"Lesen Sie bloß keine religiösen Zeitungen" - von Monsignore N.N.
In einer Szene des Romans liest Pfarrer Smith, die Hauptfigur, so wie ich selbst leider manchmal auch, „die wie gewöhnlich mit Gemeindeklatsch und Diözesangewäsch angefüllte Kirchenzeitung." Beim Lesen des salbungsvollen Quatsches und frommen Gefasels deucht ihm, dass der Beichtvater des religiösen Schriftstellers Baron von Hügel, +1925, recht hatte, als er dem Baron riet: "Lesen Sie bloß keine religiösen Zeitungen".
In diesem Sinne fiel mein Blick jüngst auf eine italienische Bistumszeitung, wo auf der ersten Seite im Leitartikel eine Karikatur zu sehen war, die für Begriffsstutzige unter den Lesern sicherheitshalber noch einmal auf Seite 2 wiederholt wurde.
Das Bild zeigt einen älteren, abweisend blickenden Mann, offenbar Gott Vater, in blauem Kleid mit Knebelbart und verschränkten Händen auf einer Wolke sitzen. Von der Erde ertönen Gebete: „Erhöre uns, Herr, Amen, Amen“.
Zwei Engel mit einer Art Irokesen-Haarschnitt raunen einander zu: „Gott hat entschieden, ihre Gebete, Gesänge und Anrufungen so lange nicht mehr zu erhören, wie sie nicht das Schreien der von Kriegen heimgesuchten Kinder hören“.
Ist das Gotteslästerung? Der Katechismus der Katholischen Kirche (2148; vgl. 2148) definiert als Gotteslästerung, dass man gegen Gott Worte des Vorwurfs äußert, schlecht über Gott redet und es an Ehrfurcht vor ihm fehlen lässt. Sie ist in sich eine schwere Sünde.
Der Leitartikel trägt passenderweise die Überschrift "Die letzte Häresie", meint aber nicht die ehrfurchtslose Zeichnung, die, wie ich befürchte, nicht die letzte sein wird.
