Copertino
3182 Tsd.

"Hatte Lefebvre doch recht?"

Das ist die Frage, die derzeit viele Anhänger der katholischen Tradition und des rechten Glaubens umtreibt. Sie steht auch im Hintergrund des Interviews mit Martin Mosebach, das Maike Hickson für LifesiteNews mit dem Verfasser der „Häresie der Formlosigkeit“ geführt hat, und die Antwort ist deutlich:

„Die Petrusbruderschaft muß jetzt eine schmerzhafte Lektion lernen: Sie hatte geglaubt, durch die Trennung von der Piusbruderschaft und durch Unterwerfung unter die Reformdiktate würden sie mit Sicherheit und Anerkennung belohnt – jetzt dürfte es für einige Priester der Gemeinschaft, hauptsächlich Deutsche, an der Zeit sein, Erzbischof Lefebvre Abbitte zu leisten“.

Im übrigen glaube er nicht, daß die Seminaristen und jüngeren Mitglieder der Gemeinschaft, die den Weg der Tradition in vollem Wissen um die dort auf sie wartenden Risiken gewählt hätten, sich durch Befehle von oben von diesem Weg abbringen lassen würden.

Die Begründung für diese aufsehen erregende Aussagen ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang des Interviews, das wir hier in Erwartung der Veröffentlichung einer deutschsprachigen Originalfassung nur sehr gerafft oder in indirekter Rede referieren.

Ausgangspunkt für Mosebachs Darlegungen ist die von ihm geteilte vernichtende Kritik an Franziskus' Traditionis Custodes, in dem Mosebach – zusammen mit anderen Sachkennern – zahlreiche sachliche Fehler, Falschbehauptungen und ideologische Fehlkonzeptionen vorfindet. Mit tiefem Bedauern konstatiert er den groben Ton und den Zynismus des Papstes, ausgerechnet ein unverkennbar auf die Zerstörung der Tradition zielendes Dokument mit Traditionis Custodes zu überschreiben.

Daneben kritisiert der Schriftsteller das von Franziskus angeordnete brutale Vorgehen der römischen Kongregationen insbesondere gegen traditionstreue Frauenorden, das der ehemalige US-Nuntius Vigano dieser Tage in einer erschütternden Beispielsammlung als „nachgerade terroristisch“ und „geistlichen Mißbrauch“ charakterisiert hatte.

Nach seiner, Mosebachs, Überzeugung hätten die Nonnen jedes Recht, die Visitatoren des Hauses zu verweisen und die daraufhin zu erwartende Post aus Rom ungeöffnet an den Absender zurückgehen zu lassen. Nur eines sei wichtig: Das Eigentum der Gemeinschaften so abzusichern, daß es im Falle einer Auflösung, Suspendierung der Oberin usw. nicht von Rom konfisziert werden könne. „Dann müssen sie ein paar Jahre in legitimer Illegalität aushalten, aber sicher nicht so lange, wie die Piusbruderschaft aushalten mußte.“

In einiger Ausführlichkeit geht der promovierte Jurist Mosebach auf rechtlichen Aspekten der Vorgaben von Traditionis Custodes ein und übt scharfe Kritik an den dem kirchenrecht fremden positivistischen Rechtsvorstellungen des gegenwärtigen Papstes und vieler Bischöfe, die sie dazu nutzen, unter dem Anschein der Gesetzlichkeit ein Regiment der Willkür zu errichten (s. dazu auch der Beitrag über „kaltgestellte missliebige Priester“ auf OnePeterFive.

In engem Zusammenhang damit sieht das Interview die dornige Frage des Gehorsams, den jeder Katholik, insbesondere aber die Priester und Ordensleute, ihren Oberen und dem Papst schulden. Mosebach unterschlägt nicht die Schwierigkeit, die es für jeden Priester bedeuten muß, die Messe im Widerspruch und Widerstand gegenüber der doch im römischen Kanon beschworenen Einheit mit dem Papst zu zelebrieren – und bleibt doch dabei, daß dieses zumindest als Gewissensentscheidung auf individueller Basis möglich und ratsam sein müsse.

Die jüngere Kirchengeschichte gibt ihm dazu ein schwer entkräftbares Argument an die Hand: „Die unglückliche Lage der nachkonziliaren Kirche ist doch genau diese, daß man ihre höchsten Werte – Gehorsam – dazu genutzt hat, sie zu untergraben und ihren Niedergang zu betreiben“.

Die abschließende Frage von Maike Hickson nach dem Verhältnis von Gehorsam, Autorität und Tradition beantwortet Mosebach mit der Überlegung, daß man auch angesichts der schweren Herausforderungen der gegenwärtigen Situation – samt der Bereitschaft, in „legitime Illegalität“ zu gehen – nicht auf Autorität verzichten könne und müsse.

Die ganze materielle und ideelle Glaubenswetlt der Tradition, von der Architektur der Kathedralen über Choral und Polyphonie bis zu den Kirchenvätern aus alter und neuer Zeit, bilde eine „Wolke des Zeugnisses“ der wahren Autorität. „Jeder Papst kann seine höchste Autorität nur in dem Maß ausüben, solange er sich nicht in Gegensatz zu diesen ebenso beredsamen wie schweigsamen Zeugen der Tradition setzt. Nach 2000 Jahren der Kirchengeschichte kann man sagen: Die Autorität gibt es auch ohne Papst – und vielleicht ist es diese uneingestandene Befürchtung, die den gegenwärtigen Regenten so erbost.“

summorum-pontificum.de/…/glaubenskrise/2119-hatte-lefebvre-doch-recht.html
DrMartinBachmaier
Alles, was die Petrusbruderschaft erkennen muss, ist, dass Kardinal Bergoglio nicht Papst ist.
SvataHora
@Mission 2020 Genau das wollte der Erzbischof nicht!: Nichts, was irgendwie nach Personenkult aussehen könnte. Wenn in einem Piuspriorat oder -seminar ein Bild des Gründers hängt, ist das okay. Aber noch in keiner FSSPX-Kirche/Kapelle sah ich ein Lefebvrebild. Und es gehört bestimmt auch nicht groß in die Wohnung frommer Katholiken. Ein "großes Bild" nimmt auch einen zentralen Platz ein - und der …Mehr
@Mission 2020 Genau das wollte der Erzbischof nicht!: Nichts, was irgendwie nach Personenkult aussehen könnte. Wenn in einem Piuspriorat oder -seminar ein Bild des Gründers hängt, ist das okay. Aber noch in keiner FSSPX-Kirche/Kapelle sah ich ein Lefebvrebild. Und es gehört bestimmt auch nicht groß in die Wohnung frommer Katholiken. Ein "großes Bild" nimmt auch einen zentralen Platz ein - und der sollte Jesus, Maria und/oder kanonisierten Heiligen vorbehalten sein. Das wäre ganz im Sinne des hochwürdigsten Erzbischofs!
SvataHora
Die dürfen Sie auch gerne hegen. Will Ihnen niemand nehmen.
Hector de Linares
Nur zur Ergänzung: Mosebach ist kein promovierter Jurist.
Klaus Elmar Müller
Hat aber Erstes und Zweites Juristisches Staatsexamen.
Hector de Linares
Damit ist man noch kein Dr. iur.
miracleworker
Das ist nur eine Frage der Formalität - den koscheren Intellekt erkennt man an der Denkweise - nicht am offiziellen Titel! Wie umgekehrt der Titel sehr sehr häufig nicht eine koschere Denkweise graduiert . . .
Bethlehem 2014
"Mit tiefem Bedauern konstatiert er den groben Ton und den Zynismus des Papstes, ausgerechnet ein unverkennbar auf die Zerstörung der Tradition zielendes Dokument mit Traditionis Custodes zu überschreiben."
Traditiones Custodes = "pro familia"...
Sir Percy teilt das
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Edith Pfeiffer teilt das
9127
Klaus Elmar Müller
Völlig neu, dass sich Dr. Martin Mosebach zur Piusbruderschaft bekennt! Es freut mich! Aber die Entscheidung der Petruspriester damals war eine durchaus respektable Gewissensentscheidung. Dass Erzbischof Lefebvre weiter gesehen und durch die Entwicklung schon lange Recht bekommen hat, wurde damals von Martin Mosebach keinesfalls vorausgesagt. Ich will hier gerne zugeben, damals kein Befürworter …Mehr
Völlig neu, dass sich Dr. Martin Mosebach zur Piusbruderschaft bekennt! Es freut mich! Aber die Entscheidung der Petruspriester damals war eine durchaus respektable Gewissensentscheidung. Dass Erzbischof Lefebvre weiter gesehen und durch die Entwicklung schon lange Recht bekommen hat, wurde damals von Martin Mosebach keinesfalls vorausgesagt. Ich will hier gerne zugeben, damals kein Befürworter der Bischofsweihen gewesen zu sein.
Copertino
Ich werde den Tag der Bischofsweihen durch S.E. Lefèbvre nie vergessen. Mein Vater fuhr an jenem Tag im Jahre 1988 nach Ecône zu den Weihen, während ich zu Hause wie gelähmt zurückblieb und ich mitten durch mich hindurch einen tiefen Riss gehen fühlte. Ich wusste intuitiv, dass sich dieser Spalt erst wieder schliessen würde, wenn zwei Dinge zusammenkommen würden: Die Überwindung der Kirchenkrise …Mehr
Ich werde den Tag der Bischofsweihen durch S.E. Lefèbvre nie vergessen. Mein Vater fuhr an jenem Tag im Jahre 1988 nach Ecône zu den Weihen, während ich zu Hause wie gelähmt zurückblieb und ich mitten durch mich hindurch einen tiefen Riss gehen fühlte. Ich wusste intuitiv, dass sich dieser Spalt erst wieder schliessen würde, wenn zwei Dinge zusammenkommen würden: Die Überwindung der Kirchenkrise als Glaubenskrise, und die Versöhnung von Rom und Ecône, und dass diese zwei Dinge zusammengehören wie die zwei Seiten einer Medaille. In diesem Sinn hatte sich schon H.H. Prof. Albert Drexel 1977 vor seinem Tod mit seinem Herzensanliegen geäussert, ein Satz, der in seiner Handschrift auf der Todesanzeige erschien: "Mein grösster Schmerz in der Sterbestunde ist der Abbruch des Glaubens in der römisch-katholischen Kirche. Mein letzter Wunsch die Versöhnung zwischen Rom und Erzbischof Lefèbvre."
Copertino
@Josef aus Ebersberg @Klaus Elmar Müller Mosebach wurde zwar vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Büchner-Preis. Ein Ehrendoktorat befindet sich meines Wissens nicht darunter.
taennle
@Copertino Wie sollte eine „Versöhnung“ zwischen Häresie (Rom) und Wahrheit aussehen?
Klaus Elmar Müller
Zitat aus obigem Text von @Copertino : "In einiger Ausführlichkeit geht der promovierte Jurist Mosebach auf rechtlichen Aspekten der Vorgaben von Traditionis Custodes ein" (Hervorhebung von mir). Wikipedia: Mosebach habe an der Universität Bonn das Zweite Juristische Staatsexamen abgelegt. @Josef aus Ebersberg
Klaus Elmar Müller
Der CIC von 1984 (Gesetzesbuch der Kirche) legt fest, dass eine unerlaubte Bischofsweihe nicht zur Exkommunikation führt, wenn der Spender sich in einem putativen Notstand befand (glaubte, in einer die Weihe notwendig machenden Notlage zu sein). Das ist logisch, denn Exkommunikation setzt eine Sünde voraus, die ihrerseits das Bewusstsein von der Sündhaftigkeit verlangt. Folglich war Erzbischof …Mehr
Der CIC von 1984 (Gesetzesbuch der Kirche) legt fest, dass eine unerlaubte Bischofsweihe nicht zur Exkommunikation führt, wenn der Spender sich in einem putativen Notstand befand (glaubte, in einer die Weihe notwendig machenden Notlage zu sein). Das ist logisch, denn Exkommunikation setzt eine Sünde voraus, die ihrerseits das Bewusstsein von der Sündhaftigkeit verlangt. Folglich war Erzbischof Lefebvre nie exkommuniziert. Eine Versöhnung mit der wahren, ewigen, katholischen Kirche ist unnötig, weil keine Trennung besteht. Höchstens, dass Rom unter einem späteren Papst das zur Klarheit für alle ausdrücklich formuliert. Immerhin hat Benedikt XVI. die Scheinexkommunikation aufgehoben. Ich denke, sehr geschätzter @Copertino , Ihre Trauer (die ich damals mit Ihnen empfand) können auch Sie jetzt (wie ich schon länger) aufgeben. @taennle
Copertino
@taennle Indem Rom sich von der Häresie zur Wahrheit bekehrt. Nicht anders verstand es HH Prof. Drexel.
Klaus Elmar Müller
Zwischen der Piusbruderschaft und der katholischen Kirche besteht keine Trennung, wohl aber gibt es juristische Differenzen zwischen der Piusbruderschaft und römischen Behörden. @Copertino @taennle Meine Begründung s.o.: "Der CIC von...".
Copertino
@Klaus Elmar Müller Vergelt's Gott! Die damalige Trauer und Zerrissenheit hat längst einer tiefen Dankbarkeit Platz gemacht.
Advocata teilt das
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