Dem ist beim besten Willen nichts hinzuzufügen. Was diesen Herrschaften alle fehlt, ist Demut. Shakespeare fügt noch ein anderes hinzu, was es vielleicht zu prüfen gilt:
Und lockt ihm keine Wendung des Gesprächs
Heraus, warum er die Verwirrung anlegt,
Die seiner Tage Ruh so wild zerreißt
Mit stürmischer, gefährlicher Verrücktheit?
Und ebenfalls noch zu prüfen:
O welch ein edler Geist ist hier …Mehr
Dem ist beim besten Willen nichts hinzuzufügen. Was diesen Herrschaften alle fehlt, ist Demut. Shakespeare fügt noch ein anderes hinzu, was es vielleicht zu prüfen gilt:
Und lockt ihm keine Wendung des Gesprächs
Heraus, warum er die Verwirrung anlegt,
Die seiner Tage Ruh so wild zerreißt
Mit stürmischer, gefährlicher Verrücktheit?
Und ebenfalls noch zu prüfen:
O welch ein edler Geist ist hier zerstört!
Des Hofmanns Auge, des Gelehrten Zunge,
Des Kriegers Arm, des Staates Blum und Hoffnung,
Der Sitte Spiegel und der Bildung Muster,
Das Merkziel der Betrachter: ganz, ganz hin!
Und ich, der Fraun elendeste und ärmste,
Die seiner Schwüre Honig sog, ich sehe
Die edle, hochgebietende Vernunft
Mißtönend wie verstimmte Glocken jetzt,
Dies hohe Bild, die Züge blühnder Jugend,
Durch Überschwang zerrüttet: Weh mir, wehe,
Daß ich sah, was ich sah, und sehe, was ich sehe.
Auch ebenfalls zu prüfen:
Wahnsinn bei Großen darf nicht ohne Wache gehn.
Ich hoffe, Shakespeare wird jetzt nicht verhaftet. Ich könnte mir gut vorstellen, dass bei dem aktuellen Bildungsgange gewisser Politiker:innen das passieren wird. Möglich wäre:
Elena Böcklein: Oh, sagt an, mein Ruhmreicher, was beliebt euch heut mir anzuvertraun?
Pierre Larobert: Mein Sinnen ist heut nur auf des Schöpfungs grüne, Geist gerichtet. Betrübt ist mir nur das Lachen, da ich gehört von einem Mann, der in meines Herzens Kammer mir die alte Schlange hat beschienen.
Elena Böcklein: So tötet sie, ihr wisst ja wohl, dass Schlangen, auch wenn sie noch so schön und sanft erscheinen, voll des bösen Giftes sind.
Pierre Larobert: Ja, doch diese Schlange hat die Kraft von einem Grabe, in dem sie wohl lange hat gelegen. Jetzt zischt und schlängelt sie, als wäre sie so ganz der alte Meister.
Elena Böcklein: Lange habe ich ihn nicht gesehn, den guten alten Ziegenbock. Sag, wo versteckt er sich, dass er uns als Narren spottet?
(Ein plötzlicher Knall, dann ein Nebel, gelb, schwefflig, der rasch verblast und einen schwarzgekleideten Mann zeigt):
Friderich Freiherr von Merzenstein (: So spricht denn nicht von einem Fernen, wenn der Gute ist doch so nah! Und eienn Fuss, gespalten wie des Abgrunds tiefe Schlucht hat kein Ziegebock, der sich wahr und edel nennt.
Pierre Larobert: Verzeiht, edler Herr, aber die Sache macht mich schwitzen.
Elena Böcklein (kichert): Ha, so ist er immer. Er gibt es zu, er fühle sich verstört,
Allein wodurch, will er durchaus nicht sagen.
Friderich Freiherr von Merzenstein: Und wie empfing er Euch?
Elena Böcklein (verschämt und kindlich): Ganz wie ein Weltmann.
Friderich Freiherr von Merzenstein: Doch tat er seiner Fassung viel Gewalt.
Pierre Larobert: Um so mehr wurde ich betrogen.
Elena Böcklein (zu Friderich Freiherr von Merzenstein) : Noch bot er sich der Prüfung willig dar, Hielt sich vielmehr mit schlauem Wahnwitz fern, Wenn wir ihn zum Geständnis bringen wollten Von seinem wahren Zustand.
Friderich Freiherr von Merzenstein: Und stöhnt' und schwitzte unter Liebesmüh?
Pierre Larobert: Liebe? Nein, ihr Hang geht dahin nicht, und was sie sprach, obwohl ein wenig wüst, war nicht wie Wahnsinn. Ihr ist was im Gemüt, worüber ihre Schwermut brütend sitzt, und, wie ich sorge, wird die Ausgeburt gefährlich sein. Um dem zuvorzukommen, hab ichs mit schleuniger Entschließung so vorgesehn: Sie soll in Eil nach Amerika, dort die Menschen zu belehren, wie man die Luft wohl besser sauber halten könne. Vielleicht vertreibt die See, das unentdeckte Land, von des Bezirk so mancher nicht widerkam, samt wechselvollen Gegenwinde ihr dies Etwas, das in ihrem Herzen steckt, worauf ihr Kopf, beständig hinarbeitend, ihr so sich selbst entzieht. Was meint Ihr dazu?
Friderich Freiherr von Merzenstein (beugt sich leicht zur Seite, wo Pierre Larobert die Antwort erwartet): Schon das besondre, einzelne Leben muß mit aller Kraft und Rüstung des Gemüts vor Schaden sich bewahren; doch viel mehr der Geist, an dessen Heil das Leben vieler Beruht und hängt. (zu Elena Böcklein): Ich bitte, rüstet Euch zur schnellen Reise; wir müssen diese Furcht in Fesseln legen, die jetzt zu freien Fußes geht.
Elena Böcklein (zu Friderich Freiherr von Merzenstein): Du bist grad ein so wackrer Mann, Friderich , als je mein Umgang einem mich verbrüdert. Doch hab ich noch zu tun, was mir den Busen kitzelt.
Friderich Freiherr von Merzenstein: Was hab ihr denn zu tun, wenn des Ruhmes Größe auf euch wartet? Wie ich gehört, so sollt ihr die Bösen von den Guten halten, und einer wars, der Böses schreib, den Guten den Schaden anzutragen.
(Don Lofa tritt auf. Er ist ein kleiner bald glatzköpfier, rundlicher Mann, der majestätisch wirkt, ohne es zu sein. Er wendet sich mit spitzer Zunge an Fridrich Freiherr von Merzenstein.) Es scheint, als ob er sich über diesen und dann aus falscher Demut oder Angst über sich selbst lustig machen möchte:) Denn dir, mein Damon, ist bekannt, Dem Reiche ging zugrund ein Jupiter; nun herrschet hier ein rechter, rechter - Affe.
Freiherr von Merzenstein (zynisch, fast traurig und doch erregt): Der Majestät Verscheiden stirbt nicht allein, es zieht gleich einem Strudel sas Nahe mit. Sie ist ein mächtig Rad, befestigt auf des höchsten Berges Gipfel, an dessen Riesenspeichen tausend Dinge
Gekittet und gefugt sind; wenn es fällt, so teilt die kleinste Zutat und Umgebung
Den ungeheuren Sturz. Kein König je seufzte allein ohn allgemeines Weh.
Elena Böcklein (zu Friderich Freiherr von Merzenstein): Habt Ihr mich ganz vergessen?
Freiherr von Merzenstein: Euch vergessen? Dies ist bloß Eures Hirnes Ausgeburt;
In solcher wesenlosen Schöpfung ist der Wahnsinn sehr geübt.
Don Lofa: Der Wahnsinn? mein Puls hält ordentlich wie Eurer Takt, spielt ebenso gesunde Melodien; es ist kein Wahnwitz, was ich schon einmal vorgebracht. Bringt mich zur Prüfung, und ich wiederhole die Sach Euch Wort für Wort, wovon der Wahnwitz abspringen würde: Sie soll in ein Kloster: Dort kann sie dann in Gräbern nach der Bildung schönstem Körper suchen.
Pierre Larobert (lehnt seinen Kopf an Elena Böckleins Wange): Geh in ein Kloster! Warum wolltest den Sündern dein strahlend Licht du schenken? Sie sehens nicht, sie wissen nicht, von deinem heeren Streben. Schau mich an, der dich verschmäht: Ich bin selbst leidlich tugendhaft, dennoch könnte ich mich solcher Dinge anklagen, daß es besser wäre, meine Mutter hätte mich nicht geboren. Ich bin sehr stolz, rachsüchtig, ehrgeizig; mir stehn mehr Vergehungen zu Dienst, als ich Gedanken habe, sie zu hegen, Einbildungskraft, ihnen Gestalt zu geben, oder Zeit, sie auszuführen. Wozu sollen solche Gesellen wie ich zwischen Himmel und Erde herumkriechen? Wir sind ausgemachte Schurken, alle: trau keinem von uns! Geh deines Wegs zum Kloster! Wo ist dein Mann?
Don Lofa: Wo alle Männer immer sind, wenn des Weibes Sinn die ganze Welt umarmen möchte!
Freiherr von Merzenstein: Das Wort fliegt auf, der Sinn hat keine Schwingen,
Wort ohne Sinn kann nicht zum Himmel dringen. (alle ab)
Ol
P
F
E
Au