinnen!" Für Wagenknecht gehe es aber längst nicht nur um die Frage des Geldes, sondern auch um konkrete Lösungsansätze, den Krieg zu beenden. "Mit immer mehr Waffen beenden wir das Sterben nicht", so die Politikerin.

Dem widersprach CDU-Chef Friedrich Merz vehement. Er stellte klar, dass nur Wladimir Putin den Krieg in der Ukraine beenden könne. "Da liegt der Schlüssel zur Lösung des Problems. Wir sind nicht Kriegspartei und wir werden es auch nicht", so Merz. Omid Nouripour nickte zustimmend: "Wenn Russland mit dem Krieg aufhört, ist er vorbei. Wenn die Ukraine die Waffen niederlegt, ist die Ukraine verloren."

Sahra Wagenknecht (BSW) und Omid Nouripour (Grüne) stritten heftig über die Unterstützung für die Ukraine im Kampf gegen Russland. (Bild: ntv)

Weidel: "Die Ukraine kann diesen Krieg nicht gewinnen"

Eine Argumentation, die bei Alice Weidel für Kopfschütteln sorgte. Sie forderte einen Dialog mit Putin und kritisierte, dass die Debatte mittlerweile "viel zu polarisiert und verkürzt" dargestellt werde. "Wir müssen wirklich mal ernsthaft über die Lage dort reden. Es wird extrem gefährlich für Kontinentaleuropa. (...) Die Ukraine kann diesen Krieg nicht gewinnen, also warum sollten wir das Sterben verlängern?", fragte Weidel in die Runde.

Die AfD-Chefin ergänzte wütend, dass sie es "für nicht angemessen" halte, "dass wir eine Seite dämonisieren und die andere hochjubeln. (...) Der Konflikt hat doch eine jahrzehntelange Geschichte." Nikolaus Blome stellte daraufhin klar, dass der Startpunkt des Krieges nicht in der Ukraine, "sondern in Russland" zu suchen sei. Auch Lars Klingbeil warnte vor einem zu laschen Umgang mit Putin, denn: "Wenn man Putin nicht in die Schranken weist, dann wird er weitermachen."

Christian Lindner reagierte fassungslos auf Aussagen von Sahra Wagenknecht (Symbolbild: Reuters)

Aus diesem Grund sei für den SPD-Chef klar, dass die Waffenlieferungen an die Ukraine "konsequent" weitergehen müssen. Daraufhin platzte es aus Sahra Wagenknecht heraus, dass der Glaube, den Krieg mit Waffen zu gewinnen "einfach ein Märchen" sei. Sie erklärte, dass es bereits "Signale aus dem Kreml" gebeben habe, "dass man zu einem Waffenstillstand bereit ist". "Warum geht man darauf nicht ein? (...) Das ist einfach der einzige realistische Weg, dass die Waffen schweigen und der Krieg nicht zu uns kommt", so Wagenknecht energisch.

Christian Lindner konterte fassungslos, dass über die Bedingungen des Kriegsendes jedoch nicht im Kreml, sondern "nur in Kiew entschieden werden" könne. "Alles andere wäre doch ein fatales Signal an die Polen und Tschechen", so der FDP-Politiker. Er fügte hinzu: "Ich glaube nicht, dass Putin Deutschland angreifen will. Ich bin überzeugt, er will die Europäische Union und er will die NATO spalten."

Nikolaus Blome besprach mit den Parteichefs Alice Weidel, Lars Klingbeil, Sahra Wagenknecht, Omid Nouripour, Friedrich Merz und Christian Lindner die Ergebnisse der Europawahl. (Bild: ntv)

"Die Ampel-Parteien sind ganz schön gerupft worden"

Als Weidel und Wagenknecht während der Ukraine-Debatte immer wieder ähnliche Argumente nutzten, stellte Nikolaus Blome fest, dass "die beiden Gewinnerinnen" des Wahlabends offenbar auch in der Sendung "die Allianz des Abends" seien. Ein Fakt, der Friedrich Merz überhaupt nicht gefiel. Er erklärte, dass er "einmal mehr fassungslos" über "die Geschichtsvergessenheit" von Weidel und Wagenknecht sei. Laut Merz betreffe der Krieg in der Ukraine auch Deutschland "unmittelbar". Daher warnte der CDU-Mann: "Wir haben hier etwas zu verteidigen und da steht die Ukraine im Augenblick für viele - auch für uns. Und das werden wir fortsetzen, solange Putin diesen Angriff auf uns vorsetzt." Gleichzeitig stichelte Merz gegen Blome, indem er klarstellte, dass "die CDU" der deutliche Wahlsieger sei.

"Wir haben diese Wahl mit riesigem Abstand vor allen anderen Parteien gewonnen. (...) Diese Wahl war zunächst einmal eine Europawahl", so Merz, der sagte, dass seine Partei "allen Grund" habe, "mit diesem Wahlergebnis zufrieden zu sein". Anders dürfte es für FDP, SPD und Grüne aussehen, wie Nikolaus Blome nüchtern feststellte: "Die Ampel-Parteien sind ganz schön gerupft worden."

Friedrich Merz betonte immer wieder, dass die Union Wahlsieger sei (Bild: Reuters)

Die AfD konnte einen starken Zuwachs verbuchen, das BSW schaffte ein sehr gutes Ergebnis aus dem Stegreif. Alice Weidel sah sich in ihrer politischen Richtung bestätigt und wetterte gegen die Grünen: "Das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz, Anm. d. Red.) gehört abgeschafft!" Weidel weiter: "Sie können ein Industrieland wie Deutschland nicht mit Flatterstrom (...) betreiben." Dagegen konterte Lars Klingbeil, dass das Heizungsgesetz zwar "zu schnell" über den Zaun gebrochen wurde, dies heiße jedoch "an keiner Stelle", dass beim Klimaschutz "eine Vollbremsung" getätigt werden müsse.

Nouripour: "Wenn die AfD noch stärker wird, wird sich Deutschland nicht von der AfD erholen"

Auch das Thema Migration sorgte bei der ntv-"Runde der Parteichefs" für erhitzte Gemüter. Als Blome fragte, ob der Messer-Mord an dem jungen Polizisten in Mannheim "die Wahl mit entschieden" habe, reagierte Lars Klingbeil vorsichtig: "Das, was in Mannheim passiert ist, hat natürlich in den letzten Tagen nochmal für Verunsicherung gesorgt." Er finde es jedoch "unanständig", wenn jetzt mit diesem Mord "Wahlkampf gemacht" werde.

Ein Vorwurf, den Alice Weidel von sich wies und stattdessen die verfehlte Migrationspolitik der Ampel kritisierte: "Es ist festzuhalten, dass Deutschland sich einen völlig unverantwortlichen Kurs in der Migrationspolitik leistet." Während Klingbeil anmerkte, dass er durchaus für Abschiebungen nach Afghanistan sei und die Politik das Thema jetzt anpacken werde, warnte Friedrich Merz, dass die Wahrnehmung der Bevölkerung nach wie vor sei, "dass wir ein ungelöstes Problem haben". "Sie sind diejenigen, die heute eine Botschaft bekommen haben", so Merz zu den Vertretern der Ampel-Regierung.

Nikolaus Blome wollte abschließend wissen, ob das Ergebnis der Europawahl auch ein Indiz für die kommende Bundestagswahl sein könnte. Alice Weidel nickte: "Ich glaube, dass sich ein Trend abzeichnet, der noch beschleunigt wird." Weidel weiter: "Ich glaube, dass sich die Grünen nie wieder davon erholen werden."

Klingbeil bezeichnet AfD als "Nazis"

Lars Klingbeil konnte dem nicht zu stimmen. Er äußerte stattdessen seine Hoffnung, dass viele Menschen nach der Europawahl wachgerüttelt werden und sich dafür einsetzen würden, dass "Nazis" in Zukunft keine weiteren Wahlerfolge feiern werden.

"Wen meinen Sie jetzt damit?", fragte daraufhin Alice Weidel. Klingbeil gab unumwunden zu, dass er die AfD meine. Weidel reagierte fassungslos: "Das ist eine Unverschämtheit!" Sahra Wagenknecht konterte nüchtern: "Sie haben schon Leute in Ihren Reihen, (...) auf die das zutrifft." Dennoch glaube Wagenknecht, dass Klingbeil mit seiner Aussage am Ende der AfD helfe. Eine Annahme, die Omid Nouripour Angst einjagte, denn: "Wenn die AfD noch stärker wird, wird sich Deutschland nicht von der AfD erholen."

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LIGHT PROTECTOR
Der eitle Moderator der Talksendung,
Nikolaus Blome, hat auch total versagt.
Er hat den unsäglich beleidigenden Lars Klingbeil nicht gerügt.
Wahrscheinlich wählt der überschätzte, überbezahlte RTL/NTV-Polit-Plapperer
auch immer heimlich die roten Genossen ...
Herr Konrad
Die Wahlen werden immer erfolgreich gefälscht.
Italian Lover
Bernold Baer
Die Staatsform "Demokratie" ist eine Erfindung Satans!
Die, für die Ewigkeit herrschende Staatsform wird das Königtum der Heiligen sein und wird in dieser, unserer Zeit errichtet!
Daniel 2 (EÜ):
"44 Zur Zeit jener Könige wird aber der Gott des Himmels ein Reich errichten, das in Ewigkeit nicht untergeht; dieses Reich wird er keinem anderen Volk überlassen. Es wird alle jene Reiche zermalmen und …Mehr
Die Staatsform "Demokratie" ist eine Erfindung Satans!

Die, für die Ewigkeit herrschende Staatsform wird das Königtum der Heiligen sein und wird in dieser, unserer Zeit errichtet!

Daniel 2 (EÜ):
"44 Zur Zeit jener Könige wird aber der Gott des Himmels ein Reich errichten, das in Ewigkeit nicht untergeht; dieses Reich wird er keinem anderen Volk überlassen. Es wird alle jene Reiche zermalmen und endgültig vernichten; es selbst aber wird in alle Ewigkeit bestehen. "

Daniel 7 (EÜ):
"18 Das Königtum aber werden die Heiligen des Höchsten erhalten und sie werden es behalten für immer und ewig."
Girolamo Savonarola
Aber klar doch Bärchen, Jesus hat unmissverständlich gesagt, sein Reich sei von dieser Welt. 😉 🥳 🥱 🤭 😂
Bernold Baer
@Girolamo Savonarola
David ist auf EWIG der Fürst und Gebieter der Nationen!
Jesus-Christus aber ist der Herrscher über die Könige der Erde (aller Könige der Erde, auch über David!).

Jesaja 55: 1-4
Die Knechte Gottes als Empfänger der Hulderweise Gottes für David
“ 1 Auf, alle Durstigen, kommt zum Wasser! Die ihr kein Geld habt, kommt, kauft Getreide und esst, kommt und kauft ohne Geld und ohne …Mehr
@Girolamo Savonarola

David ist auf EWIG der Fürst und Gebieter der Nationen!

Jesus-Christus aber ist der Herrscher über die Könige der Erde (aller Könige der Erde, auch über David!).


Jesaja 55: 1-4
Die Knechte Gottes als Empfänger der Hulderweise Gottes für David
“ 1 Auf, alle Durstigen, kommt zum Wasser! Die ihr kein Geld habt, kommt, kauft Getreide und esst, kommt und kauft ohne Geld und ohne Bezahlung Wein und Milch! 2 Warum bezahlt ihr mit Geld, was euch nicht nährt, und mit dem Lohn eurer Mühen, was euch nicht satt macht? Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen und könnt euch laben an fetten Speisen! 3 Neigt euer Ohr und kommt zu mir, hört und ihr werdet aufleben!

Ich schließe mit euch einen ewigen Bund: Die Erweise der Huld für David sind beständig.

4
Siehe, ich habe ihn (=David) zum Zeugen für die Völker gemacht,
zum Fürsten und Gebieter der Nationen.

5 Siehe, eine Nation, die du nicht kennst, wirst du rufen und eine Nation, die dich nicht kannte, eilt zu dir, um des HERRN, deines Gottes, des Heiligen Israels willen, weil er dich herrlich gemacht hat.“

Offenbarung 1 (EÜ):
"... 5 und von Jesus Christus; er ist der treue Zeuge, der Erstgeborene der Toten, der Herrscher über die Könige der Erde. ..."
viatorem
"... Der lachende Dritte wird wieder mal Putin sein..."
Der schaut dem ganzen Desaster wohl ganz entspannt und teils belustigt zu...könnte ich mir vorstellen.Mehr
"... Der lachende Dritte wird wieder mal Putin sein..."

Der schaut dem ganzen Desaster wohl ganz entspannt und teils belustigt zu...könnte ich mir vorstellen.
viatorem
"...und war somit Steigbügelhalter für den Erfolg der AfD!"
Und ist es weiterhin, teils auch" Dank" an Herrn Klingbeil mit seiner unverschämten AFD Wählerbeleidigung.
Wer weiß, was die Nazis zu ihrer Zeit alles verbrochen haben, der kann bei solchen Vergleichen, wie Herr Klingbeil öffentlich geäußert hat, nur noch den Kopf schütteln. Es ist u.a. tatsächlich auch eine Verharmlosung der Nazizeit …Mehr
"...und war somit Steigbügelhalter für den Erfolg der AfD!"

Und ist es weiterhin, teils auch" Dank" an Herrn Klingbeil mit seiner unverschämten AFD Wählerbeleidigung.

Wer weiß, was die Nazis zu ihrer Zeit alles verbrochen haben, der kann bei solchen Vergleichen, wie Herr Klingbeil öffentlich geäußert hat, nur noch den Kopf schütteln. Es ist u.a. tatsächlich auch eine Verharmlosung der Nazizeit, wie es jemand in einem Kommentarbereich geschrieben hat.

Viele Wähler haben Freunde, denen jetzt vielleicht die Augen aufgehen.
SvataHora
"Kann es mit diesem Kanzler weitergehen?" NEIN! Diese Regierung sollte schleunigst das Handtuch werfen! Sie hat soviel Schaden angerichtet und war somit Steigbügelhalter für den Erfolg der AfD!
SvataHora
Die Ergebnisse der Europawahl sind besorgniserreigend: rechtspopulistische Kräfte feierten fröhliche Urständ! Das wird mit Sicherheit auch bedeuten, dass die Ukrainehilfe der EU ins Stocken gerät, dass dieses Land nicht mehr die nötigen Mittel bekommt, die es zur Abwehr der russischen Aggression benötigt! Der lachende Dritte wird wieder mal Putin sein wie bereits bei der halbjährigen Blockade der …Mehr
Die Ergebnisse der Europawahl sind besorgniserreigend: rechtspopulistische Kräfte feierten fröhliche Urständ! Das wird mit Sicherheit auch bedeuten, dass die Ukrainehilfe der EU ins Stocken gerät, dass dieses Land nicht mehr die nötigen Mittel bekommt, die es zur Abwehr der russischen Aggression benötigt! Der lachende Dritte wird wieder mal Putin sein wie bereits bei der halbjährigen Blockade der Republikaner in den USA! 😡 (Waren noch vor einigen Jahren die Jugendlichen cool, aufgeschlossen und weltoffen, so sind sie mittlerweile durch das Internet (besonders durch TikTok) vollkommen verblödet und manipuliert. Besonders geschickt setzt die AfD auf TikTok um Jugendliche zu manipulieren, was sich auch bei der Herabsetzung der Wahlberechtigung auf 16 Jahre niederschlug.)
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Sahra Wagenknecht (BSW) und Omid Nouripour (Grüne) stritten heftig über die Unterstützung für die Ukraine im Kampf gegen Russland. (Bild: ntv)Mehr
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Sahra Wagenknecht (BSW) und Omid Nouripour (Grüne) stritten heftig über die Unterstützung für die Ukraine im Kampf gegen Russland. (Bild: ntv)
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"Kann es mit diesem Kanzler weitergehen?": Jens Spahn spricht Olaf Scholz bei Miosga das Vertrauen ab
Marko Schlichting
Mo., 10. Juni 2024 um 7:12 AM MESZ
Jens Spahn glaubt, stellte bei "Caren Miosga" das Vertrauen in Bundeskanzler Olaf Scholz in Frage. (Bild: NDR/Thomas Ernst)

Das war kein guter Abend für die Ampelkoalition. Alle drei Regierungsparteien haben bei den Europawahlen Verluste …Mehr
"Kann es mit diesem Kanzler weitergehen?": Jens Spahn spricht Olaf Scholz bei Miosga das Vertrauen ab

Marko Schlichting

Mo., 10. Juni 2024 um 7:12 AM MESZ

Jens Spahn glaubt, stellte bei "Caren Miosga" das Vertrauen in Bundeskanzler Olaf Scholz in Frage. (Bild: NDR/Thomas Ernst)


Das war kein guter Abend für die Ampelkoalition. Alle drei Regierungsparteien haben bei den Europawahlen Verluste eingefahren. Am Sonntagabend ist in der ARD-Talkshow "Caren Miosga" das große Wundenlecken angesagt.

Es ist klar, wer die Verlierer der Europawahl sind: Alle drei Ampelparteien haben Verluste eingefahren. Die SPD verzeichnet ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl seit dem Zweiten Weltkrieg, auch die FDP verliert, aber nur leicht. Während Union, AfD und BSW die klaren Wahlsieger sind, verlieren die Grünen nach ihrem Spitzenergebnis bei den Europawahlen 2019 deutlich. SPD und Grüne nutzen die ARD-Talkshow "Caren Miosga" am Sonntagabend, um ihre Wunden zu lecken.

Zumindest am Anfang der durch die Sportshow zweigeteilten Sendung wirkt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert so verzweifelt, dass er einem fast leidtun konnte. Grünen-Urgestein Jürgen Trittin lächelt das Wahldebakel seiner Partei einfach weg. Es habe ja kleine Parteien gegeben, die auch ökologische Ziele gehabt hätten: die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), die Bewegung VOLT oder die Tierschutzpartei. Und die Grünen? Die Diskussion über die Wahlniederlage werde sicher nicht einfach werden, sagt Trittin. Aber die Politik der Partei? Alles easy. Und Wirtschaftsminister Robert Habeck? "Ein guter Mann." Und die Ampelkoalition? Die werde durch die schlechten Ergebnisse eher gestärkt.

Kühnert ratlos

Kevin Kühnert ist geknickt. Er diskutiert im ersten Teil der Sendung eine Dreiviertelstunde lang mit dem CDU-Wirtschaftspolitiker Jens Spahn, der mit Recht den Kopf sehr weit oben trägt. Spahn tut das, was er immer macht: Er beklagt den ständigen Streit der Ampelparteien, der zu einem Vertrauensverlust bei der Bevölkerung geführt habe.

SPD-Parteisekretär Kevin Kühnert hatte keine gute Erklärung für das schlechte Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl. (Bild: NDR/Thomas Ernst)

Dem kann Kühnert nicht widersprechen. "Das Ergebnis ist deutlich entfernt von dem, was unser Anspruch ist", sagt er, und: "Wir haben wirklich etwas aufzuarbeiten." Nur was, das weiß Kühnert nicht so richtig. Darüber werde man in der SPD in den nächsten Tagen diskutieren. Klar sei aber: "In dem Erscheinungsbild in der von uns geführten Koalition liegt ein Teil der Wahrheit dieses Ergebnisses mit drin." Später wird er andeuten, dass sich daran nun auch nichts mehr ändern werde.

Die Rolle des Kanzlers

Eine Mitschuld an dem schlechten Wahlergebnis der SPD trage Bundeskanzler Scholz, analysiert Jens Spahn. Scholz habe sich in ganz Deutschland plakatieren lassen und die Themen gesetzt: äußere, innere und soziale Sicherheit. "Diese Themen wären auch welche, die die Menschen sehr interessieren. Aber wir sehen ja: Er ist gar nicht mehr in der Lage, diese Themen mit sich zu verbinden." Scholz habe die Verbindung mit den Menschen irreparabel verloren. "Die entscheidende Frage ist doch: Kann es mit diesem Kanzler weitergehen? Ich glaube nicht, dass Scholz dieses Ding noch einmal drehen kann."

Kann es mit Olaf Scholz noch weitergehen? (Bild: Reuters)

Spiegel-Journalistin Melanie Amann bringt es dann auf den Punkt: Die SPD sei stark beschädigt, sagt sie, das Ergebnis der Ampel der Ausdruck einer verheerenden Bilanz. "Die Leute verstehen nicht, warum diese Ampel so weitermacht. Warum schafft sie es nicht, sich zu einigen? Und man muss sich schon die Frage stellen: ist es nicht besser, den Stecker zu ziehen?" Das sieht auch Spahn so. Seit zwei Jahren gebe es in der Ampelkoalition keine Einigkeit - außer bei der Legalisierung von Marihuana. "Das ist natürlich etwas, was das Vertrauen verlieren lässt, und die Extremen stärkt."

Neuwahlen ausgeschlossen

Ob es denn eine Option wäre, dass Bundeskanzler Scholz im Parlament die Vertrauensfrage stellt, will Moderatorin Miosga wissen. So weit will Kühnert nicht gehen. "Das würde ja voraussetzen, der Kanzler hat das Vertrauen im Parlament nicht mehr. Dafür sehe ich tatsächlich keinen Anlass, denn wir beschließen ja in jeder Sitzungswoche am laufenden Band Gesetze." Aber die Bevölkerung habe das Vertrauen verloren, wirft Spahn ein. Das jedoch lässt Kühnert nicht gelten. Immerhin sei man ja gewählt worden, 2021. Und nur wegen ein paar schlechter Umfragen oder weil die Union grade vorne liegt, werde man nicht die Regierung in Frage stellen. "Wenn wir immer Neuwahlen oder Vertrauensfragen ausrufen, wenn in einem bestimmten Moment die Regierung bei einer Landtagswahl oder bei einer Sonntagsfrage nicht die notwendige Mehrheit bekommen hat, dann haben wir irgendwann Verhältnisse wie in Israel oder in anderen Ländern, wo jährlich gewählt wird."

Kühnert hätte sicher recht, wenn es sich nur um eine Sonntagsfrage und eine Landtagswahl handeln würde. Aber es sind seit zwei Jahren alle Sonntagsfragen und die meisten Landtagswahlen, bei der die SPD schlecht aussieht. Nun könnte ja auch die Union einen Misstrauensantrag gegen Scholz stellen. Aber das scheint sie sich auch nicht recht zu trauen. Das hat auch Kühnert begriffen. Er erklärt, wenn ein Kanzler weg wäre, dann wären für die Lösung der Probleme nicht automatisch die nötigen Mehrheiten da.

Macron hat auf die Wahlniederlage reagiert (Bild: Reuters)

Wozu die SPD noch nicht bereit zu sein scheint, hat Frankreichs Präsident Macron inzwischen getan. Die Meldung platzte mitten in die Talkshow hinein: Macron hat seine Niederlage eingestanden und den Nationalrat in Paris aufgelöst. In Frankreich wird es bald zu Neuwahlen kommen.

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