Kirchliche Verlautbarung zur Abtreibung: Enzyklika Casti Connubii:
Die AbtreibungAber noch ein anderes schweres Vergehen, Ehrwürdige Brüder, ist zu erwähnen, das das Leben des Kindes im Mutterschoße bedroht. Es anzutasten soll nach den einen erlaubt sein, wenn es Vater und Mutter so gefällt. Andere halten dies für unerlaubt, falls nicht schwerwiegende Gründe hinzukommen, die sie mit den Namen „medizinische“, „soziale“ und „eugenische Indikation“ bezeichnen. In bezug auf die staatlichen Strafgesetze, wodurch die Tötung des Ungeborenen verboten wird, verlangen alle diese Richtungen, daß die Strafgesetze die von ihnen vertretene Indikation (nicht alle vertreten die gleiche) anerkennen und für straflos erklären. Einige stellen sogar die Forderung, die öffentlichen Behörden sollten zu diesen tödlichen Operationen ihre hilfreiche Hand bieten, was verschiedenenorts, wie allgemein bekannt, nur zu oft geschieht.
Bezüglich der sogenannten „medizinischen und therapeutischen Indikation“ haben Wir schon erklärt, Ehrwürdige Brüder, wie sehr Wir es mitempfinden, daß mancher Mutter aus der Erfüllung ihrer Mutterpflichten große Gefahren für die Gesundheit oder gar das Leben entstehen. Aber was für ein Grund vermöchte jemals auszureichen, um die direkte Tötung eines Unschuldigen zu rechtfertigen? Denn darum handelt es sich hier. Mag man nun die Mutter oder das Kind töten, es ist gegen Gottes Gebot und die Stimme der Natur: „Du sollst nicht töten!“
[53] Gleich heilig ist beider Leben, das zu vernichten selbst die Staatsgewalt keine Befugnis hat. Ganz zu Unrecht wird diese Befugnis gegen Unschuldige aus dem Recht der Gewalt über Leben und Tod gefolgert, die doch nur Schuldigen gegenüber Geltung hat. Auch das Recht der gewaltsamen Verteidigung gegen einen ungerechten Angreifer kommt hier nicht in Frage. (Wer wollte wohl ein unschuldiges Kind einen ungerechten Angreifer nennen?) Und ein „Notstandsrecht“, das bis zur direkten Tötung eines Schuldlosen reichte, gibt es nicht. Daß sich um beider Leben, das der Mutter wie das des Kindes, gewissenhafte und erfahrene Ärzte bemühen, verdient alles Lob und alle Anerkennung; dagegen würde sich des edlen Namens und Lobes eines Arztes unwürdig erweisen, wer unter dem Vorwand, Heilmaßnahmen zu treffen, oder aus falsch verstandenem Mitleid auf den Tod des einen von beiden abzielte.
Diese Ausführungen stehen in Übereinstimmung mit den ernsten Vorwürfen, die der Bischof von Hippo gegen entartete Gatten richtete, die die Empfängnis zu verhüten suchen und, wenn ihnen das mißlingt, sich nicht scheuen, in sündhaftem Tun die Frucht zu töten: „Zuweilen“, so sagt er, „gehen Leidenschaft und Grausamkeit so weit, daß sie mit Gifttränken die Unfruchtbarkeit herbeizuführen suchen und, wenn sie keinen Erfolg haben, auf irgend eine Weise die Frucht im Mutterschoße vernichten und entfernen. Ihr Streben geht also dahin, die Frucht zu vernichten, bevor sie noch zu leben beginnt, oder, wenn sie im Mutterschoße schon lebte, sie zu töten, bevor sie geboren wird. Wenn beide Gatten so geartet sind, sind sie in Wirklichkeit keine Gatten; und wenn sie von Anfang so geartet waren, dann kamen sie nicht zur Ehe, sondern zur Unzucht zusammen. Sind aber nicht beide so, dann wage ich zu behaupten: entweder ist sie die Buhlerin des Gatten, oder er ist der Buhle der Gattin.“
stjosef.at/dokumente/casti_connubii.htmDer „sozialen und eugenischen Indikation“ sodann kann und soll mit erlaubten, sittlich einwandfreien Mitteln und innerhalb der rechten Grenzen Rechnung getragen werden; aber den Notständen, auf denen diese Indikationen aufbauen, durch Tötung Unschuldiger abhelfen zu wollen, ist töricht und dem Gebot Gottes zuwider, das der Apostel in die Worte kleidet: „Man darf nicht Böses tun, um damit Gutes zu stiften.“
stjosef.at/dokumente/casti_connubii.htmDie Staatenlenker und Gesetzgeber endlich dürfen nicht vergessen, daß es Sache der staatlichen Autorität ist, durch zweckmäßige Gesetze und Strafen das Leben der Unschuldigen zu schützen, und zwar um so mehr, je weniger das gefährdete Leben sich selber schützen kann. Und hier stehen doch an erster Stelle die Kinder, die die Mutter noch unter dem Herzen trägt. Sollte jedoch die öffentliche Gewalt diesen Kleinen nicht allein den Schutz versagen, sie vielmehr durch ihre Gesetze und Verordnungen den Händen der Ärzte und anderer zur Tötung überlassen oder ausliefern, dann möge sie sich erinnern, daß Gott der Richter und Rächer unschuldigen Blutes ist, das von der Erde zum Himmel schreit.
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