"BEWAHRE UNS VOR DEM FEUER DER HÖLLE ..." Predigt zum Rosenkranzfest von Kaplan A. Betschart
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Wir feiern heute das Rosenkranzfest und in diesem Monat auch die letzte von sechs Erscheinung Marias 1917 in Fatima. Eine ganz wichtige Botschaft Marias an die drei Kinder war: “Betet täglich den Rosenkranz!” Diese Forderung stellte die Muttergottes in allen sechs Erscheinungen. Neben der Busse ist dies die Grundforderung von Fatima.
Rosenkranz und katholischer Glaube
Warum ist denn der Rosenkranz ein so bedeutendes Gebet? Weshalb empfehlen ihn viele Päpste, ja viele Heilige und selbst der Himmel durch die Muttergottes so eindringlich? Das Beten des Rosenkranzes eignet sich ausgezeichnet dazu, uns die wichtigsten Lehren unseres katholischen Glaubens bewusst zu machen und sie durch die Wiederholungen fest in uns zu verankern.
Im freudenreichen Rosenkranz betrachten wir das wundersame Geheimnis der Menschwerdung Gottes durch Maria, die allzeit reine Jungfrau. Es ist der Beginn unserer Erlösung. Wir sehen auch, wie Maria, die Muttergottes, ihrem göttlichen Kinde mit heiliger Freude dient.
Im schmerzhaften Rosenkranz betrachten wir die furchtbaren Qualen des leidenden Erlösers und Heilandes, Sein Martyrium und Sein Sterben als Preis für unsere Erlösung.
Im glorreichen Rosenkranz sehen wir den Triumph des Herrn über den Tod durch Seine Auferstehung von den Toten, dann Seine Himmelfahrt und die Herabkunft des Heiligen Geistes, des Trösters; schliesslich die strahlende Herrlichkeit Marias, die über die Sterne emporgehoben ist. In ihrer Verherrlichung spiegelt sich zugleich die Verherrlichung der Engel und Heiligen, die aufs engste mit der Verherrlichung Marias zusammenhängt. Ist doch die Muttergottes die “Königin der Engel” und die “Königin aller Heiligen”. Und ebenso ist die Verherrlichung Marias die Verheissung unserer eigenen, zukünftigen Herrlichkeit.
Dass uns der Rosenkranz zum wahren Glauben führt, ist für ihn die beste Empfehlung. Denn durch den Glauben gehen wir sicher und gerade auf Gott zu. Durch den Glauben lernen wir Seine unendliche Majestät, Seine Allmacht und Seine Vorsehung kennen. Glaubend beugen wir uns davor in tiefster Ehrfurcht. Im Hebräerbrief heisst es:
“Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen; denn wer Gott naht, muss glauben, dass Er ist, und denen, welche Ihn suchen, ein Vergelter ist” (11,6).
Das heisst, dass Er die Sünde bestraft und die guten Werke belohnt. Im Rosenkranz bekennen wir gläubig, dass Christus Mensch geworden ist mit dem Ziel, uns zum himmlischen Vater zu führen. Er ist uns so sehr Weg, Wahrheit und Leben, dass ohne Ihn niemand zum Vater kommt (vgl. Joh 14,6). Dies gläubig anzunehmen, ist von entscheidender Bedeutung für unsere Ewigkeit. Sagt doch Christus Selbst:
“Dies ist das ewige Leben, dass sie Dich erkennen, den allein wahren Gott, und den Du gesandt hast, Jesus Christus” (Joh 17,3).
Ein solcher Glaube ist ein unsagbar grosses Geschenk, das grösste Geschenk, das Gott einem Menschen in diesem Leben machen kann. Denn er hebt uns über alles Irdische empor und macht uns teilhaft der göttlichen Natur. Wer nach diesem Glauben sein Leben ausrichtet, wird mit Sicherheit zur beseligenden Anschauung Gottes im Himmel gelangen. Der täglich gebetete marianische Rosenkranz ist die beste Hilfe dafür! Papst Leo XIII. schreibt in seiner Rosenkranzenzyklika MAGNAE DEI MATRIS:
“Es ist deshalb wohl die Behauptung nicht übertrieben, dass man an den Orten, bei den Völkern und Familien, bei denen der Rosenkranz wie früher in Ehren steht und fleissig gebetet wird, keinen Verlust des Glaubens durch Unwissenheit und schlimme Irrtümer befürchten muss.”
Rosenkranz und christliches Leben
Der Rosenkranz will uns aber nicht nur die wichtigsten Glaubenswahrheiten vor Augen führen, sondern uns anleiten, unser Leben nach diesen Wahrheiten auszurichten. Wir alle wissen ja sehr gut, dass das verstandesmässige Betrachten der Glaubenswahrheiten allein keineswegs genügt, um das ewige Leben zu erlangen. Unser Glaube ist zugleich die verpflichtende sittliche Norm, gemäss der wir denken, reden und handeln müssen. Dass der Glaube keine blosse Verstandesangelegenheit ist und sein darf, sagt sehr deutlich der hl. Apostel Jakobus:
“Der Glaube, wenn er keine Werke hat, ist in sich selbst tot” (2,17).
Der Glaube ist also nur durch die Liebe lebendig und wertvoll, welche die entsprechenden Werke tut. Dieser Wahrheit kann man nie genug Beachtung schenken. Fast schockierend sagt der hl. Augustinus:
“Mit der Liebe ist es der Glaube des Christen; ohne die Liebe ist es der Glaube Satans.”
Dies ist ein sehr aufrüttelndes Wort, das in unser Herz eingebrannt sein sollte. Der Glaube ohne die guten Werke der Nächstenliebe nützt uns vor dem Herrgott nichts.
Wenn in diesem Zusammenhang von den Werken der Nächstenliebe die Rede ist, so müssen sie in einem umfassenden, grundsätzlichen Sinne verstanden werden und nicht im eingeschränkten Sinne von Almosengeben. Zu den Werken der Nächstenliebe gehören dazu die gütige Gesinnung dem Mitmenschen gegenüber, also das wohlwollende Denken, dann das gütige, wohlwollende Reden über ihn, statt des Richtens und Verurteilens, also die Beherrschung der Zunge vor bösen Worten. Die selige Schwester Faustina aus Polen, die Künderin der göttlichen Barmherzigkeit, sah in einer Vision folgendes:
“Ich habe viele Seelen in den Abgründen der Hölle gesehen, weil sie, wie sie mir selbst gesagt haben, das Schweigen nicht beobachtet hatten; es waren gottgeweihte Seelen. Mein Gott, welche Strafe! Ich zittere beim Gedanken, dass ich über meine Zunge Rechenschaft ablegen muss. Man kann mit der Zunge wirklich töten; man kann den Tod eines Menschen verursachen: ist das eine Kleinigkeit? Ich kann wahrhaftig nicht begreifen, dass man sich so wenig daraus macht.”
Der hl. Apostel Jakobus schreibt in seinem Brief:
“Wenn jemand meint, er sei fromm, aber seine Zunge nicht im Zaume hält und sich selbst betrügt: dessen Frömmigkeit ist ohne Wert” (1,26).
Die Gesinnung und die daraus hervorgehenden Worte und Werke der Nächstenliebe machen den Glauben erst lebendig und wertvoll. Wer dies überhaupt nie in Betracht zieht, wird es vor dem Richterstuhle Gottes erleben, dass sein Glaube ein totes, unnützes Gebilde war, weil die Werke der Liebe fehlten!
Der Ernst der Botschaft von Fatima
Dieser sehr ernste Gedanke erinnert uns wieder an die Botschaft der Muttergottes in Fatima, die ebenfalls von grossem Ernste geprägt ist. Dies zeigt u. a. auch sehr deutlich das kleine Gebet, das die Muttergottes die drei Kinder persönlich lehrte, und das heute bereits von sehr vielen Rosenkranzbetern gerne gebetet wird. Die Muttergottes sagte zu den Kindern:
“Wenn ihr den Rosenkranz betet, sagt am Ende jedes Gesetzleins: ‘O mein Jesus, verzeihe uns unsere Sünden, bewahre uns vor dem Feuer der Hölle und führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen!’”
Die Muttergottes spricht hier offen von der Hölle, also von der Möglichkeit, ewig verdammt zu werden, was heute von sehr vielen Verkündigern der Wahrheit zum grössten Schaden der Seelen einfach totgeschwiegen wird. So wird auch in manchen Pfarreine beim öffentlichen Rosenkranzgebet das Fatimagebet nicht mehr gebetet, weil darin die Rede von der Hölle ist..
Der verstorbene Radioprediger Pater Suso Braun sagte einmal in einer Predigt über das kleine Fatima-Gebet: “Wenn von Fatima nichts anderes gekommen wäre als dieses Gebet, so wäre Fatima würdig, ein grosser Wallfahrtsort zu sein.”
Es besteht für jeden einzelnen von uns die furchtbare Möglichkeit, für ewig zu scheitern und in die Hölle zu kommen, eine Ewigkeit lang verworfen zu sein. Es ist für das Seelenheil gefährlich, diese Wahrheit als mittelalterliche, überholte Vorstellung abzutun. Solches Denken ist nichts anderes als ein gefährliches Sich-drücken vor einer furchtbaren Wirklichkeit, etwa im Sinne des “also schloss er messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf”. “Was sind wir doch für eine feige Generation geworden, dass sie dem Gedanken an die Hölle, an die Möglichkeit eines ewigen Scheiterns vor Gott mit billigen Sprüchen auszuweichen versucht” (P. Suso Braun). Es ist eine Tragik unserer Zeit, dass wir den vollen Ernst unserer Existenz nicht mehr ertragen können, dass wir lieber vor diesem harten Entweder-Oder die Augen schliessen, als dass wir uns dieser Wahrheit klar und sauber stellen und unser Leben danach ausrichten. Dieses Gebet von Fatima, bewusst und andächtig gebetet, holt uns diese saubere Haltung wieder zurück!
Bei wem aber Glauben und Leben im Sinne des Rosenkranzes übereinstimmen, der darf mit fester Zuversicht auf das ewige Heil hoffen. Wir wollen nie ablassen, zu Maria, unserer gütigen Mutter, flehentlich die Hände zu erheben und mit der Kirche zu rufen:
“Zu Dir seufzen wir trauernd und weinend in diesem Tale der Tränen. Wende Deine barmherzigen Augen uns zu!”
Quellenhinweis:
▸ Braun S., Radiopredigten II. Bd., Innsbruck-Wien 1948.
▸ Fonseca G. da, Maria spricht zur Welt, Fribourg 198218.
▸ Winowska M., Anrecht auf Barmherzigkeit - Schwester Faustinas Ikone, Freiburg/Schweiz 1972.
BILD: Fatimastatue Kurhaus Marienburg, CH-9225 St. Pelagiberg