Der Skandal der Falschübersetzung der Wandlungsworte pro multis in vielen landessprachlichen Übersetzungen

In einer bald erscheinenden Publikation hat mir der Autor erlaubt, einen ausführlichen Abschnitt über die genannte Falschübersetzung hier einzustellen:
Vielleicht ist mancher Leser der Ansicht, dass die Falschübersetzung, von der im Folgenden die Rede ist, heute keine Rolle mehr spielt, und sie deshalb auch nicht thematisiert werden muss, weil Benedikt XVI. von den Bischofskonferenzen verlangt hat, dass sie künftig die richtige Übersetzung zur Anwendung bringen sollen. Warum wir diese Ansicht nicht teilen, davon wird am Ende dieses Abschnitts die Rede sein. Es geht um die Worte bei der Wandlung des Weines in das Blut Jesu Christi. In der überlieferten Messe lauten sie wie zitiert:

Das ist der Kelch Meines Blutes, des neuen und ewigen Bundes – Geheimnis des Glaubens –, das für euch und für viele [pro multis] vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“

In den meisten landessprachlichen Übersetzungen lautete aber die Übersetzung, die Jahrzehnte lang vorgeschrieben war:

Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle [pro omnibus] vergossen wird zur Vergebung der Sünden.

Diese Veränderung der Wandlungsworte war vor allem in den siebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Gegenstand heftiger Kontroversen und zahlreicher Veröffentlichungen. Von herausragender Bedeutung waren dabei die beiden Artikelserien, die Franz Bader 1971/ 72 in der Zeitschrift Einsicht veröffentlichte. Diese Artikelfolgen waren u. W. nicht nur die ersten Veröffentlichungen, die sich mit dieser Problematik auf breiter Grundlage auseinandersetzten, sondern sie behandeln sie auch auf einem besonders hohen theologisch-philosophischen Niveau. Die umfangreiche Serie unter der Überschrift „Die Verfälschung der Wandlungsworte im Novus Ordo Missae“ – ein einführender Artikel mit neun Fortsetzungen –, belegt mit einer Fülle von Zeugen der Tradition die Richtigkeit und Notwendigkeit des mysterium fidei innerhalb der Konsekrationsformel sowie die Richtigkeit und Notwendigkeit der Wiedergabe des pro multis mit für viele, während die Übersetzung mit für alle als falsch und theologisch unhaltbar erwiesen wird.
In der kürzeren Artikelserie „Das Blut des Bundes“ – ein einführender Artikel und zwei Fortsetzungen – geht Bader der pro-multis-Problematik in systematischer Weise aus theologisch-philosophischer Sicht nach und widerlegt stringent Argumente, die zur Rechtfertigung der Veränderung vorgebracht wurden. Wir beschränken uns darauf, die wichtigsten Gründe zu erörtern, welche die Unhaltbarkeit des für alle erkennen lassen. Der Catechismus Romanus gibt bereits das entscheidende Argument dafür an, dass das für alle falsch ist, wenn er sagt:

„Aber jene Worte, welche beigefügt sind; ‚für euch und für viele’ sind teils aus Matthäus, teils aus Lukas genommen, von der heiligen Kirche aber, welche vom Heiligen Geist belehrt ist, verbunden worden und dienen dazu, um die Frucht und den Nutzen des Leidens zu verdeutlichen.

Denn wenn wir die Kraft desselben betrachten, so muss man sagen, dass der Heiland sein Blut für das Heil aller vergossen hat; wenn wir aber die Frucht, welche die Menschen daraus ziehen, im Auge haben, werden wir leicht einsehen, dass dessen Nutzen nicht allen, sondern nur vielen zuteil werde.

Indem er also ‚für euch’ sagte, meinte er damit entweder die Anwesenden oder die Auserkorenen des Judenvolkes, wie die Jünger waren, mit Ausnahme des Judas, mit welchen er redete. Wenn er aber beifügte: ‚für viele’, so wollte er darunter die übrigen Auserwählten aus den Juden und Heiden verstanden wissen. Es ist also mit Recht geschehen, dass nicht gesagt wurde ‚für alle’, da hier bloss von den Früchten des Leidens die Rede war, welches doch nur den Auserwählten die Frucht des Heiles gebracht hat.

Und hierauf beziehen sich jene Worte des Apostels: ‚Christus ist einmal geopfert worden, um die Sünden vieler wegzunehmen’ (Hebr. 9,28), und was der Herr bei Johannes sagt: ‚Ich bitte für sie, nicht für die Welt bitte ich, sondern für diese, welche du mir gegeben hast, weil sie dein sind.’ (Jo 17,9).“[1]

F. Bader bemerkt zu dieser Passage:

„Die Bestimmung des Catechismus Romanus stellt gleichsam den Schlußstein dieser völlig einstimmigen Tradition dar. Wir brauchen uns also nicht einfach mehr nur darauf zu berufen, daß die gesamte liturgische Tradition, gegründet auf Anordnungen Jesu Christi sowie der Apostel, in unmittelbarer Gewißheit ohne weitere reflexive Begründung ‚pro multis’ gesetzt hat und daß sie dabei keine andere als die im gewöhnlichen Sprachgebrauch übliche Bedeutung unterstellen konnte. Sondern: wir besitzen nicht nur vereinzelte, sondern sehr viele ausdrückliche Reflexionen darüber und Begründungen dafür, 1) warum das pro multis an dieser Stelle der Konsekrationsworte gesetzt ist, 2) was es seinem präzisen Sinn nach bedeutet, 3) daß es von pro omnibus eindeutig unterschieden ist und 4) warum das ‚pro omnibus’ [für alle] hier ausgeschlossen ist.“[2]

Wir gehen nun mit dem Autor genauer auf diese Problematik ein. Seine Argumentation geht in zwei Richtungen; zunächst beweist er die Falschheit der Übersetzung mit für alle und anschließend entkräftet er Einwände, welche die falsche Konsekrationsformel, wegen ihres intakten Anfangs, als noch ausreichend zu retten versuchen:

Die partielle Richtigkeit des ‚für alle’ außerhalb der Konsekrationsformel

Beginnen wir unseren systematischen Nachweis mit der Analyse des für die Konsekrationsformel falschen Satzteiles: ‚… meines Blutes, … das … für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden.’ Für sich genommen und abgesehen von seinem Gebrauch in der Konsekrationsformel hat dieser Satz, unter einer spezifischen Rücksicht, einen durchaus wahren Sinn: nämlich hinsichtlich der Finalität des Kreuzestodes. Denn: es ist die Ziel-, Zweck- und Sinnbestimmung des Todes Christi, daß aufgrund der in diesem Tode gesetzten universalen Satisfaktion allen Menschen (außer Maria, für die dies nicht notwendig war) von Gott die Sünden vergeben werden können und auch tatsächlich vergeben werden. Es ist die Absicht Gottes, durch die von Jesus geleistete Satisfaktion allen sündigen Menschen tatsächlich ihre Sünden zu vergeben, unabhängig davon, ob diese Absicht und das in ihr beabsichtigte Ziel nun auch tatsächlich verwirklicht werden können. Der Heilswille Gottes, noch genauer: der Wille Gottes zur Heilszuteilung ist also […] hinsichtlich der sündigen Menschen grundsätzlich nicht beschränkt. Gott will die Rettung eines jeden Sünders, nicht seinen ewigen Tod. Wie auch Paulus an Timotheus schreibt: ‚Das ist edel und wohlgefällig vor Gott, unserem Retter, dessen Wille es ist, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.’ (1 Tim 2,4). Vgl. auch Hebr. 2,9 und 1 Tim 2,6.

Trotz der nun dargelegten wahren Bedeutung des ‚für alle’ haben wir die Frage zu stellen, […] Kann das ‚für alle’ einsichtig und ohne Widerspruch mit den anderen, von Jesus in der Konsekrationsformel für das Blut verwandten Begriffen verbunden werden? Ich behaupte: Nein! Denn das ‚für alle’ steht im Widerspruch zu der Bestimmung, daß das unter der Gestalt des Weines gegenwärtig gesetzte, von Jesus zu vergießende (bzw. vergossene) Blut das Blut des neuen und ewigen Bundes sei. Um diesen Widerspruch nachzuweisen, müssen zuerst einige höherliegende Voraussetzungen entfaltet werden, insbesondere der Begriff des Bundes.
Die Bedingung der Verwirklichung des universalen Heilswillens Gottes

Wir haben mit der Hl. Schrift behauptet, daß Gottes Heilswille universal sei. Der systematische Grund für diese Universalität des Heilswillens liegt im Wesen Gottes selbst beschlossen. Gottes Wesen ist wahre sittliche Liebe. Diese Liebe manifestiert sich hinsichtlich der gesamten freien Schöpfung als kategorische Forderung, die Liebe absolut aus allen Kräften zu verwirklichen. Weil schlechthin nur Liebe sein soll, will Gott, daß die Schöpfung in jedem ihrer Akte die Liebe vollkommen verwirkliche. […] Jede andere Verwirklichung bedeutet Unheil, weil sie der Liebe entgegengesetzt wäre. […] Gott will absolut, daß jedes Geschöpf die Liebe vollkommen verwirkliche. Diese Liebe Gottes ist universal, sie ist also universaler Heilswille.

Die vollständige Realisierung dieses universalen Heilswillens Gottes hängt jedoch nicht allein vom Willen Gottes ab, sondern – da es sich hier um ein interpersonales Verhältnis (d.h. ein Verhältnis von freiem Willen zu freiem Willen) handelt – von einer zweiten zusätzlichen Bedingung: dem Willen des Geschöpfes, hier des Menschen, Gottes Liebe in der geforderten Weise vollkommen aus allen Kräften zu bejahen.

Die Verwirklichung von Gottes Heils- (= Liebes-) willen ist also durch die Freiheit des eigenständig zu diesem Willen Stellung nehmenden Geschöpfes vermittelt. Gott kann diese zweite Bedingung, den eigenständigen Willen des Geschöpfes, nicht außer acht lassen; er kann seinen Heilswillen nicht ohne Rücksicht auf die Selbständigkeit des Geschöpfes im Geschöpf verwirklichen. Er würde ja sonst das Geschöpf zu seinem Heil determinieren, was eine Erscheinung Gottes als zur Liebe aufrufendem Willen sowie das Wesen des Geschöpfes als zu selbständiger Liebesrealisation aufgerufenem Willen vollkommen zerstören und deshalb auch die Verwirklichung des Heiles im Geschöpf absolut unmöglich machen würde. Gott würde durch eine solche Determination seiner eigenen Schöpfung, die eine Schöpfung eigenständiger, aus sich urteilender Vernunft und eines sich durch sich selbst bestimmenden Willens ist, widersprechen.

Der Mensch hat nun, wie wir wissen, dem Willen Gottes nicht entsprochen, sondern sich zur Sünde verführen lassen. […]

Trotz der Sünde ist der Mensch jedoch nicht aus der Forderung Gottes, die Liebe absolut zu bejahen und so zu seinem Heil zu kommen, entlassen. […] Der Mensch jedoch kann nach der Sünde dieser Forderung nicht mehr entsprechen. Er kann nicht mehr aus ganzem Herzen und aus allen Kräften lieben, da er seine vergangene Sünde nicht ungeschehen machen und die auf sie verwandte Willenskraft nicht von sich aus in einen vollkommenen Liebeswillen reintegrieren kann.

Der Mensch bedarf deshalb, damit auch in ihm die Liebe noch vollkommen verwirklicht werde, der Entsündigung und Reinigung. Die erste Bedingung dieser Reinigung kann nur Gott selbst setzen. Sie geschieht durch die vollkommene Sühne und Satisfaktion Jesu Christi am Kreuz. Diese Satisfaktion ist so zu denken: Jesus Christus nimmt den sündigen Willen des Menschen stellvertretend als den seinigen an (‚Er wurde für uns zum Sünder gemacht.’) und bleibt trotz dieses Willens absolut guter, liebender Wille. Obwohl Er zum Sünder gemacht wurde und alle Sünden auf sich lud, wurde Er selbst nicht zum Sünder. Er trägt die Sünde als seine eigene, obwohl sie nicht seine eigene ist. Durch dieses schuldlose Tragen der Sünde des Menschen, ‚durch diese Übergüte wird die Schuld überhöht und in ihr getilgt. … Erst die dem Individuum des Anderen nicht geschuldete reine liebende Zuneigung in dem Willen der Satisfaktion hebt das Böse auf, sühnt und tilgt es. Der Sühnende tut mehr, als nur selbst gut zu sein; er trägt die Schlechtigkeit des Anderen als seine, indem er sie zugleich verwirft.’“[3]

Anschließend differenziert F. Bader das Gott-Mensch-Verhältnis weiter, gelangt dazu, dass sich Liebe wesensgesetzlich als Bund verwirklicht und beweist dann, daß die Übersetzung mit ‚für alle’ falsch ist. Wir folgen weiter seinen stringenten Argumenten:

„Liebe ist nicht einfach ein statisches Sein, sondern geistiges Setzen, sie ist Wille; und zwar ein Wille, der seinen bestimmten Inhalt, die Liebe, absolut bejaht. Die als Inhalt gewollte Liebe kann nun selbst nicht ein Abstraktum sein, sondern ist als Liebe selber wieder Wille, und zwar ein Wille, der seinerseits die Liebe absolut bejaht, was nur möglich ist, wenn er auf den ersten, ihn als Liebe liebenden Willen liebend zurückbezogen ist. Dieser zweite Wille bejaht den ersten als einen, der ihn als liebenden Willen bejaht, und umgekehrt: der erste Wille bejaht den zweiten als einen, der ihn als liebenden bejaht. Liebe vollzieht sich damit nur als Beziehung von liebendem Willen zu liebendem Willen. Wille zu Wille, Mund zu Mund, Angesicht zu Angesicht. […]

Daraus ergibt sich nun einsichtig das Moment des Bundes, der Einheit in der Liebe. Die Liebeswillen wollen sich nur als verbunden, da Liebe nur durch die absolute Verbindung der Liebeswillen möglich ist. […]

Dabei ist für den Liebesbund zwischen Gott und Mensch, wie in Gott selbst, der Heilige Geist als geliebter Liebeswille der Einheit von Gott und Mensch konstitutiv. Der von Jesus absolut geliebte Mensch und der die Liebe Jesu absolut liebende Mensch sind verbunden in der Liebe des Heiligen Geistes: in der Liebe ihrer absoluten Liebesverbundenheit.

Anwendung der bisherigen Analysen. Begründung der absoluten Falschheit des ‚für alle’ der neuen ‚Konsekrations’-Formel

Sakramente konstituieren sich durch den Willen Christi, das Heil dem Menschen zuzuteilen und diese Zuteilung an ein eindeutiges äußeres Zeichen und an eine eindeutige Intention zu binden. Seinen Willen zur Heilszuteilung und zur Einsetzung der hierfür vermittelnden Sakramente verwirklicht Christus nicht alleine von sich aus, sondern nur unter Voraussetzung des Willens der Menschen, sich das Heil (im Zeichen der Sakramente) auch zuteilen zu lassen.

Betrachten wir unter diesem Aspekt die Einführung des ‚für alle’ in die Konsekrationsformel, so sehen wir, daß von Heilszuteilung und sakramentalem Charakter dieser Heilszuteilung nichts mehr geblieben ist. Denn das ‚für alle’ erlaubt nicht mehr, die Formel unter dem Aspekt der Heilswirksamkeit anzusehen, weil eine universale Heilswirksamkeit wegen des Verlorengehens vieler nicht behauptet werden kann. […]

Da das ‚für alle’ also nur erlaubt, die Formel nur noch unter dem Aspekte dessen, was Jesus einseitig von sich aus bei der Satisfaktion leistet, anzusehen, wird der Wille zur sakramentalen Einsetzung der Heilszuteilung in der neuen Formel nicht mehr sichtbar. Es wird nur noch die Leistung der Satisfaktion für alle sichtbar, nicht aber mehr der Wille Christi zur realen Heilszuteilung, weil diese letztere durch das ‚für alle’ als mit der Formel nicht verbindbar ausgeschlossen werden muß. […]

Mit dem Sakrament hat dies aber nun nichts mehr zu tun. Denn durch die Satisfaktion, dem ersten Glied der oben entfalteten Synthese, kann ein Sakrament noch nicht gesetzt werden. Wer also ‚für alle’ setzt, dem geht es in der Konsekrationsformel gar nicht mehr um das Sakrament, um dessen Vollzug und um die Wiedererneuerung von dessen Einsetzung, sondern nur noch um eine des spezifisch Sakramentalen beraubte Handlung: denn der satisfizierende Wille Christi ist nicht mehr mit seiner spezifischen weiteren Bestimmung als ein das Heil zuteilender Wille gesetzt, samt der ihn als heilszuteilenden Willen ermöglichenden positiven Stellungnahme des Menschen.

Einerseits kann also die neue Formel nur das eine, noch nicht spezifisch sakramentale Moment der Satisfaktion […] ausdrücken. Andererseits enthält sie nun aber […] das Moment des BUNDES. Denn das Blut wird in der Konsekrationsformel das Blut des Neuen und Ewigen Bundes genannt.

Hier stellt sich folgende Frage: Kann der ad hominem konzedierte Sinn des ‚für alle’ als universale Satisfaktion noch aufrechterhalten werden, wenn wir die Weiterbestimmung des Blutes durch das Moment des Bundes bedenken? Antwort: Dies ist nicht möglich; denn durch den Begriff des Bundes wird implizite das sakramentale Moment der Heilszuteilung mitgesetzt, wodurch es unmöglich wird, das ‚für alle’ noch im Sinne einer bloß universalen Satisfaktion zu verstehen. […]

Der Bund setzt […] mit der Satisfaktion zugleich voraus: die Annahme der Satisfaktion durch den Menschen, die reale Heilszuteilung durch Christus an den die Satisfaktion annehmenden Menschen […] und die Annahme der vollkommenen Liebe Christi durch den Menschen.

Durch den Begriff des Bundes bleiben nun in der neuen Formel die durch die Aussage des ‚für alle’ verbannte Heilswirksamkeit, ja überhaupt alle für die sakramentale Einsetzung nötigen Momente erhalten. Einerseits also wird durch das ‚für alle’ die Möglichkeit der Aussage der Heilswirksamkeit aus der Formel verwiesen, andererseits wird durch die Aussage ‚Bundesblut’ gerade diese Heilswirksamkeit in der Formel gesetzt.

Dies ist nun nichts weniger als ein direkter Widerspruch.

Dafür, daß das Blut Bundesblut werde, sind […] alle diejenigen mitkonstitutiv, welche sich durch das Blut Christi reinigen lassen wollen. […] Wenn aber alle diejenigen, die die Satisfaktion annehmen, daran mitwirken, daß das Blut Christi in der heiligen Eucharistie als Bundesblut gesetzt werden kann, so wird das Blut ein Bundesblut nur durch sie; es ist deshalb auch ein Bundesblut nur für sie, nicht aber für die anderen, welche gar nicht wollen, daß das Blut Christi bundesstiftend zwischen ihnen und Christus werde. […]

Wenn also der neue und ewige Bund in der heiligen Eucharistie nur mit einem Teil der Menschen geschlossen werden kann, weil viele auf ihrer Ablehnung der Satisfaktion beharren, dann ist es eine notwendige Folge des Blutes Christi, insofern es als Bundesblut den Bund stiftet und besiegelt, daß es nicht für alle vergossen worden ist, sondern nur für den Teil, mit dem der Bund tatsächlich geschlossen wird. […]

Hätte Jesus nur gesagt: Dies ist mein Sühneblut, dann hätte es weiterbestimmt werden können durch den Zusatz: das für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Denn das Sühneblut sühnt und satisfiziert die Sünden aller und ist zu diesem Zweck vergossen.

Nun hat aber Jesus sein Blut nicht Sühneblut, sondern aus einem wohlerwogenen systematischen Grund Bundesblut genannt, denn nur als Bundesblut kann es das Sakrament konstituieren. Diese weitere Bestimmung verbietet unter der Gefahr des Widerspruches, daß sie […] in einer universalen Weise mit ‚für alle’ weiterbestimmt wird. Gerade dieser Gefahr aber ist die ‚Konsekrations’-formel der Reform ‚messe’, erlegen.

Ihrem eindeutigen Sinn nach behauptet damit diese Formel, insofern sie eine Verbindung versucht von Bundesblut und ‚für alle’ eine universale Heilswirksamkeit des von Jesus am Kreuz vergossenen Blutes. Sie behauptet, daß ein Bund mit allen geschlossen werde, daß allen das Heil zugeteilt wird. […]

Sie behauptet die Heilszuteilung durch die Sakramente als legitim nicht nur für die Gläubigen, sondern auch für die Ungläubigen (z.B. Interkommunion). Sie zerstört damit die Sakramente als Mittel der Heilszuteilung ausschließlich für die Gläubigen; sie zerstört ferner die Ausschließlichkeit der durch die Sakramente begründeten Heilsgemeinschaft, der Kirche; sie wirkt also kirchenauflösend und nivellierend, wie wir heute allseitig sehen können. Sie ist damit anti-sakramental und anti-kirchlich.“[4]

Will man mit wenigen Worten das Wichtigste der stringenten Argumentation von F. Bader gegen die Übersetzung des pro multis mit für alle zusammenfassen, dann kann man sagen:
1) Es geht bei den Wandlungsworten nicht um das Heilsangebot Christi, das sich in der Tat an alle Menschen richtet, sondern es geht hier um die Heilswirksamkeit, die nicht allen Menschen zuteilwird, weil es Menschen gibt, die dieses Heilsangebot ablehnen.
2) Die Tatsache, dass es nicht um das Heilsangebot Christi, sondern um die Heilswirksamkeit seiner Erlösungstat geht, kommt in den Wandlungsworten dadurch zum Ausdruck, dass das Blut im Kelch von Christus nicht als Sühneblut, sondern als Bundesblut weiterbestimmt wird. Als Sühneblut hätte es universalen Charakter, weil seine Sühnekraft hinreicht, die Sünden aller Menschen aller Zeiten zu tilgen. Als Bundesblut betrifft es aber nicht alle Menschen, weil es nur für diejenigen vergossen wurde, die den Bund mit Gott schließen wollen; nur für sie wird es wirksam „zur Vergebung der Sünden.“
Die Falschheit der Übersetzung des pro multis mit für alle bringt, wie wir sahen, der Catechismus romanus mit den klaren Worten zum Ausdruck. „Es ist also mit Recht geschehen, dass nicht gesagt wurde ‚für alle’, da hier bloss von den Früchten des Leidens die Rede war, welches doch nur den Auserwählten die Frucht des Heiles gebracht hat.“ Die Neuerer besaßen also die Dreistigkeit, dieser eindeutigen Lehre der Kirche zu widersprechen – ein beispielloser Skandal!
Übrigens bereitet der Konzilstext die falsche Übersetzung von pro multis mit für alle vor, indem das Missionsdekret Ad gentes in Art. 3 eine Gleichsetzung von pro multis mit pro omnibus vornimmt:

„Filius Hominis non venit ut sibi ministraretur, sed ut ipse ministraret et daret animam suam redemptionem pro multis, id est pro omnibus.“

Die Übersetzung von P. Hünermann dafür lautet:

„Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um selbst zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele, das heißt für alle.“[5]

Indem der Konzilstext unerlaubterweise pro multis und pro omnibus bzw. für viele und für alle gleichsetzt, leistete er jener falschen Übersetzung der Wandlungsworte Vorschub und machte sich dadurch an dieser mitschuldig.
Wir kommen zurück auf die zu Beginn dieses Abschnitts erwähnte Forderung von Benedikt XVI. an die Bischofskonferenzen, die falsche Übersetzung zu korrigieren. In der Tat wies der Heilige Stuhl mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 die Bischofskonferenzen an, die richtige Übersetzung des Ausdrucks „pro multis“ mit „für viele“ bei den eucharistischen Wandlungsworten vorzubereiten. Dieses Schreiben wurde im Auftrag des Papstes von Kardinal Francis Arinze verfasst, dem damaligen Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung.
Mit Datum vom 14. April 2012 schrieb Benedikt XVI. einen Brief an die Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz, in dem er verlangte, dass in der neuen Ausgabe des Gotteslobs an der entsprechenden Stelle „für viele“ steht. Der Brief erging auch an den Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn.
In Deutschland steht im neu gedruckten Gotteslob zwar richtig „für viele“, aber die Priester setzen die Falschübersetzung fort. Von einem Priester in Österreich erfuhr ich, dass die dortige Bischofskonferenz, offenbar in Abstimmung mit der deutschen Bischofskonferenz, von ihren Priestern verlangt, dass sie weiterhin die falsche Übersetzung verwenden.
Wir nehmen diesen skandalösen Ungehorsam dieser Bischofskonferenzen zum Anlass, rechtgläubigen Priestern und Gläubigen zu empfehlen, in Disputen mit Gegnern der Priesterbruderschaft St. Pius X., die dieser Ungehorsam gegenüber dem modernen Rom vorwerfen, sinngemäß zu entgegnen: Die Priesterbruderschaft St. Pius X. versagt dem modernen Rom den Gehorsam nur dann, wenn er gegen den Glauben eingefordert wird und das mit Recht, weil die Glaubenswahrheit über dem Gehorsam steht. Die deutschen und österreichischen Bischöfe verweigern hier aber den Gehorsam, der für die Korrektur einer glaubenswidrigen Falschübersetzung von Rom verlangt wird.

[1] Catechismus romanus: Zweiter Teil, viertes Hauptstück, Kirchen/Sieg, 1970, 170.
[2] F. Bader: „Die Verfälschung der Wandlungsworte im Novus Ordo Missae“, 1. Fortsetzung. Erschienen in der Zeitschrift Einsicht, Juni 1971, 49.
[3] F. Bader: „Das Blut des Bundes“, Zeitschrift Einsicht, August 1971, 2f. (Am Schluss der Passage zitiert der Autor aus R. Lauth: „Ethik“, Stuttgart 1969, 140f.).
[4] Ebd, 4-7. Der mit der ‚für alle’ behaupteten universalen Heilswirksamkeit des Blutes Christi korrespondiert die Allerlösungslehre, die wir im Zusammenhang mit dem Konzilsdokument Gaudium et spes im Kapitel XXIII im Abschnitt Die Heils- und Erlösungslehre von Kardinal K. Wojtyla bzw. von Papst Johannes Paul II. erörtern.
[5] P. Hünermann, Hrsg.: „Die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils“, Freiburg 2012, 462f. Übrigens verweist der Konzilstext an dieser Stelle zu Unrecht auf Mk 10,45, denn diese lautet: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um selbst zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“
Pazzo 2
Zu den Falschübersetzungen gehört auch diie "SÜNDE" statt "SÜNDEN". Fällt das keinem mehr auf?
Wenn ein Priester heute noch richtigerweise bittet, der Herr möge die SÜNDEN hinwegnehmen (zB beim Agnus Dei), so weiß man, daß man noch einen rechtgläubigen Priester vor sich hat. Wer aber bittet, die SÜNDE hinwegzunehmen, hat sich dem Modernismus verschrieben. Denn die "Sünde" - ein Sammelbegriff - …Mehr
Zu den Falschübersetzungen gehört auch diie "SÜNDE" statt "SÜNDEN". Fällt das keinem mehr auf?

Wenn ein Priester heute noch richtigerweise bittet, der Herr möge die SÜNDEN hinwegnehmen (zB beim Agnus Dei), so weiß man, daß man noch einen rechtgläubigen Priester vor sich hat. Wer aber bittet, die SÜNDE hinwegzunehmen, hat sich dem Modernismus verschrieben. Denn die "Sünde" - ein Sammelbegriff - kann nicht hinweggenommen werden, sie existiert weiter und wird immer existieren, solange es Menschen gibt.
sudetus schönhoff
Geht in die wahre hl. Messe und nicht in diese Konzilskirchenmahlfeier und das Problem löst sich von selbst..
So einfach ist es.
Bethlehem 2014
Wer die Wandlungsworte richtig übersetzt haben will, der sollte sie auch selbst richtig übersetzen, es heißt nämlich im Lateinischen: "... qui pro vobis et pro multis effundetur..." Das heißt mitnichten: "... das für euch und für viele vergossen wird...", sondern eindeutig: "... das für euch und für viele vergossen werden wird". (= Futur)
Eugenia-Sarto
Frühere Päpste haben gegenüber dem Papst in wichtigen Dingen nicht nur Gehorsam gefordert, sondern auch mit Strafen gedroht, falls der Gehorsam nicht geleistet würde. Leider haben sich die Päpste der letzten Jahrzehnte sich dieses Mittels nicht mehr bedient. Und so machen sie fast alle, was sie wollen.