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Moses ben Maimon: Führer der Unschlüssigen

Canción de jinete
Federico Garcia Lorca: Reiterlied (1924)

Córdoba.
Lejana y sola.

Jaca negra, luna grande,
y aceitunas en mi alforja.

Aunque sepa los caminos
yo nunca llegaré a Córdoba.

Por el llano, por el viento,
jaca negra, luna roja.
La muerte me está mirando
desde las torres de Córdoba.

¡Ay qué camino tan largo!
¡Ay mi jaca valerosa!
¡Ay que la muerte me espera,
antes de llegar a Córdoba!

Córdoba.
Lejana y sola.

Cordoba.
Weit weg und einsam.

Schwarzes Pferdchen, großer Mond
und Oliven in meiner Satteltasche.

Auch wenn ich den Weg kenne,
werde ich nie in Cordoba ankommen.

Durch die Ebene, durch den Wind,
schwarzes Pferdchen, roter Mond.
Der Tod schaut von Cordobas Türmen
auf mich herab.

Ach, welch langer Weg!
Ach, welch tapferes Pferdchen!
Ach, daß der Tod mich
vor der Ankunft in Cordoba erwartet!

Cordoba.
Weit weg und einsam.


In einer Multikulti-Gesellschaft sich auflösender Kulturidentitäten wird für den Juden Mose ben Maimon (Maimonides 1135-1204) die Frage nach dem "Schöpfer des Himmels und der Erde" von zentraler Bedeutung. Als Ergebnis entsteht mit dem "Führer der Unschlüssigen" ein 1260 Seiten-Werk, verfasst auf dem Weg von Cordoba nach Kairo. Cordoba ist das Synonym für eine aktuelle Problemstellung und zugleich für die Geschichte Europas ein besonderer Ort.

Während im Osten die Kreuzritter Jerusalem (1187) im Kampf gegen Saladin verlieren, ist Cordoba im Westen noch eine Großstadt mit großen Bibliotheken und einem komplizierten Toleranzgefüge der drei abrahamitischen Religionen. Maimonides stammt aus dieser Kultur, muss vor den Fundamentalisten der Almohaden fliehen und wird schließlich Leibarzt des Sekretärs von Sultan Saladin, al-Fadil, dem faktischen ägyptischen Regierungschef, dann auch Leibarzt des Sultans selbst. Das Grab des Maimonides liegt in Tiberias (Palästina).

Das Werk "Führer der Unschlüssigen" ist in Briefform an Jehudah b. Josef b. Simon ibn Aqnin in arabischer Schrift geschrieben und 1200 fertig. Es folgen zwei hebräische und schon bald eine lateinische Übersetzung. Von Maimonides Hauptwerk führt der Weg zu Thomas von Aquin und Albertus Magnus.

Hier ein Beispiel für die Argumentation des Maimonides:

Buch 2, Siebenzehntes Kapitel

Siebzehntes Kapitel: Der Verf. zeigt, daß man aus der Natur eines Dinges, die es nach seinem Werden und nach seiner Vervollkommnung hat, keinen Schluß ziehen darf auf den Zustand des Dinges zur Zeit, als es sich zum Werden bewegte. Er widerlegt eingehend den Ausspruch Aristoteles', daß die erste Materie weder wird noch vergeht, wie den Ausspruch, daß die Kreisbewegung keinen Anfang hat.

[Auszug] Alles, was erschaffen ist, existiert, nachdem es vorher nicht gewesen. Und selbst wenn auch seine Materie existiert hat, jedoch ihre Form abgelegt und eine andere Form angenommen hat, so ist seine Natur, nachdem es geschaffen und vollendet und zu seiner Konsolidierung gelangt ist, nicht dieselbe, wie zur Zeit seines Werdens und als es anfing aus der Möglichkeit in die Wirklichkeit überzugehen.
Als Beispiel hierfür diene, daß die Natur des weiblichen Samens, solange er sich noch als Blut in den Samengefäßen befindet, nicht dieselbe ist, wie zur Zeit der Empfängnis, wenn er mit dem männlichen Samen zusammentrifft und sich zu bewegen beginnt und ebenso hat er zu dieser Zeit auch nicht dieselbe Natur wie als vollkommen Lebendes nach seiner Geburt. Man kann also in keiner Hinsicht aus der Natur des Dinges nach seinem Werden und nach seiner Vervollständigung und nachdem es konsolidiert in den vollkommensten Zustand, den er erreichen kann, gelangt ist, ein Argument herholen für den Zustand dieses Dinges, in dem es sich befand, als es sich zum Werden bewegte, und ebensowenig aus seinem Zustand zur Zeit seiner Bewegung ein Argument auf seinen Zustand, den es hatte, bevor es sich zu bewegen begann. Wenn du aber hierin einen Irrtum begehst und darauf beharrst, aus der Natur des wirklich existierenden Dinges auf seine Natur, die es hatte, als es noch ein mögliches war, zu schließen, so werden in dir sehr wesentliche Zweifel entstehen und es werden dir Dinge als unmöglich erscheinen, die notwendig existieren und du wirst unmögliche Dinge für notwendig existierende halten. Setzen wir, bei unserem Beispiele bleibend, ein menschliches Individuum, das von der Natur sehr vollkommen entwickelt, auf einer abgeschiedenen Insel geboren wird. Seine Mutter stirbt, nachdem sie es einige Monate gesäugt hat. Der Vater allein hat die Erziehung dieses Kindes zu Ende geführt, bis es groß geworden und zur Vernunft und zur Erkenntnis gelangt ist. Dieser Mensch hat nun absolut nie ein Weib gesehen und auch kein Weibchen von den Tieren. Und eben dieser fragt nun jemand von denen, die in seiner Umgebung sind: "Wieso sind wir zur Existenz gelangt? Auf welche Art sind wir geworden?" Der Gefragte wird ihm antworten: "Jedes Individuum unter uns entsteht tatsächlich im Leib eines anderen Individuums von unserer Art, das ihm ähnlich ist. Dieses ist ein Weib und ist so und so beschaffen. Jedes Individuum unter uns ist im Mutterleib ein kleiner Körper, der lebt, sich bewegt, sich nährt und nach und nach zunimmt, bis es zu einer bestimmten Größengrenze gelangt ist. Dann wird ihm im Leibe nach unten eine Pforte geöffnet, durch die es hinausgelangt. Es hört aber auch nachher nicht auf zu wachsen, bis es so geworden ist, wie du uns siehst." Dieser Waisenknabe wird aber unbedingt fragen müssen: "Nimmt dieses Individuum unserer Art, während es als kleines im Mutterleibe ist und lebt und sich bewegt und wächst, auch Speise und Trank zu sich? Atmet es durch Mund und Nase? Und kann es seine Exkremente absondern?" Man wird ihm antworten: "Nein". Er aber wird ohne Zweifel versuchen, dies in Abrede zu stellen und wird einen Beweis aufrichten, daß alle diese wahren Dinge unmöglich sind, indem er seine Argumente von dem vollkommenen und im konsolidierten Zustande verharrenden Seienden hernimmt. Er wird sagen: "Jedes Individuum unter uns muß, wenn es an der Atmung auch nur einen Teil einer Stunde gehindert ist, sterben, und dann werden dadurch alle seine Bewegungen unmöglich. Wie sollte man sich also vorstellen können, daß ein Menschenwesen unter uns lebend und sich bewegend in einem starken Gefäße, das es umgibt, und das sich im Inneren eines Körpers befindet, monatelang verbleiben könne? Und wenn jemand von uns einen lebendigen Vogel verschlänge, müßte dieser nicht sofort, wenn er in den Magen oder gar in den Unterleib gelangte, sterben? Jedes Individuum von uns muß, wenn es nicht mit dem Munde Speise aufnimmt und Wasser trinkt, zweifellos schon nach wenigen Tagen sterben, und wie sollte das lebende Individuum monatelang ohne Speise und Trank bleiben können? Jedes unserer Individuen muß, wenn es Nahrung aufnimmt aber nicht absondert, schon nach wenigen Tagen unter großen Schmerzen sterben, und wie kann dieses monatelang ohne Absonderung bestehen? Wenn man den Leib irgend jemandes von uns durchbohrte, so müßte dieser nach Tagen sterben; wie kann man sich also denken, daß dieses keimende Leben einen offenen Nabel haben soll? Wieso geschieht es, daß es seine Augen nicht öffnet, seine Hände nicht ausbreitet und seine Füße nicht streckt, da doch alle diese Organe vollkommen sind und, wie ihr saget, von keinerlei Krankheit betroffen werden?" Und auf diese Weise wird er die Schlußfolgerung bis zu Ende fortsetzen, daß es absolut unmöglich ist, daß der Mensch in dieser Art werde. (Maimonides: Führer der Unschlüssigen, Buch 1, Kapitel 17, S. 111-112).
elisabethvonthüringen
Todenhöfer und das 'grausame Alte Testament'
„Nein, das Ausrotten der Feinde hat für uns Christen heute keine Relevanz mehr (auch wenn im AT beschrieben), weil Jesus Feindesliebe lehrte. Und eigentlich hat sich das schon herumgesprochen, lieber Herr Todenhöfer.“ Gastbeitrag von Johannes Hartl
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eiss
Einige Gedanken zum Reiterlied
1. Die katholische Gegenreformation antwortet auf die Reformation, indem sie die Denkmuster der Moderne aufnimmt und in einen Kampf gegen diese Moderne wendet. Die europäische Kultur unserer Zeit beruht auch darauf, dass sie im Kampf gegen die Moderne eben diese Moderne umso gründlicher durchgesetzt hat.
2. Die gute alte katholische Zeit endet nicht mit dem II. …Mehr
Einige Gedanken zum Reiterlied

1. Die katholische Gegenreformation antwortet auf die Reformation, indem sie die Denkmuster der Moderne aufnimmt und in einen Kampf gegen diese Moderne wendet. Die europäische Kultur unserer Zeit beruht auch darauf, dass sie im Kampf gegen die Moderne eben diese Moderne umso gründlicher durchgesetzt hat.

2. Die gute alte katholische Zeit endet nicht mit dem II. Vatikanum, sondern der Anfang vom Ende dieser älteren Epoche ist 1914 und diese Zeit endet mit dem II. Weltkrieg. Das II. Vatikanum ist der Versuch, eine Neubestimmung in einem gesellschaftlich neuen Kontext vorzunehmen, aus den Trümmern zu retten, was zu retten ist.

3. Der Modernismus setzt sich umso gründlicher durch, je mehr er bekämpft wird. Vermeintlicher Traditionalismus kann in einem Wandel der Epochen zur Akklamation eben dieses Modernismus werden.

4. Im Kampf gegen die Islamisierung verwandeln sich treue Katholiken in ideologische Anhänger der Moderne, werden zur Speerspitze des Modernismus.

5. Was katholisch im dritten Jahrtausend nach Christus bedeutet, ist eine Geschichte, die noch zu schreiben ist, weil der Weg die Spuren hinter uns sind.

„Cordoba. Weit weg und einsam.“