Michael Hesemann: "Erst 1984, nach dem Attentat auf dem Petersplatz am 13. Mai 1981, dem 74. Jahrestag der ersten Erscheinung von Fatima, das er nur durch ein Wunder überlebt hatte, weihte Papst Johannes Paul II. Russland und die Welt gemeinsam mit allen Bischöfen dem Unbefleckten Herzen Mariens. Zu diesem Zeitpunkt war eines der drei Hirtenkinder von Fatima, Lucia, noch am Leben; sie starb erst …Mehr
Michael Hesemann: "Erst 1984, nach dem Attentat auf dem Petersplatz am 13. Mai 1981, dem 74. Jahrestag der ersten Erscheinung von Fatima, das er nur durch ein Wunder überlebt hatte, weihte Papst Johannes Paul II. Russland und die Welt gemeinsam mit allen Bischöfen dem Unbefleckten Herzen Mariens. Zu diesem Zeitpunkt war eines der drei Hirtenkinder von Fatima, Lucia, noch am Leben; sie starb erst 2005. Sie war zunächst in den Orden der Dorotheenschwestern, dann, 1948, in den Karmel von Coimbra eingetreten und hatte zeitlebens Visionen und Botschaften der Gottesmutter empfangen. Sie glaubte, auf der Grundlage dieser Botschaften, dass der Dritte Weltkrieg, ein verheerender Atomkrieg, im Jahr 1985 ausgebrochen wäre, wenn die Weihe nicht zuvor stattgefunden hätte. Doch stattdessen kam 1985, ein Jahr nach der Weihe, Michail Gorbatschow an die Macht und begann seine Perestroika. 1988 wurden alle Freiheiten der Kirche wiederhergestellt, 1991 brach die kommunistische Sowjetunion zusammen. Was folgte, war das größte Wunder unserer Zeit. Das atheistische, materialistische Sowjetrussland bekehrte sich und wurde wieder orthodox!
Nun, tatsächlich gibt es einige Fatima-Verschwörungstheoretiker. Sie glauben auch, dass Schwester Lucia durch eine Doppelgängerin ersetzt wurde und verweisen als Beweis auf alte Fotos, die sie beim Lächeln zeigen. Tatsächlich sehen ihre Zähne auf Fotos aus den 1930er Jahren anders aus als auf Aufnahmen aus der Zeit nach 1950. Doch das hat den einfachen Grund, dass sie 1947/8 an einer Kieferentzündung litt, weswegen man alle ihre Zähne zog und durch Künstliche ersetzte. Doch ihre Verwandten, die Sr. Lucia ihr ganzes Leben lang im Kloster besuchten, bezeugen, dass sie stets dieselbe war. Die gleichen Verschwörungstheoretiker behaupten auch, dass die Weihe ungültig sei, obwohl Sr. Lucia immer wieder schriftlich wie mündlich und sogar vor laufender Kamera, von ihrem Dolmetscher Carlos Evaristo gefilmt, das Gegenteil erklärte. Ich interviewte letztes Jahr ihre Nichte, die sie regelmäßig besuchte, und sie bestätigte mir, dass Sr. Lucia immer sagte: "Unsere Liebe Frau hat versprochen, dass Russland sich bekehren würde, und schau, was geschehen ist: es hat sich bekehrt!" Tatsächlich ist es die beeindruckendste Bekehrung der Geschichte. In Russland wurden seit 1990 über 29.000 Kirchen neu eröffnet, also im Schnitt drei an jedem Tag des Jahres! Wo auf der Welt hat es so etwas schon einmal gegeben? Die Zahl der Klöster wuchs von 15 auf 788, die Zahl der Gläubigen von unter 50 Millionen in 1990 auf über 113 Millionen heute. 82% aller Russen bezeichnen sich heute als gläubige, orthodoxe Christen. Der russische Staat stellt etatmäßig jedes Jahr über 100 Millionen Euro für den Bau oder die Renovierung von Kirchen, die von den Kommunisten zerstört oder missbraucht worden sind, zur Verfügung. Die 500 theologischen Seminare des Landes – vor 30 Jahren gab es gerade einmal zwei - sind voller junger Männer, die ihrer Berufung folgen. Ich wurde persönlich Zeuge dieser religiösen Wiedergeburt Russlands, als ich im vergangenen Jahr St. Petersburg und Moskau besuchte. Ich hörte orthodoxe Gesänge direkt auf dem Roten Platz. Man hatte die Kathedrale Unserer Lieben Frau von Kazan, die von Stalin zerstört worden war, wieder aufgebaut und seitdem werden alle dort zelebrierten Liturgien und Gebete fünfmal am Tag mit Lautsprechern auf den Platz übertragen. Lenin dreht sich sicher in seinem Mausoleum herum – das ist schon fast ein Exorzismus!"