Guntherus de Thuringia
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[RKT #7] Die Liturgie – eine Glaubensfrage

Von P. Stephan Maeßen

DAS PROBLEM

[...] Als im Jahre 1988 im Laufe der Verhandlungen zwischen Kardinal Ratzinger und der Priesterbruderschaft St. Pius X. auch das Thema der Neuen Messe anstand, da meinte Kardinal Ratzinger im Hinblick auf die von uns [der FSSPX] besetzte Kirche St. Nicolas-du-Chardonnet in Paris, daß wir wohl nicht umhinkämen, wenigstens einmal im Monat die Zelebration des Novus Ordo Missae in dieser Kirche zu gestatten, worauf einer unserer Priester ihm entgegnete: "Eminenz, die Frage der Neuen Messe ist für uns eine Glaubensfrage!" Und diese Antwort, glaube ich, geht der Sache tatsächlich auf den Grund. Denn wir hätten niemals das Recht zur Ablehnung des neuen Messritus aus Gründen der Nostalgie, der Gewohnheit oder auch nur deshalb, weil die sogenannte 'alte' Messe besser sei als die 'neue'. Allein die Tatsache, daß die neue Liturgie unseren Glauben, ja den Glauben der gesamten Kirche in Gefahr bringt, gäbe uns das Recht und die Pflicht, die Zelebration der neuen Liturgie abzulehnen. Ob dies nun tatsächlich der Fall sei, dies zu zeigen, soll der Zweck dieser kleinen Abhandlungen sein. Wieviel Leid und wieviel Gewissensnot die Liturgiereform in den Herzen der Priester und Gläubigen hervorgerufen hat, die sich die quälende Frage stellten, ob die Neue Messe noch katholisch sei, das weiß Gott allein. Es sollen weniger unsere eigenen Überlegungen als die Stimme der Päpste und Konzilien Licht in dieses Problem bringen, die schon im Voraus den Geist dieser Neuerungen, die gar nicht so neu sind, durchschaut und beurteilt haben.

EINE GLAUBENSFRAGE

Papst Pius XII. schrieb im Jahre 1947 seine große Enzyklika über die katholische Liturgie Mediator Dei. Er verurteilte darin damals schon manche Ansichten und Praktiken als 'Irrwege', so z.B. den zum Volk gewandten Altar, die Messe in der Landessprache usw. Vor allem aber gibt er hier die unumstößlichen Grundsätze und Prinzipien an, nach denen sich die Liturgie richten muß, um wahrhaft katholisch zu sein. Der oberste Grundsatz ist einfach der des katholischen Glaubens.

"Die Liturgie" – so schreibt er – "ist deshalb in Einklang zu halten mit den katholischen Glaubensvorschriften ..., um die Unversehrtheit der von Gott geoffenbarten Religion zu schützen."

Ein folgenschwerer Satz! Die Liturgie muß also mit dem katholischen Glauben übereinstimmen, muß ihn zum Ausdruck bringen, ansonsten steht die "Unversehrtheit der von Gott geoffenbarten Religion" auf dem Spiel, ist die Existenz der von Christus gegründeten Kirche bedroht. Das ist die Dimension, in der man sich befindet, wenn man tiefgreifende Änderungen in der Liturgie vornimmt: der Bestand der katholischen Religion steht auf dem Spiel, wenn die Riten der Kirche den Glauben nicht unversehrt zum Ausdruck bringen. Aber warum? Und Pius XII. gibt zur Antwort: "Daher der bekannte Ausspruch: 'lex orandi, lex credendi; das Gesetz des Betens ist auch das Gesetz des Glaubens'. (Oder: so, wie man betet, so glaubt man auch ...) Der Kult, der von der Kirche Gott dem Herrn erwiesen wird, ist, wie Augustinus kurz und treffend sagt, ein fortgesetztes Bekenntnis des katholischen Glaubens ..." (Pius XII., Mediator Dei). Die Liturgie der Kirche ist also nicht einfach Gebet, sondern mehr als das: sie ist gebeteter Glaube, gebetetes Dogma. Wenn daher die Priester und die Gläubigen zwanzig Jahre lang auf eine z.B. ökumenische Art und Weise beten, dann glauben sie mit der Zeit auch so. Wenn man jahrelang protestantisch betet, dann glaubt man auch so, langsam, unmerklich, aber sicher, denn: lex orandi, lex credendi, das Gesetz des Betens ist auch das Gesetz des Glaubens. Die Kirche war sich dessen von den ersten Jahrhunderten an klar bewußt, und deshalb wachte sie eifersüchtig und mit strenger Wachsamkeit über den göttlichen Kult, daß er unversehrt den katholischen Glauben zum Ausdruck bringe, damit die Gläubigen nicht auf vergiftete Weiden geführt würden, wo ihr Glaube Schaden erlitte. Es ist also der katholische Glaube, den ich besitze, nicht eine Sache, und der Ritus der Messe eine andere Sache, sondern der Ritus der hl. Messe ist gebeteter Glaube. Wer daher die lex orandi, das Gesetz des Betens, in tiefgreifender Weise ändert, der läuft Gefahr, auch die lex credendi, das Gesetz des Glaubens, zu ändern.

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P. Stephan Maeßen: Die Liturgiereform – Bruch mit der Tradition, Neuauflage der Erstauflage 2002, (c) P. Stephan Maeßen, by Sarto Verlagsbuchhandlung, Bobingen 2018, S. 9-11.

Die Liturgiereform - Bruch mit der Tradition
sudetus schönhoff
P. Maessen kenne ich noch als er bei PB Pius X. War, sein Bruder war früher mal Distriktsoberer in Stuttgart. Leider hat P.Stefan sich dem Konzilskirchenschmusekurs angepasst. Wundert mich, das Sarto das vertreibt....na ja Pecunia non olet !
Guntherus de Thuringia
Der Grund wird einfach der sein, dass das, was P. Maeßen 1993/94 predigte, 2018 noch immer stimmte und von Belang war.
Guntherus de Thuringia
@Carlus, der Dank geht an den Verfasser Pater Stephan Maeßen und den Sarto-Verlag
Carlus teilt das
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Vielen Dank für diesen wertvollen Beitrag über die Liturgie