Was Woelki wirklich denkt
16. Oktober 2012
Der Erzbischof von Berlin, Rainer Maria Kardinal Woelki, soll einen Respektpreis dafür bekommen, dass er Homosexuellen Respekt zollt. Damit tut er nur das, was der Katechismus von ihm als Katholiken fordert. Dementsprechend befremdlich ist die Wahl Woelkis. Findet er selbst auch und lehnt die Ehrung ab, weil er etwas Selbstverständliches wie die Achtung aller Menschen nicht für preiswürdig hält. Das ist noch nicht einmal besonders bescheiden, sondern einfach nur wahr.
Wer jetzt meint, die Sache sei damit vom Tisch, der liest wohl nicht die
Süddeutsche Zeitung. In dieser verfährt Constanze von Bullion nach dem Motto: Wer nicht mehr zwischen Sexualität und Sex unterscheidet (so, als hätten nur Menschen, die Sex haben, auch Sexualität), die oder der darf auch vom „Labyrinth katholischer Sexualethik“ sprechen, bevor sie oder er überhaupt nur versucht, diese zu verstehen, und die oder der muss auch den Worten eines Kardinals über dessen Motive, einen Preis abzulehnen, keinen Glauben schenken, zumindest nicht mehr als dem, was „man“ in Berlin über jene Motive „glauben mag“.
Denn: „Woelki“, da kann er sagen, was er will, „sieht sich offenbar“ – da steht:
offenbar – „dem Druck aus den eigenen Reihen nicht mehr gewachsen“, einem Druck, der vor allem „im Netz“ zu spüren ist. „Höllenhirte“ habe man ihn hier, im Netz, genannt. Eine nicht allzu aufwendige Recherche, nämlich die Suchanfrage
Höllenhirte Woelki, fördert tatsächlich etwas zu Bildschirm. Zwei Treffer. Erstens: der Artikel der
Süddeutschen Zeitung. Zweitens: ein Artikel von „Kreuz.net“. Eigene Reihen.
Aber nicht nur im Netz wird gestänkert: „Auch hochgestellte Kirchenleute sollen ihm böse Briefe geschickt haben.“ Aha. Na, wenn das kein Beweis ist, für den Druck, dem sich Woelki „nicht mehr gewachsen“ sieht. Diesmal sogar „aus den eigenen Reihen“.
Nun, was immer „hochgestellte Kirchenleute“ getan haben „sollen“, auch „tiefsitzende Zeitungsleute“ sollen zwischen „offenbar“ und „sollen“ mehr Platz lassen als drei Zeilen. Sonst wirkt die Sache nicht gesollt, sondern gewollt. Und das kann keiner wollen. Zumindest keiner, der nicht nur an Preisen interessiert ist, sondern auch an Respekt.
(Josef Bordat)
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