Das 2. Vatikanische Konzil: ein Flop?
(gloria.tv/ fssplinz.at) Gedanken zum fünfzigsten Jahrestages des Konzilsbeginns für den Rundbrief der Gemeinde der Petrusbruderschaft in Linz. Von Pater W. Zimmer.
Am 11. Oktober jährt sich zum 50. Mal der Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die Liturgie war das erste Thema, dessen sich das Konzil angenommen hatte. Die Liturgiereform, die dann 7 Jahre später verpflichtend wurde, brachte eine der einschneidendsten Änderungen. Die Liturgiereform ist mit Sicherheit jene Änderung des Konzils, die am tiefsten ins Bewusstsein des durchschnittlich gebildeten katholischen Volkes eingedrungen ist. Die „Konstitution über die heilige Liturgie“ wurde am 4. Dezember 1964 verkündet und war das erste greifbare Ergebnis des Konzils.
Dieses Dokument beginnt damit, das Ziel des gesamten Zweiten Vatikanums zu definieren und zwar in 4 Punkten:
• Erstens wolle das Konzil das „christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr vertiefen“,
• zweitens wolle es „die dem Wechsel unterworfenen Einrichtungen den Notwendigkeiten unseres Zeitalters besser“ anpassen,
• drittens wolle es „fördern, was immer zur Einheit aller, die an Christus glauben, beitragen kann“ und
• viertens wolle das Konzil „stärken, was immer helfen kann, alle in den Schoß der Kirche“ zu rufen. (SC 1)
In der Medienindustrie nennt man einen Film dann einen „Flop“, wenn er nicht einspielt, was man sich von ihm erwartet hatte. Hat das Zweite Vatikanische Konzil - gemessen an den Zielen, die es sich selbst gestellt hat - „eingespielt“, was es von sich erwartet hat, oder war es ein Flop?
Wie immer man diese provokante Frage beantworten möchte, so ist es doch unleugbar, dass die angestrebten Ziele nicht erreicht wurden.
• Das Ziel, das „christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen“ ist, unabhängig davon, ob man das Konzil selbst dafür verantwortlich macht oder allgemeine gesellschaftliche Veränderungen, die das Konzil auch nicht abfangen konnte, klar verfehlt worden. Dabei ist statistisch nachweisbar, dass in der unmittelbaren nachkonziliaren Zeit die Zahl der Priesterberufungen drastisch eingebrochen, die Zahl der Kirchenaustritte und Ehescheidungen beständig gestiegen ist.
Die Seelsorge sieht sich heute mit dem Phänomen konfrontiert, dass eine große Anzahl von Katholiken so lebt, als brauche es die Kirche nicht. Der Slogan „Gott ja, Kirche nein“ drückt dabei die Grundstimmung sehr vieler Katholiken aus. Der katholische Glaube, verkündet durch die Kirche, hat dabei keinen Einfluss mehr auf das praktische Leben, dieser Einfluss wird teilweise sogar ausdrücklich abgelehnt. Egal, ob man dieses Phänomen nun am sonntäglichen Kirchenbesuch (5 - 30% der Katholiken je nach Region und Pfarre), an Ehescheidung und Ehemoral, an einem glaubensgeprägten Alltagsleben (Tischgebet, Freitagsgebot, bewusst religiös gestaltete Feier von Weihnachten, Ostern...) oder sogar an der regelmäßigen Beichte festmachen will, wirklich christliches Leben ist auf einen Bruchteil der Katholiken zusammen geschrumpft.
• Das Ziel, „die dem Wechsel unterworfenen Einrichtungen den Notwendigkeiten unseres Zeitalters besser“ anzupassen, wurde vor allem auf die Liturgie angewandt. Dabei stand im Vordergrund, den Gläubigen größeren geistlichen Nutzen zu vermitteln.
„Damit das christliche Volk in der heiligen Liturgie die Fülle der Gnaden mit größerer Sicherheit erlange, ist es der Wunsch der heiligen Mutter Kirche, eine allgemeine Erneuerung der Liturgie sorgfältig in die Wege zu leiten“ (SC 21). „Denn die Liturgie enthält einen kraft göttlicher Einsetzung unveränderlichen Teil und Teile, die dem Wandel unterworfen sind. Diese Teile können sich im Laufe der Zeit ändern, oder sie müssen es sogar, wenn sich etwas eingeschlichen haben sollte, was der inneren Wesensart der Liturgie weniger entspricht oder wenn sie sich als weniger geeignet herausgestellt haben. Bei dieser Erneuerung sollen Texte und Riten so geordnet werden, dass sie das Heilige (...) deutlicher zum Ausdruck bringen und so, dass das christliche Volk sie möglichst leicht erfassen und in voller, tätiger und gemeinschaftlicher Teilnahme mitfeiern kann“ (ebenda).
Auf die große Diskrepanz, die zwischen den Regeln, die das Konzil für die Erneuerung der Liturgie gab, dem, was dann tatsächlich 1969 verpflichtend wurde und dem, was in weiterer Folge daraus geworden ist, sei hier nur stichwortartig eingegangen: Nirgends spricht das Zweite Vatikanische Konzil von der Einführung eines Volksaltares, Latein als Kultsprache sollte beibehalten werden, der Volkssprache lediglich größerer Raum gegeben werden, der Gregorianische Gesang sollte beibehalten werden, nur der Apostolische Stuhl und mit Einschränkungen die Bischöfe und Bischofskonferenzen dürfen Änderung in der Liturgie vornehmen. „Deshalb darf durchaus niemand sonst, auch wenn er Priester wäre, nach eigenem Gutdünken in der Liturgie etwas hinzufügen, wegnehmen oder ändern.“ (SC 22 §3).
Angesichts der liturgischen Realität ist die Forderung des Konzils, Änderungen in der Liturgie vorzunehmen, wenn sich Elemente eingeschlichen haben, die dem Wesen und der Heiligkeit der Liturgie nicht entsprechen, aktueller denn je. Das Verständnis für das Heilige und für einen Gottesdienst ist einem Menschendienst in der Liturgie gewichen. Die sonntägliche Messe ist etwas geworden, was nach Unterhaltungskriterien gestaltet und beurteilt wird.
Wie soll die „Fülle der Gnade mit größerer Sicherheit“ erreicht werden, wenn Wortgottesdienste als - vielleicht bedauerliche - Alternative zur heiligen Messe gesehen werden, aber ein Versuch, die Gläubigen zu motivieren, statt eines Wortgottesdienstes eine heilige Messe mitzufeiern, nicht einmal ansatzweise erkennbar ist. Wortgottesdienste kann jeder für sich zu Hause genau so gut selbst halten! Es widerspricht dem 2. Vatikanischen Konzil, Wortgottesdienste als Alternative zur hl. Messe anzusehen, sagt doch das Konzil von der Messe, dass „deren Wirksamkeit kein anderes Tun der Kirche an Rang und Maß erreicht“ (SC 7).
Selbst die vom Konzil betonte „tätige Teilnahme“ hat sich in Wahrheit nicht erfüllt. Worin unterscheidet sich denn die tätige Teilnahme im neuen Ritus von der in der außerordentlichen Form? Im Kehrvers nach dem Graduale, im Händeschütteln nach dem Friedensgruß und im gemeinsam gebeteten Vater unser. Lieder singen und Antworten geben hat es früher auch schon gegeben und alles andere betrifft nur Einzelpersonen! Warum die Teilnahme eines durchschnittlichen Kirchgängers tätiger sein soll, nur weil die Lesung von einem Laien vorgetragen wird und er sich die Kommunion von einem Laien reichen lassen muss, bleibt ein Geheimnis.
Und die Volkssprache hat die Teilnahme an der Liturgie weder tätiger und besser gemacht, sondern nur bequemer. Das Ziel, zu „fördern, was immer zur Einheit aller, die an Christus glauben, beitragen kann“ ist derzeit einfach nicht anstrebbar, denn wir haben alle Hände damit zu tun, einen Minimalkonsens unter den Katholiken aufrecht zu erhalten. Die Stichworte Kirchenvolksbegehren und Pfarrerinitiative mögen hier als Begründung genügen.
Das gleiche gilt für das Ziel zu „stärken, was immer helfen kann, alle in den Schoß der Kirche“ zu rufen. Jährlich verlässt in Österreich eine Anzahl von Katholiken die Kirche, die der Größe einer Kleinstadt entspricht. Sorgen wir uns also lieber darum, den eigenen Leuten zu erklären, warum sie katholisch bleiben sollen, bevor wir uns an das vierte Ziel des Konzils wagen. Es greift sicherlich zu kurz, all diese Entwicklungen monokausal auf das Zweite Vatikanische Konzil zurückzuführen. Aber davon freisprechen kann man das Konzil auch nicht.
Nur mehr unverbesserliche Konzilsfundamentalisten halten das Zweite Vatikanum für eine Erfolgsgeschichte. Ebenso greift zu kurz, die außerordentliche Form der heiligen Messe als Allheilmittel für den Glaubensabfall unserer Tage zu sehen. Dennoch bleibt unbestritten, dass diese Form der Liturgie sich in der Geschichte bewährt hat, um das „christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen“, was von der ordentlichen Form der Liturgie nicht behauptet werden kann.
Am 11. Oktober jährt sich zum 50. Mal der Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die Liturgie war das erste Thema, dessen sich das Konzil angenommen hatte. Die Liturgiereform, die dann 7 Jahre später verpflichtend wurde, brachte eine der einschneidendsten Änderungen. Die Liturgiereform ist mit Sicherheit jene Änderung des Konzils, die am tiefsten ins Bewusstsein des durchschnittlich gebildeten katholischen Volkes eingedrungen ist. Die „Konstitution über die heilige Liturgie“ wurde am 4. Dezember 1964 verkündet und war das erste greifbare Ergebnis des Konzils.
Dieses Dokument beginnt damit, das Ziel des gesamten Zweiten Vatikanums zu definieren und zwar in 4 Punkten:
• Erstens wolle das Konzil das „christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr vertiefen“,
• zweitens wolle es „die dem Wechsel unterworfenen Einrichtungen den Notwendigkeiten unseres Zeitalters besser“ anpassen,
• drittens wolle es „fördern, was immer zur Einheit aller, die an Christus glauben, beitragen kann“ und
• viertens wolle das Konzil „stärken, was immer helfen kann, alle in den Schoß der Kirche“ zu rufen. (SC 1)
In der Medienindustrie nennt man einen Film dann einen „Flop“, wenn er nicht einspielt, was man sich von ihm erwartet hatte. Hat das Zweite Vatikanische Konzil - gemessen an den Zielen, die es sich selbst gestellt hat - „eingespielt“, was es von sich erwartet hat, oder war es ein Flop?
Wie immer man diese provokante Frage beantworten möchte, so ist es doch unleugbar, dass die angestrebten Ziele nicht erreicht wurden.
• Das Ziel, das „christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen“ ist, unabhängig davon, ob man das Konzil selbst dafür verantwortlich macht oder allgemeine gesellschaftliche Veränderungen, die das Konzil auch nicht abfangen konnte, klar verfehlt worden. Dabei ist statistisch nachweisbar, dass in der unmittelbaren nachkonziliaren Zeit die Zahl der Priesterberufungen drastisch eingebrochen, die Zahl der Kirchenaustritte und Ehescheidungen beständig gestiegen ist.
Die Seelsorge sieht sich heute mit dem Phänomen konfrontiert, dass eine große Anzahl von Katholiken so lebt, als brauche es die Kirche nicht. Der Slogan „Gott ja, Kirche nein“ drückt dabei die Grundstimmung sehr vieler Katholiken aus. Der katholische Glaube, verkündet durch die Kirche, hat dabei keinen Einfluss mehr auf das praktische Leben, dieser Einfluss wird teilweise sogar ausdrücklich abgelehnt. Egal, ob man dieses Phänomen nun am sonntäglichen Kirchenbesuch (5 - 30% der Katholiken je nach Region und Pfarre), an Ehescheidung und Ehemoral, an einem glaubensgeprägten Alltagsleben (Tischgebet, Freitagsgebot, bewusst religiös gestaltete Feier von Weihnachten, Ostern...) oder sogar an der regelmäßigen Beichte festmachen will, wirklich christliches Leben ist auf einen Bruchteil der Katholiken zusammen geschrumpft.
• Das Ziel, „die dem Wechsel unterworfenen Einrichtungen den Notwendigkeiten unseres Zeitalters besser“ anzupassen, wurde vor allem auf die Liturgie angewandt. Dabei stand im Vordergrund, den Gläubigen größeren geistlichen Nutzen zu vermitteln.
„Damit das christliche Volk in der heiligen Liturgie die Fülle der Gnaden mit größerer Sicherheit erlange, ist es der Wunsch der heiligen Mutter Kirche, eine allgemeine Erneuerung der Liturgie sorgfältig in die Wege zu leiten“ (SC 21). „Denn die Liturgie enthält einen kraft göttlicher Einsetzung unveränderlichen Teil und Teile, die dem Wandel unterworfen sind. Diese Teile können sich im Laufe der Zeit ändern, oder sie müssen es sogar, wenn sich etwas eingeschlichen haben sollte, was der inneren Wesensart der Liturgie weniger entspricht oder wenn sie sich als weniger geeignet herausgestellt haben. Bei dieser Erneuerung sollen Texte und Riten so geordnet werden, dass sie das Heilige (...) deutlicher zum Ausdruck bringen und so, dass das christliche Volk sie möglichst leicht erfassen und in voller, tätiger und gemeinschaftlicher Teilnahme mitfeiern kann“ (ebenda).
Auf die große Diskrepanz, die zwischen den Regeln, die das Konzil für die Erneuerung der Liturgie gab, dem, was dann tatsächlich 1969 verpflichtend wurde und dem, was in weiterer Folge daraus geworden ist, sei hier nur stichwortartig eingegangen: Nirgends spricht das Zweite Vatikanische Konzil von der Einführung eines Volksaltares, Latein als Kultsprache sollte beibehalten werden, der Volkssprache lediglich größerer Raum gegeben werden, der Gregorianische Gesang sollte beibehalten werden, nur der Apostolische Stuhl und mit Einschränkungen die Bischöfe und Bischofskonferenzen dürfen Änderung in der Liturgie vornehmen. „Deshalb darf durchaus niemand sonst, auch wenn er Priester wäre, nach eigenem Gutdünken in der Liturgie etwas hinzufügen, wegnehmen oder ändern.“ (SC 22 §3).
Angesichts der liturgischen Realität ist die Forderung des Konzils, Änderungen in der Liturgie vorzunehmen, wenn sich Elemente eingeschlichen haben, die dem Wesen und der Heiligkeit der Liturgie nicht entsprechen, aktueller denn je. Das Verständnis für das Heilige und für einen Gottesdienst ist einem Menschendienst in der Liturgie gewichen. Die sonntägliche Messe ist etwas geworden, was nach Unterhaltungskriterien gestaltet und beurteilt wird.
Wie soll die „Fülle der Gnade mit größerer Sicherheit“ erreicht werden, wenn Wortgottesdienste als - vielleicht bedauerliche - Alternative zur heiligen Messe gesehen werden, aber ein Versuch, die Gläubigen zu motivieren, statt eines Wortgottesdienstes eine heilige Messe mitzufeiern, nicht einmal ansatzweise erkennbar ist. Wortgottesdienste kann jeder für sich zu Hause genau so gut selbst halten! Es widerspricht dem 2. Vatikanischen Konzil, Wortgottesdienste als Alternative zur hl. Messe anzusehen, sagt doch das Konzil von der Messe, dass „deren Wirksamkeit kein anderes Tun der Kirche an Rang und Maß erreicht“ (SC 7).
Selbst die vom Konzil betonte „tätige Teilnahme“ hat sich in Wahrheit nicht erfüllt. Worin unterscheidet sich denn die tätige Teilnahme im neuen Ritus von der in der außerordentlichen Form? Im Kehrvers nach dem Graduale, im Händeschütteln nach dem Friedensgruß und im gemeinsam gebeteten Vater unser. Lieder singen und Antworten geben hat es früher auch schon gegeben und alles andere betrifft nur Einzelpersonen! Warum die Teilnahme eines durchschnittlichen Kirchgängers tätiger sein soll, nur weil die Lesung von einem Laien vorgetragen wird und er sich die Kommunion von einem Laien reichen lassen muss, bleibt ein Geheimnis.
Und die Volkssprache hat die Teilnahme an der Liturgie weder tätiger und besser gemacht, sondern nur bequemer. Das Ziel, zu „fördern, was immer zur Einheit aller, die an Christus glauben, beitragen kann“ ist derzeit einfach nicht anstrebbar, denn wir haben alle Hände damit zu tun, einen Minimalkonsens unter den Katholiken aufrecht zu erhalten. Die Stichworte Kirchenvolksbegehren und Pfarrerinitiative mögen hier als Begründung genügen.
Das gleiche gilt für das Ziel zu „stärken, was immer helfen kann, alle in den Schoß der Kirche“ zu rufen. Jährlich verlässt in Österreich eine Anzahl von Katholiken die Kirche, die der Größe einer Kleinstadt entspricht. Sorgen wir uns also lieber darum, den eigenen Leuten zu erklären, warum sie katholisch bleiben sollen, bevor wir uns an das vierte Ziel des Konzils wagen. Es greift sicherlich zu kurz, all diese Entwicklungen monokausal auf das Zweite Vatikanische Konzil zurückzuführen. Aber davon freisprechen kann man das Konzil auch nicht.
Nur mehr unverbesserliche Konzilsfundamentalisten halten das Zweite Vatikanum für eine Erfolgsgeschichte. Ebenso greift zu kurz, die außerordentliche Form der heiligen Messe als Allheilmittel für den Glaubensabfall unserer Tage zu sehen. Dennoch bleibt unbestritten, dass diese Form der Liturgie sich in der Geschichte bewährt hat, um das „christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen“, was von der ordentlichen Form der Liturgie nicht behauptet werden kann.