Copertino
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Prof. Albert Drexel 1976 in Feldkirch: "Die Sprache ist die höchste Kulturschöpfung des Menschen" Am 17. März 1976 sandte HH Prof. DDDr. Albert Drexel meinem Vater einen Kartengruss zum Josefstag. …Mehr
Prof. Albert Drexel 1976 in Feldkirch: "Die Sprache ist die höchste Kulturschöpfung des Menschen"

Am 17. März 1976 sandte HH Prof. DDDr. Albert Drexel meinem Vater einen Kartengruss zum Josefstag. Darin schrieb er:
"Ich denke in dieser für die Kirche so schweren Krise oft an Sie. Nochmals habe ich in meinem Artikel für das NV [kath. Zeitschrift "Das Neue Volk"] versucht, die alte hl. Messe für die im Glauben und in der Tradition verwurzelten Gläubigen zu retten. Der Artikel erscheint in der nächsten Woche. P.S. Anbei noch eine Beilage von meinem Vortrag in Feldkirch/Vorarlberg."

Während mir der Beitrag im Neuen Volk leider nicht vorliegt, hier die Beilage des Schreibens, eine Abschrift des Zeitungsartikels über den Vortrag, erschienen am Montag, 8. März 1976 in den "Vorarlberger Nachrichten", S. 20. Das Pressebild stammt aus jenem Artikel. Man beachte, dass Prof. Drexel in hohem Alter nur ein Jahr vor seinem Tod 1977 hielt!

"Die Sprache ist die höchste Kulturschöpfung des Menschen"
Professor Drexel in Feldkirch

von Elmar Vogt

Ein überaus engagiertes Publikum, bestehend vorwiegend aus Theologen, Germanisten, Philosophen und Publizisten, erwartete den 86jährigen Vorarlberger Gelehrten, Professor Albert Drexel, in Feldkirch. Er kam über Einladung des Vorarlberger PEN-Clubs für einige Tage in seine Heimat zurück und traf wiederum mit zahlreichen Persönlichkeiten des geistlichen und weltlichen Lebens zusammen, um alte Erinnerungen aufzuwärmen. Im Kleinen Saal der Feldkircher Stadthalle sprach er über das Thema "Die Sprache des Menschen - Phänomen und Problem".

Der Sprachwissenschaftler, der heute noch weit mehr als einhundert Sprachen perfekt beherrscht, darunter alle wichtigen Weltsprachen bis zum Japanischen oder Chinesischen, darunter auch alle klassischen "Weltsprachen" vom Latein bis zu sumerischen Dialekten, die er in erstaunlicher Frische bewältigte.

Professor Drexel konnte natürlich aus seinem grossen sprachwissenschaftlichen Werk nur einige Aspekte und Gedankengänge am Rednerpult aufzeigen. Der Mensch habe physiologisch und physisch die Voraussetzung gehabt, Gedanken der Seele nach einem sinnlich-wahrnehmbaren, und zwar hörbaren Ausdruck zu suchen. Die ersten Wortbildungen seien zweifellos sehr einfach gewesen, beispielsweise ba, pa, oder ta für Vater, ma oder ma-ma für Mutter, oder bi, vi, ki, mi, ni für Kind.

Dann sei der Versuch gekommen, diese Wörter miteinander zu verbinden. Aus dem blossen Nebeneinanderreihen sei eine Grammatik gewachsen. Die weit fortgeschrittenen europäischen Sprachen hätten Alphabete mit zwanzig bis dreissig Einheiten. Merkwürdig sie, dass die alten Primitivsprachen, wie etwa das Buschmännische in Südafrika, bis zu siebzih Lauteinheiten verwenden.

Professor Drexel vertrat die These, dass für die rund 5000 Sprachen der Erde ein einheitlicher Ursprung anzunehmen ist. Und dieser Ursprung sei in etwa mit der Sprache der alten Sumerer identisch. Der Vortragende ist auch in seinem Werk der abenteuerlichen Idee gefolgt, alle Sprachorganismen von einer Ursprache herzuleiten. Und tatsächlich entdeckte er das Gesetz, dass sich die Sprachen immer näherkommen, wenn man sie in der Geschichte zurückverfolgt. Aus der ursprünglichen Idee der Möglichkeit konnte Professor Drexel, und darauf ging er auch in Feldkirch ein, eine Wahrscheinlichkeit dieses Phänomens heraus analysieren.

Professor Drexel bezeichnete auch die Schrift als wesentlichen Faktor der Sprachentstehung. Am Anfang der Erfindung und Benützung der geschriebenen Darstellung oder Mitteilung sei das Bild gestanden. Man denke nur an die Hieroglyphen der alten Ägypter oder an die hethitischen Texte. Auch die Keilschrift, die um 2900 vor Christus von den Altsumerern erfunden worden sei, sei vermutlich am Anfang eine Bilderschrift gewesen, die jedoch sehr bald zu einer Silbenschrift weiterentwickelt worden sei.

Die dritte und letzte Stufe der Schriftentwicklung manifestiere sich an den Laut-Alphabeten. Hier werde für jeden Sprachlaut ein bestimmtes, festbleibendes Zeichen verwendet. Je lautreicher, lautdifferenzierter eine Sprache sei, desto reicher werde auch das Alphabet. Besonders interessant sei, dass gerade die primitiven Kulutrvölker einen unwahrscheinlich reichen Laut- und Sprachschatz haben, die Natur und die mit ihr verknüpften Ereignisse wie Sonnenaufgang, die Blütezeit oder den Tod sprachlich zu reflektieren oder zu interpretieren. Die Schrift helfe auch bei der Lösung des Problems der Sprachwerdung.

Einzig der Mensch ist sprechendes Wesen der Schöpfung

"Ich halte es für anthropologisch hochbedeutsam und philosophisch und theologisch entscheidend festzustellen, dass der Mensch, er allein, ein sprechendes Wesen der Schöpfung ist." Mit diesen Worten vertrat Prof. Drexel die herausragende Rolle des Menschen in der Natur. Schon der grösste Systematiker der griechischen Philosophie, Aristoteles, habe die Sprache als Beweis dafür angesehen, dass sich der Mensch vom Tier unterscheide.

In seiner Argumentation habe er festgehalten, dass das Tier nie einen wirklichen und im genauen Sinne artikulierten Laut gebildet habe. Das Tier habe auch keinerlei Fähigkeit, Laute zu kombinieren und habe schliesslich auch keine Veranlagung, Laute zu entwickeln. Das Tier sende letztlich Signale aus, habe aber keine Gedanken, sondern nur instinktive Verhaltens. und Verständigungsmechanismen.

Diese Äusserung war Zündstoff für die darauffolgende Diskussion, weil die heutige Wissenschaft eher davon abgeht, den Menschen als einziges Wesen anzuerkennen, das eine Kultur und eine Sprache entwickelt hat. Wir erinnern uns, dass man besipielsweise den Delphinen, den Ameisen und sogar den Elefanten ein nicht unbeträchtliches Mass von Intelligenz zutraut, eine Intelligenz, die über Instinkte hinausgeht. [*]

Professor Drexel schloss seine Ausführungen mit einem Zitat aus seinem Werk "Philosophie der Sprache": "Die Entwicklung des menschensprachlichen Phänomens ist eine so reiche, mächtige und vielgestaltete, vielseitige, und sie belangt so sehr auch das Innere der Sprache, dass uns davon neuer, grosser Gewinn für deren Erkenntnis kommt. Und zugleich auch die volle Bestätigung dafür, dass die Sprache die in der natürlichen Sphäre werthöchste Kulturschöpfung des Menschen bedeutet..."

[*] Zu Experimenten von US-Verhaltensforschern aus den 1970er Jahren, welche Primaten Sprache beizubringen suchten, hier ein Artikel, der vor allem die Begrenztheit solche Anlagen veranschaulicht, die sich nicht nur graduell, sondern qualitativ von den naturgegebenen Sprachdispositionen des Menschen unterscheiden:
www.spiegel.de/geschichte/sprachexperimen…

Prof. Drexel war aber nicht nur ein hochbegabter Sprachforscher und Theologe, sondern auch ein tiefinnerlicher Priester und Mystiker: www.familie-wimmer.com/projekte/p04/k004/gl-t1.html
Ursula Wegmann
>……Besonders interessant sei, dass gerade die primitiven Kulturvölker einen unwahrscheinlich reichen Laut- und Sprachschatz haben, die Natur und die mit ihr verknüpften Ereignisse wie Sonnenaufgang, die Blütezeit oder den Tod sprachlich zu reflektieren oder zu interpretieren…..<
Dazu ein Beispiel: In der deutschen Sprache haben wir nur eine geringe Anzahl von Wörtern - vielleicht 20 - für die …Mehr
>……Besonders interessant sei, dass gerade die primitiven Kulturvölker einen unwahrscheinlich reichen Laut- und Sprachschatz haben, die Natur und die mit ihr verknüpften Ereignisse wie Sonnenaufgang, die Blütezeit oder den Tod sprachlich zu reflektieren oder zu interpretieren…..<
Dazu ein Beispiel: In der deutschen Sprache haben wir nur eine geringe Anzahl von Wörtern - vielleicht 20 - für die Erscheinungsweise von Schnee, die Eskimos dagegen kennen 50 Wörter und damit eine viel, viel differenziertere Sichtweise von ein und derselben Sache. Sicherlich könnte sich somit mit der klimatisch und landschaftlich bedingten differenzierten Sichtweise von vorgegebenen Sachverhalten auch andere Sprachelemente und dann die ganze Sprache der Länder auseinanderdividiert haben, oder war es vornehmlich der Turmbau zu Babel?
www.proplanta.de/…/welche-schneear…
Neuschnee: ist in seiner Kristallform noch erkennbar und jünger als 24 Stunden.
Altschnee: ist älter und hat seine ursprüngliche Form schon verloren.
Pulverschnee: ist leicht und locker und fällt bei besonders niedrigen Temperaturen.
Wildschnee: wird extrem lockerer Neuschnee genannt.
Pappschnee: ist feucht und etwas schwerer.

Jedoch einen philosophischen Text aus dem Englischen unseres Nachbarlandes ins Deutsche zu übersetzten und auch umgekehrt, ist schon recht schwierig, da die deutsche Sprache viel reichhaltiger an Redewendungen und genaueren Ausdrucksweisen ist als die Englische. Das Warum wäre interessant zu wissen, da sich der Grund hier sich nicht so eindeutig ergibt wie bei der Entwicklung der Sprache im Ruhrgebiet (im Schmelztigel des Kohlenpotts) im 19. Jahrhundert.
Ursula Wegmann
>......Der Sprachwissenschaftler, der heute noch weit mehr als einhundert Sprachen perfekt beherrscht, darunter alle wichtigen Weltsprachen bis zum Japanischen oder Chinesischen, darunter auch alle klassischen "Weltsprachen" vom Latein bis zu sumerischen Dialekten, die er in erstaunlicher Frische bewältigte......<
@Copertino Wissen Sie Näheres darüber? Das wäre ja unfassbar!
Copertino
@sedisvakanz Besten Dank für diese Ergänzungen. Sie zeigen, wie zentral die soziale Dimension der Sprache ist, und diesen Gedanken sollten wir unbedingt auch mindestens eine Dimension höher tragen, auf die Kommunikation zwischen Gott und dem Menschen.
Vered Lavan
sedisvakanz
....Um die Frage der Sprachentwicklung ernsthaft zu klären, waren Forscher lange Zeit auf natürliche Experimente angewiesen, verloren gegangene oder ausgesetzte Kinder, die auf wundersame Weise ohne Kontakt zu Menschen in der Wildnis überlebten, sogenannte Wolfskinder.
Das berühmteste unter ihnen war ein etwa zehnjähriger Junge, der Ende des 18. Jahrhundert in einem Wald im französischen Département …
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....Um die Frage der Sprachentwicklung ernsthaft zu klären, waren Forscher lange Zeit auf natürliche Experimente angewiesen, verloren gegangene oder ausgesetzte Kinder, die auf wundersame Weise ohne Kontakt zu Menschen in der Wildnis überlebten, sogenannte Wolfskinder.

Das berühmteste unter ihnen war ein etwa zehnjähriger Junge, der Ende des 18. Jahrhundert in einem Wald im französischen Département Aveyron aufgegriffen worden war. Weil der einzige Laut, auf den er reagierte, ein «o» war, wurde der Junge bald Victor von Aveyron genannt.
Victor konnte weder sprechen noch nachahmen. Er schlief am Tag, ass Eicheln, Nüsse und Kastanien und erkannte sein Spiegelbild nicht. Der Arzt Jean Itard nahm Victor auf und versuchte, ihm das Sprechen beizubringen – mit wenig Erfolg. Mehr als zwei Sätze hat Victor nie gelernt. Offenbar gab es in der Sprachentwicklung so etwas wie eine kritische Phase, die nicht nachgeholt werden konnte....


Das ist ein Auszug von dem link, den ich einstellte.

folio.nzz.ch/…/dieser-versuch-…

Soweit zu der "genialen" Fähigkeit des Menschen, Sprache selber entwickeln zu können. 🥳
Wir können es definitiv nicht!
Es ist eine Gabe Gottes!

Kleine Kinder können Sprache mit dem genialen, von Gott erschaffenem Gehirn mühelos erlernen.

Später ist das nur noch mit Einschränkungen möglich.

Wie man lesen kann, funktionierte es bei einigen gar nicht mehr.


Kleine Kinder können auch mühelos mehrere Fremdsprachen zugleich erlernen, obgleich ihnen niemand erklärt, wie die einzelnen Sprachen funktionieren.
Aber kleine Kinder brauchen jemand, der mit ihnen in einer Sprache spricht,

sonst bleiben sie stumm!

Wir sind mit unserer größenwahnsinnigen Selbstverlietheit und Selbstvergötzung solche Trottel geworden! 🥶
Ursula Wegmann
Da schließen sich Fenster, die nie mehr aufgehen, wenn sie nicht in den bestimmten Entwicklungsphasen des Babys - auch schon im Mutterschoß - und des Kleinkindes durch Reize,
Anregungen, Lernmöglichkeiten, geöffnet werden. Bis etwas über dem 20. Lebensjahr nimmt das Gehirn alles auf wie ein Schwamm.
Danach wird auf dem Erworbenen aufgebaut. Liebe, Emotionen, Interaktionen spielen dabei eine große …
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Da schließen sich Fenster, die nie mehr aufgehen, wenn sie nicht in den bestimmten Entwicklungsphasen des Babys - auch schon im Mutterschoß - und des Kleinkindes durch Reize,
Anregungen, Lernmöglichkeiten, geöffnet werden. Bis etwas über dem 20. Lebensjahr nimmt das Gehirn alles auf wie ein Schwamm.
Danach wird auf dem Erworbenen aufgebaut. Liebe, Emotionen, Interaktionen spielen dabei eine große Rolle für die kommunikative Kompetenz. Manchmal sind mehrsprachig aufwachsende Kinder beim Spracherwerb schneller als einsprachig aufwachsende Kinder, weil die eine Sprache den Erwerb der anderen beschleunigen kann.
sedisvakanz
@Copertino Dann wissen Sie also nichts von den Versuchen, die gemacht wurden, um herauszufinden, wie Menschen sprechen, wenn mit ihnen von Geburt an niemand spricht.
Sie sprechen gar nicht! !!
folio.nzz.ch/…/dieser-versuch-…
2 weitere Kommentare von sedisvakanz
sedisvakanz
@Adelita - Sie denken also auch, dass der Mensch die Sprache selber erfunden hat? 🥳 Oder warum gefällt Ihnen mein Kommentar nicht?
sedisvakanz
Sowas Saublödes kann auch nur Modernisten einfallen!
Man verzeihe mir den Ausdruck, aber mir fällt gerade kein passenderer ein.
Copertino
Danke für diesen Gedanken. Der Titel des Artikels stammt nicht von Prof. Drexel, sondern vom Verfasser Elmar Vogt. Ganz richtig muss Gott in den Menschen diese sprachschöpferische Anlage hineingelegt haben, auf dass er sie entwickle, wie wir es ja auch so wunderbar in der Entwicklung eines Kleinkindes beobachten können. Von nix kommt nix. Es ist ein Geheimnis darum, dem Prof. Drexel ein Leben lang …Mehr
Danke für diesen Gedanken. Der Titel des Artikels stammt nicht von Prof. Drexel, sondern vom Verfasser Elmar Vogt. Ganz richtig muss Gott in den Menschen diese sprachschöpferische Anlage hineingelegt haben, auf dass er sie entwickle, wie wir es ja auch so wunderbar in der Entwicklung eines Kleinkindes beobachten können. Von nix kommt nix. Es ist ein Geheimnis darum, dem Prof. Drexel ein Leben lang nachgegangen war. Der Titel besagt gleichzeitig auch etwas durchaus Richtiges, indem der Mensch durch diese Anlage befähigt ist, sprachschöpferisch tätig zu sein, was wir täglich in den verschiedensten Bereichen des Lebens sehen. Es kann aber durchaus auch Rückentwicklungen geben, wie man es etwa in der Jugendsprache beobachten kann (Stichwort "Balkanisierung" der Sprache): Auslassen von Artikeln, Vereinfachung der Grammatik, keine ganzen Sätze mehr, nur noch ein Aneinanderreihen von Begriffen, z.B. auf Schweizerdeutsch: "Chunsch Mäc!" = "Kommst du mit mir in den Mc Donald's einen Big Mac essen?" Aber vielleicht gelten solche Vereinfachungen (=Abstraktionen) für manche auch als intellektuelle Leistungen??
Maximilian Schmitt
Die Sprache ist keine Schöpfung des Menschen. Wie könnte ein Mensch ohne Sprache diese erfinden?
Fischl
de mortuis nil nisi bene