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Das “Vater Unser” von Franziskus ist keine Übersetzung

Der griechische Originaltext des Vater Unser ist in keiner Hinsicht zweideutig. Das schreibt Anthony Esolen, Professor für klassische Literatur an der US-Hochschule Thomas More College of Liberal Arts auf firstthings.com (11. Dezember).

Esolen unterstreicht, dass der griechische Text sagt „führe uns nicht in Versuchung“ und nichts anderes.

Die neue französische Version „und lass uns nicht in Versuchung fallen“, die Papst Franziskus unterstützt, ist für Esolen voller Probleme: „Wir können nicht von einem aktiven Verb, Modus Indikativ, Zeitform Präsens, zweite Person Einzahl, mit einem eindeutigen direkten Objekt zu einem völlig anderen Verb – „nicht erlauben“ –mit einem Infinitiv, der sich nirgends im Text befindet, – „zu fallen“ – übergehen, ohne dass die Übersetzung zu einer theologischen Auslegung würde.“

Bild: © Jeffrey Bruno, CC BY-NC-ND, #newsIlhhxxjrvr
Carlus
ein Leserbrief in der FAZ
Wer noch nicht abgefallen ist, der mag jetzt versucht sein, es zu tun: nicht vom Glauben, aber von dem an die Weisheit seines höchsten Repräsentanten. Der Papst möchte das Vaterunser neu übersetzen lassen. Denn die Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“ gefällt ihm nicht. Gott, hat er gerade mitgeteilt, führe nicht in Versuchung, das …Mehr
ein Leserbrief in der FAZ

Wer noch nicht abgefallen ist, der mag jetzt versucht sein, es zu tun: nicht vom Glauben, aber von dem an die Weisheit seines höchsten Repräsentanten. Der Papst möchte das Vaterunser neu übersetzen lassen. Denn die Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“ gefällt ihm nicht. Gott, hat er gerade mitgeteilt, führe nicht in Versuchung, das tue nur der Satan. Also sei es richtiger, Gott zu bitten: „Lass mich nicht in Versuchung geraten“. Sancta simplicitas, halten zu Gnaden. Was wäre denn der Unterschied zwischen „in Versuchung führen“ und „nicht in Versuchung geraten lassen“?

Jemand wandelt seiner irdischen Wege, und am Horizont steht eine Versuchung. Wer hat sie denn dahin gestellt? Also gut, der Satan. Und Gott führt den Menschen jetzt nicht dahin, sondern lässt es eben zu, dass er sich begehrlichen oder schwachen Herzens auf die Versuchung zubewegt. Einmal handelt Gott durch Handeln – „Bitte schön, da geht es lang“ –, das andere Mal durch Unterlassen, er sagt einfach nichts dazu. Das eine Mal wird Gott zugetraut, uns durch die Möglichkeit zum Bösen zu prüfen, das andere Mal wird an ihn appelliert, er möge Warnschilder aufstellen: Das Betreten dieser Privatstraße kostet eine Todsünde. Oder unser moralisches GPS ein bisschen stören, so dass wir an der Versuchung gar nicht vorbeikommen. Oder gar: das Böse entfernen, noch bevor wir in seine Nähe geraten.

Angesichts der Gott attestierten Allmacht und Allwissenheit, könnte er sich beim Unterlassen solcher Gefahrenabwehr aber jedenfalls nicht auf Ahnungslosigkeit, momentanes Abgelenktgewesensein oder ein Büroversagen herausreden. Denn wenn in der Lesart von Papst Franziskus nur der Satan in Versuchung führt, bleibt doch die ewige Kinderfrage unbeantwortet, wieso Gott dessen Handeln zulässt und ob es zuzulassen nicht dasselbe ist wie in Versuchung führen. Das Kopfzerbrechen der hochmittelalterlichen Nominalisten, die sich einen Gott vorstellen konnten, dessen Macht auch die zur Schöpfung einer zweifelhaften Welt samt Satan beinhaltet, ist dem Papst offenbar fremd.

Der eigentliche Unterschied seines innovativen Vorschlags zum tradierten Wort liegt denn auch nicht in größerem Gottvertrauen. Vielmehr in größerer Ahnungslosigkeit. Statt „uns“ soll es nun „mich“ heißen, und es soll so getan werden, als sei Gott gar nicht in der Lage, den Menschen in Versuchung zu führen. Das ist angesichts der Tatsache, dass er es schon einmal getan hat, etwas textfremd. Oder wie möchte Papst Franziskus die Geschichte mit dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse verstehen, von dessen Früchten zu essen Gott dem ersten Paar, Eva und Adam, jenem ersten „uns“, verbot? Lag in diesem Verbot keine Versuchung? Wer hat Abraham befohlen, seinen Sohn Isaak zu opfern? Auch der Satan?

Zeigt sich in jenen Urszenen, weil darin tatsächlich eine Versuchung lag, die Versuchung zur Freiheit, der wir auch erlegen sind, nicht eine gottes- und menschheitsgeschichtlich bedeutsame Eigenschaft der Welt? Ihre paradoxen Eigenschaften werden sich so wenig wie diejenigen Gottes wegübersetzen lassen. Man hört, er habe seinen Sohn geopfert. Müssen wir uns darauf einstellen, dass dies aus Rom demnächst genauso kommentiert wird, wie jetzt das In-Versuchung-Führen: „Ein Vater“ teilt der Papst mit, „mache so etwas nicht.“ Dieser schon.

FAZ (09.12.2017)
Brazos
@ew-g
Vieles kann da eigentlich nur vermutet werden, auch ob es die Evangelisten waren, die das Vater unser ins griechische Übersetzt haben. Sicherlich wurde das Vater unser nicht ins griechische übersetzt um es vom Sinn her verständlicher zu machen, sondern um es mehr Menschen zugänglicher zu machen.
Es könnte natürlich sein, das Jesus das Vater unser auf Hebräisch vorgebetet hat, aber ich sehe …Mehr
@ew-g
Vieles kann da eigentlich nur vermutet werden, auch ob es die Evangelisten waren, die das Vater unser ins griechische Übersetzt haben. Sicherlich wurde das Vater unser nicht ins griechische übersetzt um es vom Sinn her verständlicher zu machen, sondern um es mehr Menschen zugänglicher zu machen.
Es könnte natürlich sein, das Jesus das Vater unser auf Hebräisch vorgebetet hat, aber ich sehe hier die Wahrscheinlichkeit für ein aramäisches vorbeten erheblich höher.
Letztendlich geht es hier um das Gottesbild, was Jesus uns durch das Vaterunser zeigen wollte und diesem Gottesbild kommen wir mit der aramäischen Übersetzung sicherlich näher.
Die syrische Kirche hat ihren Nachfolger Petri, direkt nach dem Tod von Petrus, in Damaskus als Bischof eingesetzt. Sie haben ihre Liturgie also schon sehr früh gepflegt und sind heute noch stolz darauf, das Vater unser in der Muttersprache Jesu zu beten. Da wir durch die Katholizität der syrischen Kirche auch Zugang zu ihrer Liturgie haben, dürfen wir uns auch von ihr bereichern lassen und da gehört die Übersetzung des Vater unsers, vom nächstmöglichen Original, mit Sicherheit dazu.
ew-g
@Brazos
Noch eine Ergänzung: Ob Christus das Beten in der Umgangssprache Aramäisch gelehrt hat oder in der Gebetssprache Hebräisch, kann lediglich vermutet werden.
ew-g
@Brazos
Es geht nicht um die Sprache, sondern um den Text. Was hier als "aramäisches Vaterunser" bezeichnet wird, entspricht augenscheinlich nicht unserem Vaterunser der Evangelien.
Es waren die Evangelisten, die auf Griechisch berichteten, was Christus gesagt hat. Und die konnten sowohl Aramäisch als auch Griechisch sehr gut. Sie haben uns vermutlich die beste Übersetzung geliefert.
Wenn wir nach …Mehr
@Brazos
Es geht nicht um die Sprache, sondern um den Text. Was hier als "aramäisches Vaterunser" bezeichnet wird, entspricht augenscheinlich nicht unserem Vaterunser der Evangelien.
Es waren die Evangelisten, die auf Griechisch berichteten, was Christus gesagt hat. Und die konnten sowohl Aramäisch als auch Griechisch sehr gut. Sie haben uns vermutlich die beste Übersetzung geliefert.

Wenn wir nach 2000 Jahren Alternativ-Vorschläge entwickeln - nach welcher Sprache auch immer -, kann nur akzeptabel sein, was der griechischen Fassung entspricht. Was im Internet zu lesen ist, scheint aber gezielt formuliert zu sein, also kaum greifbar. Dass Aramäisch eine so wenig eindeutige Kommunikation ergeben haben soll, scheint mir unglaubhaft,

Leider konnte ich auch nicht finden, woher das "aramäische Vaterunser" kommt. Solange wir das nicht wissen, kann von "Original" nicht die Rede sein, nur weil's in Christi Sprache formuliert ist. Es ist deshalb keinesfalls zutreffender, keineswegs "originärer" als unser Vaterunser.
Brazos
Aramäisch ist die Liturgiesprache der syrisch-katholischen Kirche und damit nicht unkanonisch.
ew-g
@Brazos
Danke, hatte Sie falsch verstanden. Dann stellt sich also doch die Frage nach der Herkunft. Der vermutete Matthäus - das wäre sensationell! Wahrscheinlich bestenfalls apogryph.
Wie dem auch sei: Kanonisch ist es nicht und deshalb für uns nicht mehr als "nice to know".
ew-g
@Dixit Dominus
Etwas verspätet, da nachlässig gelesen:
Welcher "gelehrte Herr sagt, ... Indikativ, Präsens..."? Es ist Konjunktivum Aoristi.
Brazos
@ew-g
Lass oberflächliche Dinge uns nicht irreführen, sondern befreie uns von dem, was uns zurückhält.
Das ist die Übersetzung aus dem aramäischen.Mehr
@ew-g

Lass oberflächliche Dinge uns nicht irreführen, sondern befreie uns von dem, was uns zurückhält.
Das ist die Übersetzung aus dem aramäischen.
ew-g
@Joachim-Anna
Das macht's nicht besser; auch die sind keine brauchbare Referenz.
ew-g
@Brazos
Nicht verstanden! Sie haben doch geschrieben:
"Wela tachlân l'nesjuna ela patzân min bischa...Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen."
Das ist doch identisch!
Der Link führt leider nicht weiter, den Beleg für einen"Originaltext" hab' ich nicht gesehen. Aber es bringt ja ohnehin nichts Neues...Mehr
@Brazos

Nicht verstanden! Sie haben doch geschrieben:

"Wela tachlân l'nesjuna ela patzân min bischa...Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen."

Das ist doch identisch!
Der Link führt leider nicht weiter, den Beleg für einen"Originaltext" hab' ich nicht gesehen. Aber es bringt ja ohnehin nichts Neues...
Brazos
@ew-g
Nein, ich habe nicht gesagt identisch, ich habe nur gesagt, die neue Übersetzung unseres Papstes kommt dem Original näher.
Die Übersetzung habe ich gegoogelt:
www.bunkahle.com/…/Aramaeisches_Va…
ew-g
@Brazos
Nun sagen Sie doch schon, woher Sie den "Originaltext" haben! Eine aramäische Abschrift wäre ja nicht deshalb original, weil es die originale Sprache ist. Aber Sie schreiben ja, dass die Übertragungen ins Deutsche identisch sind...
Joachim-Anna
Ich wollte nur noch einmal darauf hinweisen, dass PF sich sicherlich auf das spanische und portugiesische VATER UNSER beruft.
Da heißt es nämlich: "und lasse uns nicht in Versuchung fallen/stürzen".
ew-g
@Heilwasser
Ich stichele nicht, sondern ich warne vor Ihrer Pseudo-Wissenschaftlichkeit und Ihrer Pseudo-Philologie. Ich habe Ihnen mehrfach den Disput angeboten - merkwürdigerweise ist mein Kommentar von Ihrer Seite verschwunden. Vielleicht weil ich nicht glauben mochte, dass ein Univ.-Dipl.-Theol. kein Griechisch gelernt hat?
Wenn Sie ehrlich an einer Widerlegung interessiert sind, werde ich das …Mehr
@Heilwasser
Ich stichele nicht, sondern ich warne vor Ihrer Pseudo-Wissenschaftlichkeit und Ihrer Pseudo-Philologie. Ich habe Ihnen mehrfach den Disput angeboten - merkwürdigerweise ist mein Kommentar von Ihrer Seite verschwunden. Vielleicht weil ich nicht glauben mochte, dass ein Univ.-Dipl.-Theol. kein Griechisch gelernt hat?
Wenn Sie ehrlich an einer Widerlegung interessiert sind, werde ich das gerne tun - ansonsten ist mir meine Zeit zu schade, wirft man doch nicht "Perlen unter die Säue".
Brazos
@kontiki
Ja, sie offenbart sich immer mehr. Richtig vollkommen sehen wir die vollkommene Wahrheit erst, wenn wir bei ihm sind. Aber sie haben Recht, Bescheidenheit ist eine Grundvoraussetzung, um die göttliche Wahrheit hier auf Erden tiefer verstehen zu können.
ew-g
Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele ganz ohne Sprachkenntnis wissen, wie die Übersetzung des Vaterunsers richtig ist.
Da wird einfach behauptet, Jacobus widerlege die Evangelisten und er allein verkünde die Wahrheit. Da wird noch frecher behauptet, "du trägst jemanden, "du wirst getragen", "du lässt dich tragen", "du lässt jemanden tragen" - das alles sei im Griechischen völlig identisch. …Mehr
Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele ganz ohne Sprachkenntnis wissen, wie die Übersetzung des Vaterunsers richtig ist.
Da wird einfach behauptet, Jacobus widerlege die Evangelisten und er allein verkünde die Wahrheit. Da wird noch frecher behauptet, "du trägst jemanden, "du wirst getragen", "du lässt dich tragen", "du lässt jemanden tragen" - das alles sei im Griechischen völlig identisch. Und wie viele dann darauf hereinfallen!

Wer etwas nicht weiß, möge doch den fragen, der es weiß.
Brazos
@kontiki
Ich versuche immer weiter in Gottes Wahrheit einzudringen!
Ihnen noch einen schönen Abend.
Brazos
@ew-g
Jesus hat uns das Vater unser in aramäisch gelernt! Nur dies ist der Originaltext.
@kontiki
Nein, wirklich nicht, der Papst masst sich bestimmt nicht an Gott korrigieren zu wollen. Ich bin überzeugt, er meint es wirklich gut. Für mich ist sein Pontifikat eine Bereicherung, aber das waren alle 4 Päpste, die ich bewusst erleben durfte.
ew-g
@Winfried @Viandonta
Wir müssen leider ertragen, welch' blühender Unsinn veröffentlicht wird. Wir wissen es besser!
ew-g
@Brazos
Das aramäische Vaterunser ist auch nur eine Übersetzung des griechischen bzw lateinischen, oder? Aus welcher Handschrift ist es und von wann? Immerhin beweist es, dass zu der Zeit das Verständnis genauso war wie das bis heute überlieferte.
Danke für die Bestätigung unserer Jahrhunderte alten Tradition!