Unchristliches Sodom und Gomorra
Verstanden werden sollte diese Kardinalseinschätzung als klare Handlungsanweisung für katholisch-medizinische Einrichtungen: „Die Ärzte in katholischen Einrichtungen sind aufgefordert, (…) sich in ihrem ärztlichen Handeln an den oben genannten Prinzipien auszurichten.“
Kardinal Meissner ist ja sonst Hüter des Glaubens und normalerweise die Hassfigur der lärmenden Talkshow-Demokratie. Hier hat er eine christliche Position mit einiger Spitzfindigkeit moraltheologisch abgesichert. Das ist natürlich Nonsens. Denn was für eine intelligente Pille soll das sein, deren chemische Kampfstoffe auf dem Weg zur Gebärmutter selbstständig in der Lage sind, zu erkennen, ob das zu bekämpfende Ei nun schon vom Vergewaltigersperma erreicht wurde oder nicht. Und das erkannte der Katholik Lohmann sofort. Und er reagierte, indem er in Talkshows erklärte, dass es diese vom Kardinal beschriebene Pille ja noch gar nicht gäbe, die geläufige „Pille danach“ also weiterhin nicht mit der katholischen Lehre vereinbar wäre.
Das Problem jetzt: Dieser tatsächlich unsympathisch auftretende Lohmann – aber für seine Physiognomie in Talkshows kann er zunächst nichts – hat also aus katholischer Sicht recht. Und er ist eben nicht dem Eiertanz des Herrn Kardinal auf den Leim gegangen. Denn was für ein Quatsch ist es auch, zu diskutieren, ob das Ei nun befruchtet ist oder nicht? Für die Betroffene spielt das im Übrigen überhaupt keine Rolle. Das sollten auch die Katholiken Jauch und Lanz wissen, die Lohmann gerade in ihren populistischen Tribunalen verheizt haben.
Und wer nun annimmt, der Kardinal hätte hier mal ein Zeichen von Christlichkeit und Nächstenliebe gesetzt, liegt falsch. Denn das hieße ja, der gute Mann wäre über das Allgemeingültige – sprich über das unchristliche Sodom und Gomorra – hinausgegangen. Tat er aber gar nicht. Er geht höchstens – wenn überhaupt, dann – ein Stück weit über das Katholische hinaus. Aber dazu gleich. Denn hinzu kommt ja noch, dass eine Vielzahl von Vergewaltigten erst viel später feststellt, dass sie überhaupt schwanger geworden sind. Das sind die, die von einer Anzeige, z.B. aus Sorge und Angst, absehen. Denen verbietet der Kardinal und die katholische Kirche eine Abtreibung sowieso, die ja bis zu einem bestimmten Zeitpunkt regulär bzw. säkular straffrei längst möglich ist.
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