@Bonifatius-Franz: Wenn anscheinend nicht mehr geglaubt wird, dass Hildegard von Bingen eine Heilige ist, da man sie ja noch bestätigen muss (-.-), bin ich selbst mal gespannt, welches Wunder auftaucht. Vielleicht kann man ja mal an ihrem Festtag in Eibingen nachfragen, wobei ich kaum denke, dass dort viele Wunder passieren können, denn man hat ja KEINE ZEIT für eine angemessene Reliquienverehrung. Man wird relativ schnell wieder weitergewunken.
In Bermersheim vor der Höhe bei Alzey ist Hildegard wohl geboren. Übrigens ist die Kirche von Bermersheim eine Simultankirche. Ich möchte nicht wissen, wie man der heiligen Hildegard dort gedenkt -.- Wahrscheinlich als "Mutter der Ökumene". Das ist ja bei der heiligen Birgitta von Vadstena das Gleiche, auch wenn sie den Protestanten in Schweden etwas husten würde, nachdem man ihren Orden wirklich ausgeblutet hat.

Uns Menschen liegt einfach nur ein falsches Verständnis von "Kanonisation" zugrunde. Natürlich ist und war die heilige Hildegard eine Heilige von Anfang an und nicht erst jetzt weil der Vatikan es öffentlich kanonisch macht. Unser Denkfehler liegt darin, dass wir meinen Rom müsste mit großem Tam-Tam die heilige Hildegard heute zu Ehre der Altäre erheben. Das ist falsch, denn die heilige Hildegard steht schon seit dem Mittelalter in Altarretabeln. Ihre Reliquien wurden schon immer in ihrem Kloster verehrt, übrigens erst sehr spät in Eibingen, weil das Kloster ursprünglich auf dem Rupertsberg stand und von den Schweden zerstört wurde.
Ich bekomme die Zornesröte, wenn ich in einigen Publikationen von der "seligen" Hildegard lese. Oder eben das Argument, sie sei nicht heiliggesprochen worden wäre. Das stimmt so nicht.
Die Bischöfe haben sich im Mittelalter die römische Approbation zur liturgischen Translatio geholt, dann wurde dieser liturgische Akt begangen. Das entspricht einer Kanonisation im Mittelalter.
Nach der Reformation und der herben Kritik an Heiligenverehrung wurde im tridentinischen Konzil beschlossen, eine andere und sichere Art der Kanonisation zu begehen, um den ausufernden Heiligenkult, besonders auf lokaler Ebene, etwas zu dämmen und besser kontrollieren zu können. Außerdem wurde die Arbeit der Bollandisten ins Leben gerufen, die jegliche Quellen zu unseren Heiligen veröffentlicht und minuziös studiert haben (bis heute). Daher wurde beschlossen aus der liturgischen Erhebung zu den Altären einen juristischen und öffentlichen Akt zu machen. Das ist äquivalent zu der heutigen Kanonisation, die immer in Rom stattfinden muss.

@Conde_Barroco

Hey, Kräuterkunde ist ur-katholisch und auch heute noch unheimlich nützlich und wertvoll. Aber ich weiß schon, wie du das gemeint hast .

Ja ich denke auch, dass dieser Hype eine Rolle gespielt hat. Bei anderen Heiligen macht man das schließlich auch nicht, obwohl es etliche Heilige gibt, die in ihrer Rolle im Kirchen- und Weltgeschehen noch wichtiger waren, als Hildegard. Ohne ihre Verdienste schmälern zu wollen. Sie ist eine großartige Heilige und das war sie schon immer. Eine derartige Kanonisation ist aber wohl wirklich nicht nötig. Es sendet ein falsches Zeichen - so als ob die Kirche von heute etwas nachholen müsste, was die Kirche von damals versäumt hat. So war es ja nicht.

Ich frage mich, warum das eigentlich nötig ist. Das Diskreditiert die Praxis der mittlelaterlichen Kanonisation vollends. Es war eben eine liturgische Kanonisation, die bei der heiligen Hildegard (eben durch die translatio) stattgefunden hat. Müssen wir jetzt die anderen 1000 Heiligen des Mittelalters ebenfalls erneut kanonisieren lassen, nur weil sie eben nicht nach der nachtridentinischen Praxis kanonisiert wurden? Vermutlich nicht, denn die meisten Heiligen aus dieser Zeit sind dem modernen Katholiken total egal.
Ich denke bei diesem Thema spielt der Hype um die Hildegardis-Verehrung keine unerhebliche Rolle, wie der ganze Kräuterkunden-Wahn, Feminismus, etc.