Journalist Kissler: Konzil brachte Geschwätzigkeit in die Kirche
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Der katholische Theologe Otto Herrmann Pesch kritisierte das Beschwören der lateinischen Messe. Es sei arrogant, den Gottesdienst nur «einem Bildungsbürgertum mit großem Latinum» vorzubehalten. Dennoch könne er auch Kritiker der Liturgiereform verstehen. Die «unsensible Umsetzung» dieser Neuerung rege ihn noch immer auf.
Seiner Ansicht nach zählen die «Freiheit des Fragens», die Erklärung zur Religionsfreiheit sowie die Beteiligung der Laien zu den größten Verdiensten des Konzils. Es habe in der Kirche «ungeheuer viel verändert». Der Pfarrer sei heute nicht mehr «Pfarrherr», sondern seelische Rettungsstation.
Dennoch hüteten heute vor allem jüngere Theologen ihre Zunge, «um das nihil obstat nicht zu gefährden», so der emeritierte Hamburger Professor. Bereits Anfang der 1970er Jahre habe die Restauration innerhalb der Kirche begonnen. Bischöfe, die vorher die Ideen des Konzils umgesetzt hätten, seien als Reaktion auf die 68er-Bewegung zurückgerudert. Nach den Worten des Kölner Historikers Rudolf Lill hatte die katholische Kirche nie so eine positive «Breitenwirkung» wie in der Konzilszeit. Wenn sie die Zeichen der Zeit lesen würde, wäre sie auch heute in der Mitte der Gesellschaft. Eine Befriedung innerhalb der Kirche könne gelingen, wenn nicht immer nur rechte Gruppen Recht bekämen.