Die törichte Bereicherungsideologie, die Kardinal Müller hier vertritt, findet sich ansatzweise schon im Ökumenismusdekret des Konzils und radikalisiert in der Enzyklika
Ut unum sint von Johannes Paul II. Dem Buch von W. Schüler: "Die Elemente-Ekklesiologie - Wie das II. Vatikanum die Identität der Kirche Christi mit der römischen Kirche aufhebt" (
www.elemente-ekklesiologie.de)entnehme ich die folgende Passage dazu:
"Da hinsichtlich der Existenz kirchlicher Elemente der Hochschätzung der anderen christlichen Gemeinschaften aber Grenzen gesetzt sind, weil sie, nach pastoralkonziliarer Diktion, nicht alle kirchlichen Elemente besitzen, bringen das Konzil sowie die Enzyklika
Ut unum sint von Johannes Paul II. den anderen christlichen Denominationen Hochschätzung insbesondere auf dem Feld der Ausgestaltung kirchlicher Elemente entgegen.
Sie äußert sich nicht zuletzt dadurch, dass den anderen Denominationen auf dieser Ebene gewisse Vorzüge gegenüber der katholischen Kirche zuerkannt werden, weshalb von einer gegenseitigen Bereicherung die Rede ist.
Art. 14 von
Unitatis redintegratio gibt darauf bereits einen Hinweis mit den Worten:
„Die Elemente dieser bereits gegebenen Kirche existieren in ihrer ganzen Fülle in der katholischen Kirche und noch nicht in dieser Fülle in den anderen Gemeinschaften, wo gewisse Aspekte des christlichen Geheimnisses bisweilen sogar wirkungsvoller zutage treten.“[1] –
Johannes Paul II. äußert sich an mehreren Stellen von
Ut unum sint geradezu euphorisch über den ökumenischen Dialog. In ihm sollen sich die christlichen Gemeinschaften gegenseitig zu Hilfe kommen, was besagt, dass die katholische Kirche dieser Hilfe durch die anderen christlichen Gemeinschaften bedürftig ist. So heißt es in Art. 16:
„Durch den offenen Dialog helfen sich die Gemeinschaften, sich gemeinsam im Lichte der apostolischen Überlieferung zu betrachten. Das veranlaßt sie sich zu fragen, ob sie wirklich in angemessener Weise all das zum Ausdruck bringen, was der Heilige Geist durch die Apostel weitergegeben hat.“[2]
Mit diesen beiden Sätzen wird der katholische Glaube unter Generalverdacht gestellt. Denn es ist diesen zufolge ja fraglich, ob er „wirklich in angemessener Weise all das zum Ausdruck“ bringt, „was der Heilige Geist durch die Apostel weitergegeben hat“. Welche kirchlichen Elemente, so muss man dann doch fragen, bringt die katholische Kirche in angemessener Weise zum Ausdruck und welche nicht? Mit dieser Passage untergräbt Johannes Paul II. das Vertrauen in die katholische Kirche, insbesondere in ihre Lehre!
In Art. 28 von
Ut unum sint spricht der Papst unter Bezugnahme auf
Lumen gentium und auf sein Buch
Die Schwelle der Hoffnung überschreiten von einem „Austausch von Gaben und Geschenken“, der nach seiner Überzeugung im ökumenischen Dialog stattfindet:
„Der Dialog ist nicht nur ein Gedankenaustausch. Er ist gewissermaßen immer ein ‘Austausch von Gaben und Geschenken.’“[3]
In Art. 38 dieser Enzyklika ist wieder von der gegenseitigen Hilfe die Rede, wenn es heißt:
„Ein Vorteil des Ökumenismus besteht darin, daß durch ihn den christlichen Gemeinschaften geholfen wird, den unerforschlichen Reichtum der Wahrheit zu entdecken.“[4]
Hier wird ebenso wie in der zitierten Passage aus Art. 16 tatsächlich ein Aufeinander-angewiesen-Sein der christlichen Denominationen behauptet, ..."
[1] a.a.O., 14.
[2] Ebd, 16.
[3] Ebd, 24. Hier bezieht sich Johannes Paul II. übrigens zu Unrecht auf Art. 13 von
Lumen gentium, denn dort ist nicht von den anderen christlichen Religionsgemeinschaften die Rede, sondern von sogenannten Teilkirchen innerhalb der katholischen Kirche:
„Kraft dieser Katholizität bringen die einzelnen Teile die ihnen eigenen Gaben den übrigen Teilen und der ganzen Kirche hinzu, … Daher gibt es auch in der kirchlichen Gemeinschaft zu Recht Teilkirchen, die über eigene Überlieferungen verfügen, wobei der Primat des Stuhles Petri unbeschadet bleibt, welcher der gesamten Liebesgemeinschaft vorsteht, die rechtmäßigen Verschiedenheiten schützt und zugleich darüber wacht, dass die Besonderheiten der Einheit nicht nur nicht schaden, sondern ihr vielmehr dienen.“
„Die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils“, Hrsg. P. Hünermann, Freiburg 2004, 96.
Der Austausch von Gaben, der sich demnach zwischen Gemeinschaften innerhalb der katholischen Kirche vollzieht, wird bei Johannes Paul II. unter der Hand zu einem Austausch von Gaben und Geschenken mit den anderen christlichen Denominationen.
[4] Ebd, 30.