Bischof Schneider verteidigt die marianischen Titel „Miterlöserin“ und „Mittlerin aller Gnaden“
Sie konnten sich nicht irren: Die Stimme der Heiligen, Kirchenlehrer und des ordentlichen Lehramtes der Kirche hat Maria als „Miterlöserin“ und „Mittlerin aller Gnaden“ bestätigt.
Im Laufe eines längeren Zeitraums hat das ordentliche Lehramt zusammen mit zahlreichen Heiligen und Kirchenlehrern die marianische Lehre von der Miterlösung und Mittlerschaft Mariens gelehrt und dabei unter anderem die Titel „Miterlöserin“ und „Mittlerin aller Gnaden“ verwendet. Folglich kann nicht behauptet werden, dass das ordentliche Lehramt zusammen mit Heiligen und Kirchenlehrern habe über so viele Jahrhunderte hinweg die Gläubigen durch einen durchweg unangemessenen Gebrauch dieser marianischen Titel in die Irre führen können.
Darüber hinaus haben diese marianische Lehre und der Gebrauch dieser Titel im Laufe der Jahrhunderte auch den sensus fidei – den Glaubenssinn der Gläubigen – zum Ausdruck gebracht.
Indem die Gläubigen also an der traditionellen Lehre des ordentlichen Lehramtes hinsichtlich der Miterlösung und der Mittlerschaft Mariens festhalten und die Rechtmäßigkeit der Titel „Miterlöserin“ und „Mittlerin aller Gnaden“ anerkennen, verlassen sie weder den rechten Weg des Glaubens noch eine gesunde und fundierte Frömmigkeit gegenüber Christus und seiner Mutter.
In der frühen Kirche legte der hl. Irenäus, ein Kirchenlehrer des 2. Jahrhunderts, die wesentlichen Grundlagen für die marianische Lehre von der Miterlösung und der Mittlerschaft, die später von anderen Kirchenlehrern und dem ordentlichen Lehramt der Päpste weiterentwickelt wurde. Er schrieb: „Maria wurde durch ihren Gehorsam zur Ursache des Heils, sowohl für sich selbst als auch für das gesamte Menschengeschlecht.“ (Adv. Haer., III, 22, 4.)
Unter den zahlreichen Aussagen des ordentlichen Lehramtes der Päpste zu den marianischen Lehren der Miterlösung und Mittlerschaft sowie den entsprechenden Titeln „Miterlöserin“ und „Mittlerin aller Gnaden“ ist zunächst die Enzyklika Adjutricem Populi von Papst Leo XIII. zu nennen. Darin bezeichnet er die Gottesmutter als Mitarbeiterin im Werk der Erlösung und als Ausspenderin der daraus hervorgehenden Gnade. Er schreibt: „Sie, die so eng mit dem Geheimnis des menschlichen Heils verbunden war, ist ebenso eng mit der Austeilung der Gnaden verbunden, die für alle Zeit aus der Erlösung fließen werden.“ (5. September 1895)
Der hl. Papst Pius X. gab in seiner Enzyklika Ad Diem Illum eine prägnante theologische Auslegung der Lehre der Miterlösung. Er lehrte, dass Maria aufgrund ihrer göttlichen Mutterschaft in der Liebe das verdient, was Christus allein als Gott uns in strenger Gerechtigkeit verdient – nämlich unsere Erlösung – und dass sie die Ausspenderin aller Gnaden ist. Er schreibt: “Als nun das Lebensende ihres Sohnes herankam, „stand Maria, Seine Mutter, neben dem Kreuz Jesu“; nicht bloß damit beschäftigt, das grausame Schauspiel zu betrachten, sondern sie empfand sogar noch Freude, „dass ihr Eingeborener für das Heil des Menschengeschlechtes zum Opfer dargebracht wurde; allerdings litt sie so sehr mit, dass sie, wenn dies möglich gewesen wäre, alle Marter ihres Sohnes von Herzen gern mitgelitten hätte“. Durch diese Gemeinschaft des Willens und Leidens zwischen Christus und Maria verdiente sie, dass auch sie mit Recht „die Wiederherstellerin der verlorenen Menschheit“ wurde und deshalb auch zur Ausspenderin aller Gnadenschätze, die Christus durch seinen Tod und sein Blut erkaufte. … Weil aber Maria alle an Heiligkeit und inniger Vereinigung mit Christus übertrifft und von ihm selbst zur Vollführung des Erlösungswerkes herangezogen wurde, in der Absicht, dass sie, in der Sprache der Theologen, de congruo (schicklicherweise) für uns verdiene, was er de condigno (von Rechts wegen) verdient hat, so ist und bleibt sie die vornehmste Mitwirkerin bei der Gnadenverteilung. … Der erhabenen Jungfrau wurde es zuteil, mit ihrem göttlichen Sohn die mächtigste Mittlerin und Fürsprecherin der ganzen Welt zu sein. Die Quelle ist also Jesus Christus. Maria aber, wie der heilige Bernhard treffend bemerkt, ist der Kanal (Serm. de temp in Nativ. B. V. De Aquaeductu, n. 4); oder, wenn man so will, das verbindende Glied – wir meinen den Hals –, dessen Funktion darin besteht, den Leib mit dem Haupt zu verbinden und dem Leib die Einflüsse und Willen des Hauptes zu vermitteln. In der Tat, sagt der heilige Bernhardin von Siena, „sie ist der Hals Unseres Hauptes, durch den Er Seinem mystischen Leib alle geistlichen Gaben mitteilt“ (Quadrag. de Evangel. aetern. Serm. 10., a. 3, c. 3)“ (2. Februar 1904).
Ebenso lehrt Papst Benedikt XV.: „Indem sie sich mit dem Leiden und Sterben ihres Sohnes vereinigte, erlitt sie gleichsam den Tod. … Um der göttlichen Gerechtigkeit Genüge zu tun, opferte sie, soweit es in ihrer Macht stand, ihren Sohn – damit man mit Recht sagen kann, dass sie zusammen mit Christus das Menschengeschlecht erlöst hat“ (Apostolisches Schreiben Inter Sodalicia, 22. März 1918.) Dies entspricht dem Titel Miterlöserin.
Papst Pius XI. bekräftigt, dass Maria aufgrund ihrer innigen Verbindung mit dem Erlösungswerk zu Recht den Titel „Miterlöserin“ verdient. Er schreibt: „Notwendigerweise konnte der Erlöser nicht anders, als seine Mutter in sein Werk einzubeziehen. Deshalb rufen wir sie als Miterlöserin an. Sie schenkte uns den Heiland, sie begleitete ihn im Erlösungswerk bis zum Kreuz und teilte mit ihm die Schmerzen der Todesangst und des Todes, in denen Jesus die Erlösung der Menschheit vollendete.“ (Ansprache an die Pilger in Vicenza, Italien, 30. November 1933.)
In seiner Enzyklika Mediator Dei betont Papst Pius XII. die Universalität der Rolle Mariens als Ausspenderin der Gnade und sagt: „Sie schenkt uns ihren Sohn und mit ihm all die Hilfe, die wir brauchen, denn Gott wollte, dass wir alles durch Maria haben“ (Hl. Bernhard).“ (20. November 1947.)
Papst Johannes Paul II. bekräftigte wiederholt die katholische Lehre von Mariens Rolle in der Erlösung und ihrer Mittlerschaft aller Gnaden und verwendete dabei die Titel „Miterlöserin“ und „Mittlerin aller Gnaden“. Um nur einige Beispiele zu nennen: „Maria, obwohl ohne Makel der Sünde empfangen und geboren, nahm auf wunderbare Weise an den Leiden ihres göttlichen Sohnes teil, um Miterlöserin der Menschheit zu sein.“ (Generalaudienz vom 8. September 1982.)
„Tatsächlich endete Mariens Rolle als Miterlöserin nicht mit der Verherrlichung ihres Sohnes.“ Predigt während der Messe im Marienheiligtum in Guayaquil, Ecuador, 31. Januar 1985.
„Wir erinnern uns daran, dass Mariens Mittlerschaft wesentlich durch ihre göttliche Mutterschaft definiert ist. Die Anerkennung ihrer Rolle als Mittlerin ist zudem im Ausdruck ‚unsere Mutter‘ implizit enthalten, der die Lehre von der marianischen Mittlerschaft durch die Hervorhebung ihrer Mutterschaft darlegt. Schließlich erklärt der Titel ‚Mutter in der Gnadenordnung‘, dass die selige Jungfrau mit Christus bei der geistlichen Wiedergeburt der Menschheit zusammenwirkt.“ (Generalaudienz vom 1. Oktober 1997.)
Papst Benedikt XVI. lehrte über die Wahrheit, die der marianische Titel „Mittlerin aller Gnaden“ vermittelt folgendes: „Die Tota Pulchra, die reinste Jungfrau, die den Erlöser der Menschheit in ihrem Schoß empfing und von jedem Makel der Erbsünde bewahrt wurde, möchte das endgültige Siegel unserer Begegnung mit Gott, unserem Erlöser, sein. Es gibt keine Gnadenfrucht in der Heilsgeschichte, die nicht die Mittlerschaft Unserer Lieben Frau als notwendiges Werkzeug hat.“ (Predigt bei der Hl. Messe und der Heiligsprechung von Fr. Antônio de Sant'Ana Galvão, OFM, 11. Mai 2007.)
Der heilige John Henry Newman, der kürzlich von Papst Leo XIV. zum Kirchenlehrer ernannt wurde, verteidigte den Titel „Miterlöserin“ vor einem anglikanischen Prälaten, der ihn nicht anerkennen wollte. Er erklärte: „Wenn Sie die Väter lesen, wie sie Maria Mutter Gottes, zweite Eva und Mutter aller Lebenden, Mutter des Lebens, Morgenstern, mystischer neuer Himmel, Zepter der Orthodoxie, allunbefleckte Mutter der Heiligkeit und dergleichen nannten, hätten sie Ihren Protest gegen die Bezeichnung Mariens als Miterlöserin als armselige Entschädigung für solche Ausdrücke angesehen.“ (A Letter Addressed to the Rev. E. B. Pusey, D.D., on Occasion of His Eirenicon. Certain Difficulties Felt by Anglicans in Catholic Teaching, Volume 2, Longmans, Green, and Co., New York, 1900, p. 78.)
Der Begriff „Miterlöserin“, der an sich eine einfache Mitwirkung an der Erlösung durch Jesus Christus bezeichnet, hat seit mehreren Jahrhunderten in der theologischen Sprache und in der Lehre des ordentlichen Lehramtes die spezifische Bedeutung einer sekundären und abhängigen Mitwirkung.
Folglich stellt seine Verwendung keine ernsthafte Schwierigkeit dar, vorausgesetzt, dass er von klärenden Ausdrücken begleitet wird, die die Rolle Marias als sekundär und abhängig in dieser Mitwirkung betonen. (Vgl. Dictionnaire de la Théologie catholique, IX, art. Marie, col. 2396.)
Unter Berücksichtigung der Lehre über die Bedeutung und den richtigen Gebrauch der Titel „Miterlöserin“ und „Mittlerin aller Gnaden“, wie sie vom ordentlichen Lehramt konsequent vertreten und von zahlreichen Heiligen und Kirchenlehrern über einen beträchtlichen Zeitraum hinweg bekräftigt wurde, besteht keine ernsthafte Gefahr, diese Titel in angemessener Weise zu verwenden.
Tatsächlich betonen sie die Rolle der Mutter des Erlösers, die aufgrund der Verdienste ihres Sohnes „durch ein enges und unauflösliches Band mit ihm verbunden ist“ (Zweites Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium, 53), und ist somit auch die Mutter aller Erlösten (Zweites Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium, 63).
In bestimmten Versionen des Gebets Sub Tuum Praesidium haben die Gläubigen seit Jahrhunderten voller Vertrauen die Muttergottes angerufen und sie „Domina nostra, Mediatrix nostra, Advocata nostra” genannt.
Und der heilige Ephrem der Syrer, ein Kirchenlehrer des vierten Jahrhunderts, der von der Kirche als „Harfe des Heiligen Geistes” verehrt wird, betete wie folgt:
„Meine Herrin, heiligste Mutter Gottes und voller Gnade. Du bist die Braut Gottes, durch die wir versöhnt worden sind. Nach der Dreifaltigkeit bist du die Herrin aller Dinge, nach dem Tröster Geist bist du eine weitere Trösterin, und nach dem Mittler bist du die Mittlerin der ganzen Welt, die Erlösung des Universums. Nach Gott bist du unsere ganze Hoffnung. Ich grüße dich, o große Mittlerin des Friedens zwischen den Menschen und Gott, Mutter Jesu, unseres Herrn, der die Liebe aller Menschen und Gottes ist, dem Ehre und Lobpreis sei mit dem Vater und dem Heiligen Geist. Amen.“
(Oratio ad Deiparam, cf. S.P.N. Ephraem Syri Opera Omnia quae exstant… opera bet studio Josephi Assemani, Romae 1746, tomus tertius, p. 528ff. )