Form und Inhalt. Von Juan Manuel de Prada*
Einige Tage nachdem Bergoglio seine Absicht kundgetan hatte, die traditionelle Messe abzuschaffen oder sogar in den Untergrund zu verdrängen, nahm ich an einem Abendessen mit einer gemischten Gruppe von Katholiken und Atheisten teil. Es war für mich sehr ernüchternd festzustellen, dass diese Entscheidung des Argentiniers den Atheisten als ein schreckliches Unglück erschien, so schrecklich wie der Beschluss, eine Kathedrale abzureißen. Obwohl sie nicht an die Existenz Gottes glaubten (schon gar nicht im Sinne des Messopfers), anerkannten sie den Wert eines Ritus, der unschätzbare ästhetische Leistungen hervorgebracht hat.
Für die anwesenden Katholiken - allesamt Vertreter des Akademismus - schien die Entscheidung des Argentiniers dagegen nebensächlich zu sein, denn - wie einer von ihnen sagte - "der Ritus ist nur eine Frage der Form". Für diesen guten Herrn war das Wichtigste, "was in der Messe gefeiert wird, nicht der verbale Schnickschnack, mit dem sie gefeiert wird".
Dieser katholische Akademist hat nichts weiter getan, als Klischees aneinanderzureihen - allesamt sehr abgedroschen und unsinnig -, die mich an jene Klischees erinnerten, die ich bei anderen Gelegenheiten in Diskussionen über künstlerische oder literarische Fragen mit geistlosen Fachidioten gehört habe.
Der katholische Akademist kultiviert wie der törichte Fachidiot einen simplen Dualismus, der zwischen "Form" und "Substanz" unterscheidet, wie man zwischen Schale und Kern unterscheidet. Sie betrachten die "Form" als entbehrlichen Abfall, als eine völlig nebensächliche äußere Hülle, die, wenn sie entfernt wird, es ermöglicht, die "Substanz" deutlicher zu erkennen, in der für den katholischen Akademisten oder den geistlosen Fachidioten das wirklich Wichtige zu finden ist. Diese manichäische Unterscheidung zwischen "Substanz" und "Form" hat unweigerlich eine Lobpreisung der "Substanz" und eine Verachtung der "Form" hervorgebracht, die typisch ist für unwissende Menschen, die - weil sie eine unendliche Mehrheit darstellen - ihre Kriterien durchgesetzt haben und die "Form" - in der Kunst wie in der Heiligen Messe - als überflüssige Verzierung, als ästhetische Angeberei, als rhetorische Spielerei betrachten, die nichts zur "Substanz" beiträgt.
Haben die schwachsinnigen Fachidioten und die akademistischen Katholiken recht, wenn sie die "Substanz" über die "Form" stellen? Sind wir, die Verfechter der Form, leichtfertige und pingelige Erbsenzähler? Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Es ist nicht so, dass wir funktionale Analphabeten wären - wie sie es sind, und auch keine willfährigen Sklaven aktueller Trends, mögen sie auch noch so vulgär und grobschlächtig sein. Denn wir wissen, dass der Dualismus von "Substanz" und "Form" eine inkonsistente Wortklauberei ist, hinter der sich ein Dualismus zwischen "Materie" und "Form" verbirgt.
Die Form ist keine Hülle. Ein Schriftsteller, der beim Niederschreiben einer Idee, nicht wüsste, ob er sie in Prosa oder Poesie ausdrücken sollte, würde uns als Tölpel erscheinen. Denn das inspirierte Werk wird als Ganzes geboren, und die Idee kann nicht wahrgenommen werden, ohne ihre ganze Wirklichkeit zu erkennen. Die Form ist nicht etwas Adjektivisches, das dem Kunstwerk hinzugefügt wird, sondern etwas, das es von innen heraus prägt, wodurch es geformt und unverwechselbar gemacht wird, das dem Kunstwerk seinen tiefsten Kern gibt. In Ideas sobre la novela stellt Ortega y Gasset fest: "Die Materie rettet niemals ein Kunstwerk, und das Gold, aus dem es gemacht ist, weiht die Statue nicht. [...] Jeder, der ein feines ästhetisches Empfinden hat, wird in der Tatsache, dass jemand angesichts eines Gemäldes oder einer poetischen Produktion auf den Gegenstand als den entscheidenden Faktor verweist, ein Zeichen von Banausentum erkennen. Natürlich gibt es ohne die Materie kein Kunstwerk, so wie es ohne chemische Prozesse kein Leben gibt. Aber so wie das Leben sich nicht auf diese Prozesse reduziert, sondern beginnt, Leben zu sein, wenn es dem chemischen Gesetz die ursprüngliche Komplexität seiner neuen Ordnung hinzufügt, so ist das Kunstwerk ein solches dank der Form, die der Materie oder dem Gegenstand auferlegt wird.
Tatsächlich ist der Begriff, welcher der "Form" gegenübergestellt wird, nicht "Substanz", sondern "Materie". Zu glauben, die "Form" sei gleichgültig, egal ob im Kunstwerk oder in der Messe, ist närrisch; denn alles Menschliche und Göttliche wird durch seine "Form" belebt. „Materie" ist formlos, während "Form" das bestimmende Prinzip der Materie ist, das göttliche Siegel, das sie befähigt, in Fülle zu sein. Die Form, so Ramon Llull, ist "das, was den Dingen das Sein gibt, so wie die Seele das ist, was dem Körper das Sein gibt".
Michelangelos David würde uns nicht erhabener erscheinen, wenn er statt in Marmor gemeißelt in Gold gegossen worden wäre; umgekehrt hätte Michelangelos David nicht Michelangelos David sein können, wenn das Genie Michelangelo ihn nicht in der "Form" geschaffen hätte, in der er ihn geschaffen hat. Die "Form", die wahre "Form", ist nicht adjektivisch, sondern substantivisch. Die schöpferische Berührung der "Form" gibt den Dingen ihre Substanz. Ohne sie werden die Dinge zu bloßen Scheinbildern, formlosen Trümmern, lebloser Materie.
*Juan Manuel de Prada Blanco, 50, ist ein spanischer Schriftsteller, Literaturkritiker und Kolumnist. Er gilt als eines der größten Talente der zeitgenössischen spanischen Literatur. Sein Artikel erschien auf Abc.es.
Bilder: Lawrence Lew OP, CC-BY-NC
Für die anwesenden Katholiken - allesamt Vertreter des Akademismus - schien die Entscheidung des Argentiniers dagegen nebensächlich zu sein, denn - wie einer von ihnen sagte - "der Ritus ist nur eine Frage der Form". Für diesen guten Herrn war das Wichtigste, "was in der Messe gefeiert wird, nicht der verbale Schnickschnack, mit dem sie gefeiert wird".
Dieser katholische Akademist hat nichts weiter getan, als Klischees aneinanderzureihen - allesamt sehr abgedroschen und unsinnig -, die mich an jene Klischees erinnerten, die ich bei anderen Gelegenheiten in Diskussionen über künstlerische oder literarische Fragen mit geistlosen Fachidioten gehört habe.
Der katholische Akademist kultiviert wie der törichte Fachidiot einen simplen Dualismus, der zwischen "Form" und "Substanz" unterscheidet, wie man zwischen Schale und Kern unterscheidet. Sie betrachten die "Form" als entbehrlichen Abfall, als eine völlig nebensächliche äußere Hülle, die, wenn sie entfernt wird, es ermöglicht, die "Substanz" deutlicher zu erkennen, in der für den katholischen Akademisten oder den geistlosen Fachidioten das wirklich Wichtige zu finden ist. Diese manichäische Unterscheidung zwischen "Substanz" und "Form" hat unweigerlich eine Lobpreisung der "Substanz" und eine Verachtung der "Form" hervorgebracht, die typisch ist für unwissende Menschen, die - weil sie eine unendliche Mehrheit darstellen - ihre Kriterien durchgesetzt haben und die "Form" - in der Kunst wie in der Heiligen Messe - als überflüssige Verzierung, als ästhetische Angeberei, als rhetorische Spielerei betrachten, die nichts zur "Substanz" beiträgt.
Haben die schwachsinnigen Fachidioten und die akademistischen Katholiken recht, wenn sie die "Substanz" über die "Form" stellen? Sind wir, die Verfechter der Form, leichtfertige und pingelige Erbsenzähler? Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Es ist nicht so, dass wir funktionale Analphabeten wären - wie sie es sind, und auch keine willfährigen Sklaven aktueller Trends, mögen sie auch noch so vulgär und grobschlächtig sein. Denn wir wissen, dass der Dualismus von "Substanz" und "Form" eine inkonsistente Wortklauberei ist, hinter der sich ein Dualismus zwischen "Materie" und "Form" verbirgt.
Die Form ist keine Hülle. Ein Schriftsteller, der beim Niederschreiben einer Idee, nicht wüsste, ob er sie in Prosa oder Poesie ausdrücken sollte, würde uns als Tölpel erscheinen. Denn das inspirierte Werk wird als Ganzes geboren, und die Idee kann nicht wahrgenommen werden, ohne ihre ganze Wirklichkeit zu erkennen. Die Form ist nicht etwas Adjektivisches, das dem Kunstwerk hinzugefügt wird, sondern etwas, das es von innen heraus prägt, wodurch es geformt und unverwechselbar gemacht wird, das dem Kunstwerk seinen tiefsten Kern gibt. In Ideas sobre la novela stellt Ortega y Gasset fest: "Die Materie rettet niemals ein Kunstwerk, und das Gold, aus dem es gemacht ist, weiht die Statue nicht. [...] Jeder, der ein feines ästhetisches Empfinden hat, wird in der Tatsache, dass jemand angesichts eines Gemäldes oder einer poetischen Produktion auf den Gegenstand als den entscheidenden Faktor verweist, ein Zeichen von Banausentum erkennen. Natürlich gibt es ohne die Materie kein Kunstwerk, so wie es ohne chemische Prozesse kein Leben gibt. Aber so wie das Leben sich nicht auf diese Prozesse reduziert, sondern beginnt, Leben zu sein, wenn es dem chemischen Gesetz die ursprüngliche Komplexität seiner neuen Ordnung hinzufügt, so ist das Kunstwerk ein solches dank der Form, die der Materie oder dem Gegenstand auferlegt wird.
Tatsächlich ist der Begriff, welcher der "Form" gegenübergestellt wird, nicht "Substanz", sondern "Materie". Zu glauben, die "Form" sei gleichgültig, egal ob im Kunstwerk oder in der Messe, ist närrisch; denn alles Menschliche und Göttliche wird durch seine "Form" belebt. „Materie" ist formlos, während "Form" das bestimmende Prinzip der Materie ist, das göttliche Siegel, das sie befähigt, in Fülle zu sein. Die Form, so Ramon Llull, ist "das, was den Dingen das Sein gibt, so wie die Seele das ist, was dem Körper das Sein gibt".
Michelangelos David würde uns nicht erhabener erscheinen, wenn er statt in Marmor gemeißelt in Gold gegossen worden wäre; umgekehrt hätte Michelangelos David nicht Michelangelos David sein können, wenn das Genie Michelangelo ihn nicht in der "Form" geschaffen hätte, in der er ihn geschaffen hat. Die "Form", die wahre "Form", ist nicht adjektivisch, sondern substantivisch. Die schöpferische Berührung der "Form" gibt den Dingen ihre Substanz. Ohne sie werden die Dinge zu bloßen Scheinbildern, formlosen Trümmern, lebloser Materie.
*Juan Manuel de Prada Blanco, 50, ist ein spanischer Schriftsteller, Literaturkritiker und Kolumnist. Er gilt als eines der größten Talente der zeitgenössischen spanischen Literatur. Sein Artikel erschien auf Abc.es.
Bilder: Lawrence Lew OP, CC-BY-NC