Bunte Stühle im Würzburger Dom
![](https://seedus2043.gloriatv.net/storage1/m77i9h9wsap0ne3e0dd8rlgmgum8oqaclkxe04f.webp?scale=on&secure=RKNZU57pEECkhJqy5oEQJw&expires=1720827745)
Was war passiert? Am Vormittag hatte sich der Dom langsam gefüllt. Wohl 600 Bewohner und Beschäftigte aus unterfränkischen Behinderten- und Psychiatrieeinrichtungen und ihre Betreuer waren gekommen, um ihre Stühle für die Aktion „Nimm Platz!“ abzugeben. Seit Februar hatten sie daran geplant und gearbeitet, bis zu 30 Personen waren mit der Gestaltung einzelner Stühle beschäftigt gewesen. 74 Künstlergruppen hatten fast 100 Stühle gestaltet.
Die Aktion, zu der das Seelsorgereferat der Diözese Würzburg und die Behindertenhilfe im Diözesan-Caritasverband aufgerufen hatten, soll die Öffentlichkeit für das Thema Inklusion sensibilisieren. Das heißt, es geht um die natürliche Einbindung aller Menschen – egal ob mit oder ohne Behinderung – in die Gesellschaft. Menschen mit Behinderung sollten symbolisch einen Stuhl gestalten und so darstellen, wie sie ihren Platz in Kirche und Gesellschaft erleben oder sich wünschen.
Das ist ihnen gelungen, sagte Bischof Dr. Friedhelm Hofmann: „Ich habe einen Blick auf die Stühle geworfen, die Sie gestaltet haben. Ich kann nur sagen: Sie sind spitze – das habt Ihr sehr gut gemacht!“ Der Bischof gestaltete einen Wortgottesdienst, mit dem das Rückgabefest begann. Die Ausgrenzung und Abschiebung von Menschengruppen sei mit der von Gott kommenden Würde des Menschen nicht vereinbar, betonte der Bischof in seiner Predigt. „In jedem Menschen, der an den Rand der Gesellschaft gedrängt wird, wird Gott aus der Gesellschaft verdrängt. Für Gott ist deshalb Inklusion kein Fremdwort.“
Gemeinsam mit Blindenfußball-Nationalspieler Sebastian Schäfer und Landtagspräsidentin Barbara Stamm teilte Bischof Hofmann sich die Schirmherrschaft für die Aktion. Sehr erstaunt äußerte er sich darüber, was mit einem einfachen Stuhl alles gemacht werden kann: „Einige sehen fast aus wie ein Thron.“ Alle drei trauten es sich auch, einen Stuhl spontan zu interpretieren. Schäfer bekam dabei passenderweise einen Stuhl, den Bewohner des Würzburger Blindeninstituts gestaltet hatten. Die anwesenden Künstler konnten dann ergänzen, was die drei Prominenten übersehen hatten. Die anschließende Einladung in den Kreuzgang zu Bratwurst und kühlen Getränken, die Jugendliche des Don-Bosco-Berufsbildungswerks vorbereitet hatten, nahmen alle Anwesenden begeistert an.
Die Stühle standen zum Bedauern vieler Besucher nur wenige Stunden im Dom. Doch 30 ausgewählte Exemplare sind ab dem 25. September für zwei Wochen im Museum am Dom zu sehen. Eine siebenköpfige Jury, an der auch Künstler und Menschen mit Behinderung teilnehmen, wird bis dahin die schwere Aufgabe übernehmen, 30 Stühle für eine Wanderausstellung zusammenzustellen und zehn von ihnen für den Vinzenzpreis vorzuschlagen. Die Auszeichnung des Diözesan-Caritasverbandes, die am Vinzenztag vergeben wird, ist mit einem Preisgeld von 5000 Euro verbunden. Die Wanderausstellung „Nimm Platz“ wird ab November an verschiedenen unterfränkischen Orten präsentiert. Anfang 2012 ist sie für drei Wochen im Bayerischen Landtag zu sehen.